Die Preise in der Gastronomie sind nach den Lockdowns vielerorts deutlich gestiegen.

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PRO: Es darf ein bisserl mehr sein

Der Kaffee in der Innenstadt ist mancherorts um fünf Euro wohlfeil. Das Mahl für zwei schlägt im Mittelklasserestaurant schnell mit 60 Euro zu Buche. Kein Zweifel: Die Preise in der Gastronomie sind nach den Lockdowns vielerorts deutlich gestiegen. Und das trotz der üppigen Hilfen, die der Staat den Betrieben angedeihen ließ. Das Bauchgefühl trügt nicht, wie die Daten der Statistiker zeigen. Hierzulande wurde mehr draufgeschlagen als in vielen anderen Ländern.

Man muss die Kirche aber im Dorf lassen. Auch wenn Österreich bei Gastronomiedienstleistungen eines der teureren Länder ist, muss uns jetzt der Bissen nicht im Hals stecken bleiben. Durchsetzen lassen sich die Preise nur, weil die Gäste trotzdem kommen. Stimmt schon: Der Euro sitzt Konsumenten und Konsumentinnen derzeit wohl besonders locker. Und der eine oder andere Gastronom serviert reichlich gepfefferte Aufschläge, wie das Studium der Speisekarten zeigt.

Ein gutes Zeichen

Alles in allem ist der Anstieg des Preisniveaus aber sogar ein gutes Zeichen. Die Unternehmen sind selbstbewusst und nach der Corona-Durststrecke offenbar am Gesunden. Zudem stehen die Chancen nicht schlecht, dass auch die Beschäftigten profitieren. Kein Grund also zur Aufregung. Schließlich kann sich der Gast ein Lokal suchen, wo ihm neben dem Schnitzerl auch die Preise schmecken. Bleibt der Wirt in der guten Stube allein, wird er sich seine Kalkulation überlegen. (Regina Bruckner)

KONTRA: Schuss ins eigene Knie

Es geht nicht um den Lebensstil in der Edelgastronomie, wo Connaisseuren gar nicht mehr einfällt, welchen Genuss sie sich möglichst hoch bepreist noch verschaffen könnten. Es geht auch nicht um das panierte Stückerl vom Hendlmann um 2 Euro 90 Cent. Sondern um das große Stück Wirklichkeit in der Gastronomie dazwischen. Und was sich da zuletzt getan hat, ist schlicht ein Hohn.

Da kostet im Gasthaus abseits aller Hotspots die Melange (wässrig, fast schaumlos und ohne Keks und Wasser) über vier Euro. Eine mittelgroße Ofenkartoffel mit ein bisserl Rahm und zwei, drei Kräutern drauf in der Take-away-Bude nächst dem Wiener Prater fast zehn Euro, das Seidl Bier fast fünf. Das Chinarestaurant im Flächenbezirk der Hauptstadt hat zehn Deka Sojasprossen gedünstet um zwölf Euro auf der Karte, Reis ist extra zu bezahlen, Sauce ebenso. Wasser für den Hund wird beim Spanier mit einem Euro verrechnet.

Freundlichkeitszuschlag?

Das lässt sich nicht mit höheren Einkaufspreisen argumentieren. Mit Freundlichkeitszuschlag im Service auch nicht. Dass Angestellte daraus höhere Löhne erhalten – ach, wirklich! Die Rechnung ist eine andere: Im Lieferservice erhalten Junge zehn Euro die Stunde für ihre Arbeit. Ein Erdapfel ist gleich eine Stunde Arbeit. Unter 100 Euro für einmal extern essen kann eine Familie kaum ein Gasthaus verlassen. Max Mustermann wird nicht lange Kunde bleiben (können). (Karin Bauer, 7.8.2021)