Seit 15 Jahren wird der Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) ausgelobt, dieses Jahr zum siebten Mal. Das kleine Wort "und" im Titel verknüpft die doppelte Preiswürdigkeit scheinbar harmlos, doch wie hängt das zusammen? Architektur mit ein bisschen Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit mit ein bisschen Architektur? Anders gefragt: Wie schön ist Nachhaltigkeit?

72 Einreichungen gab es heuer, davon wurden zehn nominiert und vier von Ministerin Leonore Gewessler mit dem Staatspreis ausgezeichnet. Sie zeigen, dass das Wort "und" über die Jahre an Bedeutung gewonnen hat. "Architektonische Qualität und soziale, ökologische und technische Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bringen ist Knochenarbeit", sagt die Architektin Katharina Bayer, Mitglied der sechsköpfigen Jury.

Ein ernstes Ziel

Es ist kein Zufall, dass acht von zehn Nominierten und alle vier Preisträger Umbauten oder Ersatzneubauten sind. Georg Bechter baute in Hittisau den Stall seines Elternhauses mit Bregenzerwälder Handwerksexpertise zu einer Denkwerkstatt um, mit Eisspeicher in der ehemaligen Jauchegrube als energetischem Plus. Zeininger Architekten konzipierten den Smart Block Geblergasse in Wien als Pilotprojekt für die Energiewende im dichtbebauten Bestand, mit einer Architektur, die im besten Sinne an Siebziger-Jahre-WG-Idyllen erinnert. Berger Parkkinen schufen mit dem neuen Paracelsusbad Salzburg eine vertikal geschichtete Erholungsmaschine mitten in der Stadt, und Pedevilla Architekten erweiterten die Volksschule Frastanz-Hofen zu einem Bildungszentrum, in dem Alt und Neu eine ideale Synthese eingehen (siehe Reportage).

Die Projekte sind allesamt eine klare Antwort: Nachhaltigkeit kann schön sein. "Wir nehmen dieses Ziel ernst", sagte Leonore Gewessler, "und wir suchen nach allen möglichen Hebeln, um es zu erreichen. Der Staatspreis zeigt auf hohem Niveau, was möglich ist, wenn man nur will."


Foto: BMK/Kurt Hoerbst

Bildungszentrum in Frastanz-Hofen: Wohlfühlräume mit Satteldach

Das neue Bildungszentrum in Frastanz-Hofen schaut aus wie eine kleine Stadt. Lauter gleich anmutende Häuser mit Satteldach liegen versetzt zueinander und bilden dazwischenliegende begrünte Höfe. Für einen Ortsfremden sieht das alles wie neu gebaut aus. Der Ortskundige könnte auf den ersten Blick meinen, dass nur das alte Schulhaus neu gestrichen wurde. Tatsächlich stand hier schon immer eine Schule, die nun saniert und erweitert wurde. Es ist genau dieses Spiel aus Bekanntem und Unbekanntem, das den Schulbau so interessant macht. Am ungewöhnlichsten ist die Farbgebung: Von der Fassade über die Markisen bis hin zum Vorplatz ist alles in einen erdigen rot-braunen Farbton getaucht.

"Die Farbe polarisiert", sagt Robert Hartmann, Bauamtsleiter der Marktgemeinde Frastanz. "Wir haben uns das getraut, weil wir finden, dass ein öffentliches Gebäude ruhig auffallen darf."

Die Gemeinde wollte den Schulbau aus den 1950er-Jahren erhalten. Die Bausubstanz war gut, auch die Grundrisse mit den breiten Fluren und hohen Räume eigneten sich hervorragend für das neue Konzept, das die Pädagogen der Schule erarbeitet hatten. Doch die Ergebnisse des Architekturwettbewerbs waren ernüchternd. Die Jury bat vier der teilnehmenden Architektenteams um eine Überarbeitung, zwei von ihnen durften danach noch ein drittes Mal antreten. Pedevilla Architekten bekamen den Auftrag, ihr Entwurf ging am meisten auf den Bestand ein.

Rückblickend sagt Armin Pedevilla, der das Südtiroler Büro gemeinsam mit seinem Bruder Alexander führt: "Der mehrmalig geäußerte Wunsch des Bürgermeisters, das bestehende Schulhaus mit seinem Satteldach zu erhalten, lässt das Gebäude zu dem werden, was es heute ist. Anders gesagt: Das Umgesetzte spiegelt den Geist der beteiligten Menschen wider." Auch Pedevilla Architekten hatten am Anfang ein Haus mit Flachdach entworfen und erst im Zuge der Überarbeitung das Satteldach als Gestaltungselement für sich entdeckt. Warum diese Dachform eine so große Bedeutung hat, erkennt man vor Ort. Die Schule passt sich in Form und Höhe gut in die dörfliche Struktur ein. Die Dachform dient mit der Farbgebung als Wiederkennungsmerkmal.

Emotional nachhaltig

Vierhundert Volksschüler, achtzig Kindergarten- und vierzig Kleinkinder gehen hier täglich ein und aus. "Wir sind nach wie vor von der neuen Schule begeistert", sagt der Bauamtsleiter. "Jedes Mal, wenn ich dort bin, sehe ich, wie glücklich die Lehrer und Eltern sind." Wenn man das Gebäude betritt, meint man, in eine eigene Welt einzutauchen. Die Räume strahlen ein tiefes Wohlbehagen aus.

Foto: BMK/Kurt Hoerbst

Wie kann das sein? Die Wände sind mit einem rot-braunen Kalkputz überzogen, der Fußboden ist aus sägerauer Weißtanne, Türrahmen und Mobiliar aus hellem Holz und die Akustikdecke aus einfachen Holzfaserplatten. Große Fenster holen viel Licht ins Innere. Die Räume im Obergeschoss erstrecken sich bis unter die spitz zulaufenden Dachfirste. Man bekommt Lust, über die Oberflächen zu streichen. Es ist eine Schule der Raumwahrnehmung und Sinnesschärfung, und das ganz ohne Zwang.

"Wir konzipieren jedes Projekt mit dem Anspruch, dass dem fertigen Gebäude eine Kraft innewohnt, die uns das Gefühl gibt, es erhalten zu wollen, weil wir es wertschätzen und es uns emotional berührt. Das ist für uns Nachhaltigkeit", sagt Armin Pedevilla. Einen wesentlichen Anteil an dieser Wohnzimmeratmosphäre hat auch die Schulmöblierung. Anstelle einer Standardmöblierung, wie man sie von vielen Schulen kennt, entwickelten die Architekten gemeinsam mit einem Vorarlberger Tischler Möbel aus Ahornholz. Tische und Stühle gibt es in drei Größen, sie sind robust und leicht, sodass auch die Kinder sie anheben und verschieben können.

Der Gemeinde und den Architekten ist es gemeinsam gelungen, den Bestand weiterzuentwickeln und dabei seine Identität zu bewahren. Alle, die hier früher in die Schule gegangen sind, können den alten Schulbau im neuen wiederkennen. Genau darum geht es beim Weiterbauen. (Maik Novotny, Anne Isopp, 12.12.2021)