Geschafft! Ich habe mich hochgearbeitet, bin aufgestiegen, gehöre jetzt oben dazu. Das war bis jetzt mit deutlichen Signalen und selbstverständlichen Ritualen sichtbar. Statussymbole, allen bekannt. Vom Mahagoni-Schreibtisch im weitläufigen Büro inklusive Besucherstuhl, der hinterlistig drei, vier Zentimeter tiefer gesetzt war, über den reservierten Parkplatz ganz vorne für den fetten Dienstwagen bis zur Arbeitskleidung aus gutem Tuch.

Damit ging selbstverständlich das Privileg einher, zuerst zu reden, die Welt zu erklären, die Regeln zu machen – oder sich hinter der Polstertüre zu verschanzen, wenn man wollte.
Eine Welt von gestern. Und heute? Was sind die neuen Statussymbole in der neuen Arbeitswelt, in die der CEO, statt ins Corner-Office chauffiert zu werden, schon in den vergangenen Jahren mit Sneakers, Smoothie und Superfood geradelt ist, um im familiär eingerichteten Jointspace Kreativität und Passion zu energetisieren?

Brauchen wir keine außenreferenzierte Definition unserer Zugehörigkeit mehr, ist mit der großen Sinnbewegung alles ins Innen gewandert und muss nicht mehr gezeigt werden?
Das könnte man leicht annehmen, Anzug- und Kostümtragen liegt mittlerweile nahe an Sustainable Fashion, Luxuskonsum und Verzichtsrituale sind oft verschmolzen.

Allein auf weiter Flur: Das Dogma "Erst die Arbeit, dann die Freizeit" definiert in manchen Unternehmen die Zugehörigkeit.
Foto: imago images

Neue Statussymbole

Sind wir jetzt alle gleicher? Weit gefehlt. Gezeigt wird jetzt von den Privilegierten das "Ich-kann-es-mir-leisten". Etwa das Klimaticket statt des Dienstwagens mit Verbrennungsmotor. Etwa die freie Zeiteinteilung im Homeoffice in der Vier-Tage-Woche. Oder Sabbaticals. Oder die Umkehr des Dogmas "Erst die Arbeit, dann die Freizeit". Und es geht noch immer um den Habitus der Zugehörigkeit. Statt eisiger Unnahbarkeit und einem Blick von oben nach unten ist es nun: "Das habe ich nicht nötig, ich habe kein Egoproblem."

Hergezeigt wird das durch Gelassenheit, Unaufgeregtheit, gesunden Lebensstil, permanent ausgesprochene Reflexionsschleifen zur gesellschaftlichen Verantwortung und den Auftrag, sozialen Verwerfungen ebenso entgegenzuwirken wie der Zerstörung der Umwelt.
Diese Wertegemeinschaft definiert nicht weniger, zu den "Gewinnern" zu gehören, als die Statuswelt davor. Nur anders. Und vielschichtiger verwoben in das Netz, das Sinnbewegung und Leidenschaftsimperativ in die Jobwelt gebracht haben. Ein Gewinnerkonzept.

Wen der Job nicht freut, wem die Sinnparolen fehlen, wer herumwurstelt, um alles irgendwie auf die Reihe zu kriegen, gehört nicht dazu. (Karin Bauer, 29.12.2021)