Dass fremde Planetensysteme völlig anders aussehen können, als wir es von unserem eigenen Sonnensystem her gewohnt sind, zeigte sich schon bei den ersten beobachteten Exoplaneten vor 30 Jahren. Nun haben Astronomen ein besonders exotisches Exemplar erspäht, das man in dieser Form eigentlich nicht für möglich gehalten hatte: Die Forscher beobachteten mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile einen riesigen Gasplaneten, der gleich in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich ist.

Das Doppelsternsystem b Centauri, das diesen Giganten beherbergt, liegt etwa 325 Lichtjahre von der Erde entfernt und entpuppte sich bei näherer Untersuchung als heißestes und massereichstes Sternsystem mit Planeten, das bisher gefunden wurde. Das internationale Team entdeckte den Planeten in einer Umlaufbahn um das Sternpaar, die 100-mal so groß ist wie die Distanz zwischen Jupiter und der Sonne. Einige Wissenschafter hatten bisher ausgeschlossen, dass es selbst in solch großen Abständen zu massereichen und heißen Sternen Planeten geben könnte.

Die Aufnahme stammt vom SPHERE-Instrument am VLT: Der Doppelstern, das helle Objekt im linken Bildbereich (die Ringe sind optische Artefakte), wird von einem Exoplaneten, rechts unten, mit zehnfacher Jupitermasse umkreist. Der kleinere Punkt rechts oben ist ein Hintergrundstern.
Foto: ESO/Janson et al.

Junges massereiches Doppelsternsystem

"Die Entdeckung eines Planeten um b Centauri war sehr aufregend, da sie die Vorstellung von massereichen Sternen als Heimat von Planeten völlig verändert", erklärt Markus Janson von der Universität Stockholm, Schweden. Er ist Hauptautor der im Fachjournal "Nature" veröffentlichten Studie. Die beiden Bestandteile des 15 Millionen Jahre jungen Doppelsterns b Centauri besitzen zusammengenommen mindestens die sechsfache Masse der Sonne. Bisher war es nicht gelungen, ein solches Objekt auf einer Bahn um einen Stern zu entdecken, der mehr als dreimal so massereich wie die Sonne ist.

Die meisten massereichen Sterne sind sehr heiß, und dieses System bildet da keine Ausnahme: Sein Primärstern ist ein sogenannter B-Stern, der mehr als dreimal so heiß ist wie die Sonne. Aufgrund seiner hohen Temperatur sendet er große Mengen an UV- und Röntgenstrahlung aus. Eine höllische Umgebung für die Geburt von Planeten – die große Masse und die hohe Temperatur dieses Sterntyps wirken sich stark auf das umgebende Gas aus, was der Planetenbildung eigentlich entgegenwirken sollte.

Außerdem sammelten die massereichen Sterne mit ihrer starken Gravitation während ihrer Entstehung praktisch die gesamte Materie in ihrer Umgebung ein, wodurch für allfällige Planeten kaum etwas übrigbleiben sollte.

Heißer Hexenkessel ohne Planeten?

Je heißer ein Stern ist, desto mehr hochenergetische Strahlung erzeugt er. Diese Eigenschaft bewirkt, dass das umgebende Material schneller verdampft. Die aktuellen Analysen mit dem Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet REsearch Instrument (SPHERE) am VLT zeigt nun jedoch, dass sich in solch extremen Sternumgebungen sehr wohl Planeten bilden können. "In den letzten zehn Jahren hat die Entdeckung vieler Planetensysteme in überraschenden und neuartigen Konfigurationen dazu geführt, dass wir unsere historisch enge Sichtweise erweitern mussten", sagt Koautor Matthias Samland vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA).

Bislang hielt man solche Systeme für unwahrscheinlich, daher gibt der Ursprung von b Centauri b mit seiner zehnfachen Jupitermasse Rätsel auf.
Illustr.: ESO/L. Calçada

Der entdeckte Planet mit dem Namen b Centauri b ist in der Tat eine sehr fremde Welt: Er ist zehnmal massereicher als Jupiter und damit einer der massereichsten Planeten, die je gefunden wurden. Darüber hinaus umkreist er den Doppelstern in einem erstaunlichen Abstand, der 100-mal größer ist als der Abstand des Jupiters zur Sonne – auch eine der weitesten Umlaufbahnen, die bisher entdeckt wurden.

Rätselhafte Genese

Dieser beträchtliche Abstand zum zentralen Doppelstern könnte wohl auch auf eine Erklärung für die Existenz dieses Planeten hinweisen. Zunächst hielten es die Forschenden für unwahrscheinlich, dass sich der Gasriese an Ort und Stelle durch den gängigen Akkretionsmechanismus gebildet hat. Dabei klumpt Materie aus der protoplanetaren Scheibe zusammen, bis der Kern massereich genug ist, um Gas anzusammeln.

Sie halten es für eher möglich, dass der Planet anderswo entstanden sein könnte und erst später an seinen jetzigen Standort gelangt ist. Die Umlaufbahn des Gasriesen andererseits deute eher darauf hin, dass er doch in der Nähe seiner heutigen Position entstanden sei, womöglich durch einen gravitativen Kollaps in einer Scheibe aus Gas und Staub. Welche Variante eher zutrifft, sollten nun weiterer Beobachtungen klären helfen. (red, 11.12.2021)