Gute Führung ist eine der Grundbedingungen, damit die Chancen des Homeoffice auch genutzt werden können. In der Covid-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig gute Führung und eine Präsenz der Führungskraft gerade auch in der räumlichen Distanz sind. Organisationen, in denen die Führung spürbar für Mitarbeiter da und ansprechbar ist, sind resilienter und vermutlich auf Dauer produktiver.

Wir haben auf Basis von Forschungsergebnissen sowie von Gesprächen mit Mitarbeitern und Führungskräften eine Reihe an Empfehlungen zusammengestellt. Diese beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte des Führens. Wer andere führen will, muss bei sich selbst beginnen. Es geht zunächst also um Selbstführung. Besondere Bedeutung haben das Führen von Personen und von Teams, aber auch auf die Gestaltung der Organisation kann die Etablierung von Homeoffice Einfluss haben. Im Folgenden ein paar ausgewählte Empfehlungen:

1. Selbstführung

Viele Menschen berichten, dass sich im Homeoffice leichter ungesunde Gewohnheiten einschleichen, was trotz der größeren Freiheit und der eingesparten Wegzeiten rasch zu verstärktem Stress führt. Unterschiedliche Lebensbereiche fließen ineinander, die Arbeit ist entgrenzt, und am Ende bleibt noch weniger Freizeit übrig als bei Arbeit im Büro.

Die Führungskraft kann hier Vorbild sein in Bezug auf Selbstführung. Zeigen Sie den Mitarbeitern, wie der Alltag im Homeoffice gut, gesund und organisiert gestaltet werden kann. Generell gilt dabei die Devise: Disziplin, Reflexion und Routinen.

2. Kontakt halten und gestalten

Im Homeoffice braucht es kürzeren, dafür aber eher häufigeren Kontakt. Wichtig sind regelmäßige persönliche Rückmeldungen und Reaktionen. Routinen können dabei helfen. Für manche ist das etwa ein gemeinsamer Start in den Tag mit einem kurzen Tele-Meeting, zur Einstimmung, als Check-up und zur Formulierung von Zielen. Achtsamkeit braucht es besonders, um die zurückgezogenen, introvertierten Personen aus dem Team nicht zu verlieren. Auch das Informelle kann von der Führungskraft ein Stück weit mitgestaltet werden, sodass alle ausreichend einbezogen werden.

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Im Homeoffice braucht es kürzeren, dafür aber eher häufigeren Kontakt, sagt Ruth Simsa, Professorin für Soziologie an der Wirtschaftsuni Wien.
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3. Klarheit

Regeln müssen bei Homeoffice-Arbeit expliziter und klarer vereinbart werden, etwa in Bezug auf Zuständigkeiten, Informationsweitergabe, den Umgang mit Zeit. Im gemeinsamen Arbeitsalltag entsteht hier vieles nebenbei und wird oft gar nicht bewusst wahrgenommen. In der Distanz muss das deutlicher ausgesprochen werden. Erfolgreiche Führungskräfte reflektieren mit dem Team die wechselseitigen Erwartungen in Bezug auf Unterstützung und Beachtung von Personen sowie in Bezug auf Zielerreichung und Arbeitspensum. Ebenfalls muss thematisiert werden, welche und wie viel Kontrolle angemessen ist. Werden technische Tools dafür eingesetzt, wenn ja, mit welchen Kriterien, und wie können Ergebnisse zugeschrieben und bewertet werden?

4. Professionalität

Virtuelle Meetings sind deutlich anstrengender – das haben wir alle im letzten Jahr erfahren. Zoom-Fatigue kann zumindest eingeschränkt werden durch gute Moderation und Meeting-Hygiene, also Pünktlichkeit, eine klare Tagesordnung, kurze und fokussierte Wortmeldungen. Dazu muss in der Regel aktiver und direktiver moderiert werden. Besprechungen sollten deutlich kürzer gestaltet werden als bei Arbeit im gemeinsamen Büro.

Kein virtuelles Meeting darf länger als 90 Minuten dauern, ideal ist maximal eine Stunde. Es empfiehlt sich, mit unterschiedlichen Möglichkeiten der Aktivierung der Teilnehmenden zu experimentieren, etwa Mini-Status-quo-Resonanz zu Beginn, kurze elektronische Abfragen und Stimmungsbilder, Gruppeneinheiten zwischendurch. Auch Digital Energizer, kleine Auflockerungen zur Förderung der Konzentration, sind durchaus auch in ernsten Meetings beliebt und hilfreich.

5. Sicherheit vermitteln

Es ist die hohe Kunst der Führung, eine Kultur zu schaffen, in der Unsicherheit, Fehler oder Zweifel nicht bestraft werden, sodass offen kommuniziert werden kann. Dazu gehört auch, Arbeit als Lernproblem und nicht als ein reines Ausführungsproblem zu verstehen.

Es gibt nicht die eine beste Art zu führen. Führung ist dann erfolgreich, wenn sie zu den Personen und zur Situation passt. Führung aus der Distanz kann auch für erfahrene Führungskräfte ein Anlass sein, den eigenen Führungsstil wieder einmal bewusst zu reflektieren. (Ruth Simsa, 13.5.2021)