Seit knapp zwei Jahren beherrschen die Corona-Einschränkungen den Alltag. Distanz und Kontaktreduktion lauten seither die Vorgaben. Und auch das Hochschulstudium läuft seit knapp zwei Jahren nach diesen Regeln, die Online-Lehre beherrscht die Wissensvermittlung, ein aufregendes Studentenleben gibt es nicht.

Das hat auch Spuren bei der psychischen Gesundheit der Studierenden hinterlassen, wie nun auch der Mental-Health-Barometer von Studo, der App für Studierende, und Instahelp, der psychologischen Online-Beratung, zeigt. 52 Prozent der 2000 befragten Studierenden aus Deutschland und Österreich bewerten ihre psychische Gesundheit als "nicht gut" bis "sehr schlecht". Auch die Lebensqualität leide aktuell und wird von einem Großteil (82 Prozent) der Befragten als mittelmäßig bis sehr schlecht eingestuft. Je schlechter die psychische Gesundheit eingeschätzt wird, desto schlechter wird auch die Lebensqualität bewertet.

Stimmungsbild

Das deckt sich mit den Rückmeldungen, die DER STANDARD auf seinen Social Media-Aufruf Mitte Jänner erhalten hat. Wir wollten von den FH-Studierenden wissen, wie es ihnen nach zwei Jahren Corona-Pandemie mit dem Studium geht. Insgesamt haben knapp 40 Studierende von verschiedenen österreichischen Fachhochschulen ihre Erfahrungen mit uns geteilt. Die Antworten können nur ein Stimmungsbild abgeben und sind nicht repräsentativ für FH-Studierende. Eines wird aber deutlich sichtbar: Die psychischen Belastungen werden in allen Rückmeldungen beklagt. Steigende Einsamkeit, die Zunahme an depressiven Verstimmungen, aber auch sinkende Studienmotivation gehören zu den stärksten Auswirkungen.

Und laut den Rückmeldungen sei die Situation für jene besonders schwierig, die erst in der Pandemie mit ihrem Studium begonnen haben. Viele von ihnen mussten schon die Matura unter besonderen Rahmenbedingungen absolvieren und kennen das Studium im besten Fall in einer hybriden Form. Freundschaften mit Studienkolleginnen und -kollegen konnten nur sehr schwer aufgebaut werden. Dazu kommen laut den Antworten auch die Schwierigkeiten, sich in einer neuen Stadt einzuleben und dort Fuß zu fassen, ohne ein aktives soziales Netzwerk knüpfen zu können.

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Leere Hörsäle an den Hochschulen sind in Zeiten von Corona Normalität.
Foto: Getty Images

Neben den sozialen und psychischen Herausforderungen, scheint aber auch die Online-Lehre nicht in allen Fällen reibungslos zu funktionieren. Nicht nur einmal konnten wir davon lesen, dass es vonseiten der jeweiligen Fachhochschule zu wenig Unterstützung gab. Daneben sei auch die Lehre nicht immer optimal gestaltet gewesen, Studierende würden sich hier mehr Abwechslung wünschen. Technische Probleme sowohl bei den Vortragenden als auch bei den Studierenden hätten die Situation noch einmal erschwert.

Zu den positiven Aspekten gehört laut den Rückmeldungen, dass sich Studierende Zeit und Geld erspart haben. Viel mehr Positives gab es nicht zu berichten. Der Wunsch nach einer Rückkehr zur Normalität war aber bei allen zu lesen, auch die Sorge, durch diese besonderen Studienbedingungen nicht gut genug für die Arbeitswelt gerüstet zu sein.

Studentenleben vor dem Laptop

"Das erste Semester konnte ich Gott sei Dank noch in Präsenz erleben und hatte sehr viel Spaß dabei. Als es mit dem Online-Unterricht losging, habe ich, so gut ich konnte, versucht aufzupassen und alles zu erledigen. Leider habe ich meine Aufgaben und das Studium selbst Semester nach Semester immer weniger ernst genommen. Ich bin mittlerweile in meinem letzten Studienjahr und habe mehr als die Hälfte davon zu Hause vor dem Laptop verbracht. Einerseits bereitet es mir Sorgen, weil ich nicht weiß, ob ich mit meiner momentanen Einstellung meine Bachelorprüfung bestehen werde. Andererseits finde ich es auch schade, dass ich nicht die volle Studenten-Experience erleben konnte – soll ja angeblich die geilste Zeit sein, but I wouldn’t know."
Bachelorstudent, fünftes Semester, FH Bfi Wien

Wenig Hilfe

"Mehr als die Hälfte meines Studiums war während Covid. Wir wurden alleingelassen, bekamen null Hilfe, und wenn man versucht hat, Lehrer zu kontaktieren, musste man teilweise wochenlang (kein Scherz) auf die Antwort warten. Studieren macht so keinen Spaß, und man bereut es Tag für Tag, obwohl das Studium die Zeit deines Lebens sein sollte."
Berufsbegleitender Student, fünftes Semester, FH Salzburg

Gut organisiert

"Ich habe im Oktober 2020 mit dem Masterstudium begonnen. Nachdem die Pandemie zu diesem Zeitpunkt bereits ein halbes Jahr gedauert hat, war man an unserem Studiengang bereits für Online-Vorlesungen gerüstet, und so gut wie alles lief ohne Probleme ab. Ich glaube, ich habe mit meinem Studiengang ziemlich Glück und traue mich zu behaupten, dass der Unterricht (fast) gleich gut ist wie vor der Pandemie. Es ist allerdings schade, dass man seine Studienkolleginnen und -kollegen nur selten sieht. Die scheinen ganz nette Leute zu sein."
Studentin, drittes Semester, FH Joanneum

Sorge vor dem Berufseinstieg

"Der Studieninhalt hat sehr unter der Online-Lehre gelitten. Nur wenige Vortragende haben es durch angepasste Übungen und Gruppenarbeiten geschafft, einen umfassenden Unterricht zur Verfügung zu stellen. Kurz vor dem Ende unseres Studiums fühlt sich kaum jemand kompetent genug, einen Beruf im Bereich des Studiums auszuüben, und wir sind uns alle einig, dass das auch der Pandemie und dem Online-Unterricht geschuldet ist, auch wenn uns dieser in Zeiten von hohen Infektionszahlen viel lieber war. Trotzdem denke ich, dass durch angepasste Online-Formate, Open-Book-Klausuren, die dafür schwieriger und auf Verständnis ausgerichtet sind, auflockernde Übungen diese Inhalte hätten sehr gut vermittelt werden können. Wie sollten aber Vortragende motiviert sein, ihre Inhalte anzupassen, wenn niemand weiß, ob und wann es wieder mal online oder offline stattfindet. Hier hätte ich mir mehr Engagement und Ermutigung für die Vortragenden gewünscht."
Masterstudentin, drittes Semester, IMC FH Krems

Fehlender Kontakt

"Fernlehre ist okay. Angenehm fand ich es vor allem deshalb, weil ich mir Fahrkosten und Zeit gespart hab, wodurch ich auch später aufstehen konnte, das war schon cool. Aber noch ein Online-Semester würde ich nicht packen, ich bin froh, wenn’s endlich vorbei ist. Corona und Fernlehre hat mir die Motivation und, noch schlimmer, die Freude am Studium genommen. Liegt glaub’ ich daran, dass ich täglich stundenlang allein in meinem Zimmer vorm Laptop gesessen bin, statt mit Kolleg:innen im Hörsaal zu sein. Sozialer Kontakt fehlt einfach."
Bachelorstudentin, fünftes Semester, FH St. Pölten

Unfreiwilliges Fernstudium

"Ich hätte mich nie für ein Fernstudium beworben und bin letztendlich in einem gelandet. Im Vergleich zu vielen anderen Studiengängen muss ich aber auch positiv anmerken, dass es bei uns kein Hin und Her gab. Es war schon früh klar, dass auch das Wintersemester wieder in der Fernlehre stattfinden wird. Was dabei, unabhängig von meinem Studiengang, aber komplett wegfällt, ist das Studentenleben. Meine Studienkolleginnen kenne ich so gut wie nur über Microsoft Teams, mit manchen habe ich noch nie ein einziges Wort gewechselt, obwohl wir eine kleine Gruppe sind."
Masterstudentin, 3. Semester, FH St. Pölten

(Gudrun Ostermann, 11.2.2022)