Der Maskenskandal zieht weiter Kreise. Die Arbeiterkammer ortet systematisches Lohndumping bei Hygiene Austria.

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Das genaue Verhältnis zwischen chinesischen und österreichischen Masken versucht der Maskenhersteller Hygiene Austria derzeit zu eruieren. Während die Inventur laut Angaben des von Lenzing und Palmers ins Leben gerufenen Maskenproduzenten noch läuft, ist das Verhältnis von Mitarbeitern und Zeitarbeitern in Wiener Neudorf bekannt. Obwohl Hygiene Austria selbst nur knapp ein Dutzend Mitarbeiter hat, arbeiten mehr als 200 Arbeitnehmer in der Maskenproduktion. Man griff auf Zeitarbeitsfirmen wie First Staff zurück. Und die griff ihrerseits auf Zeitarbeiter von zumindest einer anderen Firma zurück.

So kam es auch, dass etwa Arbeiter der inzwischen als Scheinfirma enttarnten AD Job Assist GmbH für Hygiene Austria Masken fertigten und verpackten, ohne dass ein vertragliches Verhältnis mit dem Maskenhersteller bestand, wie dieser auch im Rahmen der eigenen Transparenzoffensive betont. Hygiene Austria nimmt auf der eigenen Homepage nicht nur zu den Schummelvorwürfen, wonach chinesische Ware als "made in Austria" verkauft wurde, ausführlich Stellung, sondern auch zu den Zeitarbeitsfirmen, die laut STANDARD-Recherchen involviert waren. Die AD Job Assist sei dem Maskenhersteller gänzlich unbekannt, heißt es dort.

First Staff wehrt sich

Ein Vertragsverhältnis bestand allerdings zwischen First Staff und der AD Job Assist. Dass es sich bei Letztgenannter um eine Scheinfirma handle, habe man nicht gewusst, heißt es seitens First Staff. Der Personaldienstleister sieht sich durch die Berichterstattung geschädigt. Weder First Staff noch AD Job Assist hätten mit Umetikettierung oder Schwarzarbeit zu tun, betont man. Die AD Job Assist wurde erst im Februar als Scheinfirma qualifiziert, zu diesem Zeitpunkt sei das Vertragsverhältnis mit dem Personalüberlasser seit Monaten beendet gewesen. Bei First Staff bedauert man, dass der Vertrag mit Hygiene Austria durch die Maskencausa derzeit gefährdet sei und der Mitarbeiterstand bereits reduziert wurde.

Eine Anfrage, ob auch Steady Global Partners via First Staff Arbeiter ins Maskenwerk entsandte, blieb unbeantwortet. Steady Global Partners fungiert laut Wirtschaftskammer erst seit November als Personalüberlasser und wurde zeitgleich wie AD Job Assist als Scheinfirma enttarnt. Aus Dokumenten geht außerdem hervor, dass die AD Job Assist Geld von Steady Global bekam. Laut einem Informanten ersetzte Steady Global Partners ab einem gewissen Zeitpunkt die AD Job Assist. Laut First Staff endete der Vertrag mit Letzterer vor rund sechs Monaten.

Arbeiterkammer sieht Gesetzeslücken

Bei der Arbeiterkammer sieht man beim Maskenhersteller eine Praxis, die "aus gewissen Bereichen der Bauwirtschaft" bekannt sei. An die 70 Arbeitnehmer hätten sich gemeldet, die zu wenig oder gar keinen Lohn bekamen. Man versuche mithilfe von deren Angaben, ein kaum zu durchblickendes Netzwerk zu entwirren, das aus Auftraggebern, Zeitarbeitsfirmen und Subarbeitskräfteüberlassern bestehe, skizziert AK-Arbeitsrechtsexpertin Andrea Ebner-Pfeifer das Problem.

AK-Direktor Christoph Klein, sieht Lücken, die der Gesetzgeber schließen sollte:

  • Kumulationsprinzip Um Arbeitnehmer vor Ausbeutung und Unternehmen vor Dumpingkonkurrenz zu schützen, sollte das vom EuGH als überschießend gekippte Kumulationsprinzip wieder gelten, diesfalls mit einer Milderungsklausel für minder schwere Fälle. Dann wären Strafen möglich, die mit der Zahl der betroffenen Beschäftigten steigen.
  • Generalunternehmerhaftung auch für Löhne, nicht nur für Sozialversicherungsbeiträge, als "Kettenhaftung, die an der Spitze ansetzt".
  • Leiharbeit oder Werkvertrag Unterbunden gehöre die Umgehung des Zeitarbeitskollektivvertrags mittels Werkverträgen. Dabei kauft der Auftraggeber ein "Werk", etwa das Zerteilen von Rinderhälften für einen Fleischbetrieb, statt die von Arbeitern erbrachte Dienstleistung. "Zustände wie in deutschen Fleischverarbeitern dürfen nicht Einzug halten bei uns", warnt Klein. (Jan Michael Marchart, Aloysius Widmann, Luise Ungerboeck, 24.3.2021)