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Die Unechte Karettschildkröte ist eine von fünf Meeresschildkrötenarten, die im Ozean vor den Selvagens-Inseln heimisch sind. In diesen Gewässern sind auch mehrere bedrohte Walarten zu finden.

Foto: REUTERS/Juan Medina

Portugal hat das größte Meeresschutzgebiet Europas und des Nordatlantiks geschaffen. Rund um die zur Inselgruppe Madeira gehörenden Selvagens-Inseln wird eine Schutzzone um zwölf Seemeilen ausgeweitet. Insgesamt stehen damit künftig 2.677 Quadratkilometer unter Schutz. Die Selvagens-Inseln liegen vor Afrikas Nordwestküste im Atlantik, auf halbem Weg zwischen Madeira und den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln.

Die Gewässer rund um die Selvagens-Inseln sind wichtige Migrationskorridore für Fische und Meeressäugetiere. Die Küstenbereiche sind Aufzugsgebiete für viele Arten. "Wir wissen, dass es wichtig ist, die Migrationskorridore zu schützen, von denen das Meeresleben abhängt. Dieses neu eingerichtete Meeresschutzgebiet wird sicherstellen, dass die beeindruckende Unterwasserbiodiversität des Selvagens-Archipels bewahrt wird und weiterhin gedeiht", erklärt Paul Rose der Naturschutzorganisation National Geographic Pristine Seas.

Unterstützung der Politik

Rose leitete 2015 eine Expedition seiner Organisation zusammen mit der Waitt-Stiftung und Oceano Azul. Während der Forschungsreise wurde mit aufwendigen Mitteln die Biodiversität rund um die Inseln dokumentiert. Seither warben die beteiligten Stiftungen für die Notwendigkeit eines Schutzgebiets. Portugals Regierung unter dem Sozialisten António Costa sowie die konservative Regionalregierung von Madeira konnten schließlich für das Projekt gewonnen werden.

"Madeira ist in Sachen Naturschutzpolitik eine weltweite Referenz", erklärt der Präsident der Regionalregierung von Madeira, Miguel Albuquerque. "Das wird durch diese Maßnahme noch gestärkt." Albuquerque hofft, dass Madeira Schule macht. Das neue Meeresschutzgebiet könne "anderen Entscheidungsträgern als Anregung dienen, ähnliche Maßnahmen zur Erhaltung unserer Ozeane zu ergreifen", fügt er hinzu.

Die Selvagens-Inseln gehören zur Inselgruppe Madeira. Rund um diese Eilande wurde nun ein 2.677 Quadratkilometer großes Meeressschutzgebiet eingerichtet.
Grafik: DER STANDARD

Bedrohte Wale

Die unbewohnten Selvagens-Inseln wurden bereits 1971 zum Naturschutzgebiet erklärt. Sowohl an Land als auch im Meer leben Arten, die es in dieser Form nur hier gibt. Dazu gehören der Bodianus scrofa, der Kugelfisch sowie viele Arten von Seeigeln. Von den acht Meeresschildkrötenarten weltweit kommen fünf in den Gewässern der Selvagens vor, am häufigsten die Unechte Karettschildkröte.

Für viele Fische und Meeressäuger liegen die Selvagens auf ihrer Route zwischen den Kanaren, Madeira und Kap Verde. Insgesamt kommen hier zehn Walarten vor. Darunter die bedrohten Finn-, Pott- und Grindwale sowie der Große Tümmler.

Mit der Schaffung des Meeresschutzgebiets der Selvagens-Inseln hat National Geographic Pristine Seas nach eigenen Angaben weltweit an der Einrichtung von 25 Meeresschutzgebieten teilgenommen, die insgesamt 6,5 Millionen Quadratkilometer umfassen. Dennoch steht es nicht gut um den Meeresschutz.

Derzeit sind weniger als acht Prozent des Ozeans geschützt. National Geographic Pristine Seas und andere Naturschutzorganisationen fordern, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent des Ozeans unter Schutz stehen. Das soll helfen, die Artenvielfalt zu erhalten. Ein lebendiges Meer wiederum mildere auch den Klimawandel.

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Die Ilhas Selvagens bestehen aus drei größeren und 18 kleineren Inseln vulkanischen Ursprungs. Sie sind unbewohnt und stehen seit 1971 unter Naturschutz.
Foto: REUTERS/Marcos Borga

Wirtschaftliche Interessen

Doch so manche Länder stellen wirtschaftliche Interessen über den Meeresschutz. So scheiterte im Oktober die 40. Konferenz der Kommission zur Erhaltung der lebenden Ressourcen der Antarktis (CCAMLR) im australischen Hobart einmal mehr an dem Plan, in der Antarktis das weltgrößte Meeresschutzgebiet einzurichten. Die beiden Großmächte Russland und China stimmten dagegen. Die 25 Mitgliedsstaaten der CCAMLR müssen alle Beschlüsse einstimmig fällen.

Russland und China wollen nicht auf den Fischfang rund um den Südpol verzichten. Dort gibt es in großen Mengen Krill, der gefischt wird und dann als Fischfutter und Köder eingesetzt wird. Allerdings ist dieser Krill auch die Grundlage für eine Artenvielfalt, die jener in den Tropen um nichts nachsteht. (Reiner Wandler aus Madrid, 10.12.2021)