In der "Frankfurter Küche" mit Mak-Direktorin Lilli Hollein

Foto: Katharina Gossow; Location: Mak – Museum für angewandte Kunst

Der Ort

Der Entwurf der Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky aus dem Jahr 1929, der hier im Museum für angewandte Kunst ausgestellt ist, war in seiner Praktikabilität bahnbrechend – eine vollausgestattete Küche auf wenig Raum. Es ist bemerkenswert, dass Einbauküchen bis auf die Arbeitshöhe auch heute noch nach den gleichen Prinzipien gestaltet werden. Trotzdem hat sich viel geändert. Die Küche ist nicht mehr ein rein weiblicher Wirkungsort. In meinem Erwachsenenleben wurde Care-Arbeit immer gleichmäßig verteilt. Das ist auch jetzt so. Meine Tochter und mein Partner kochen beide genauso gerne wie ich. Selbstgekochtes Essen macht mir Freude, egal ob ich es zubereite oder ob es für mich zubereitet wird. Das hat etwas Liebevolles.

Die Erinnerung

Ich erinnere mich gerne daran, mit meiner Großmutter auf dem Naschmarkt Hühner für ihre legendäre Suppe gekauft zu haben. Die hatten damals noch die Krallen dran. Die wurden abgehackt. Mein Bruder und ich haben fasziniert beobachtet, wie sich sie sich schließen, wenn wir an den Sehnen zogen. So einen direkten Zugang zu tierischen Nahrungsmitteln hat man heutzutage gar nicht mehr. Meine Mutter war eine gute Köchin. Sie hatte immer eine Suppe auf dem Herd stehen. Das hat mich geprägt. Suppen bedeuten für mich Glück und Geborgenheit.

Die Gästeliste

Aufgrund des frühen Todes meiner Mutter habe ich die Gastgeberinnenrolle früh übernommen. Ich habe darauf geachtet, dass sich der größere Familienkreis regelmäßig an meinem Tisch versammelt. Auch meiner Tochter macht das Freude. Familienfeste gestalten wir meistens gemeinsam. In dieser Rolle hat man eine Verantwortung, denn liebloses Gastgeben empfinde ich als die rüdeste Geste den Gästen gegenüber. Man muss keine unglaublich komplizierten, mehrgängigen Menüs zaubern. Aber man soll an verschiedenen Details sehen, dass man sich etwas überlegt hat.

Die Atmosphäre

An Wien mag ich, dass die Leute gesellig sind und auch mal gern trinken. Natürlich will ich Alkoholkonsum nicht verherrlichen, aber es zeigt, dass die Stadt nicht nur von Selbstoptimierung getrieben ist. Die Menschen müssen sich ein bisschen gehen lassen. Ich gehe zwar gerne auch schick essen. Mir ist aber die Atmosphäre wichtig, und die finde ich in legeren Lokalen meist angenehmer. (Protokoll: Michael Steingruber, RONDO exklusiv, 10.10.2021)