Dass das chinesische Regime auf extreme Mittel zurückgreift, um Kritiker mundtot zu machen, ist bekannt. Auch der Gründer des Milliardenkonzerns Alibaba verschwand 2020 für einige Monate, nachdem er sich mit den mächtigen Staatsbanken angelegt hatte. Als Jack Ma wieder auftauchte, war er politisch mundtot. Er beschäftigt sich nun vor allem mit seinem neuen Hobby der Seidenmalerei.

Die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai beschuldigte einen Parteifunktionär der sexuellen Belästigung.
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Der Umgang mit der Tennisspielerin Peng Shuai folgt demselben Muster. Nachdem sie den Parteifunktionär Zhang Gaoli der sexuellen Belästigung beschuldigt hatte, verschwand sie. Zwei Monate später gibt sie ein kleinlautes Interview, in dem sie alles als "ein großes Missverständnis" bezeichnet. Von außen kann nur gemutmaßt werden, was mit den Menschen geschieht, während sie "verschwunden" sind.

In diesem Fall aber ist der eigentliche Skandal das Verhalten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). IOC-Präsident Thomas Bach ließ sich Ende November vor den Karren des Regimes spannen, als er nach einem Video-Interview behauptete, Peng gehe es gut. Und nach einem überwachten Interview der Zeitung L’Équipe mit Peng duckt sich das IOC wieder weg, anstatt auf eine Untersuchung der Vorfälle zu bestehen.

Dabei wirft die Tatsache, dass Bach sich zum Abendessen mit Peng getroffen hatte, die Frage auf, ob der Präsident nicht nur naiv, sondern inzwischen auch Mitwisser ist. (Philipp Mattheis, 7.2.2022)