Eingeständnis: Als vor zwei Jahren die Meldung kam, die WKStA hätte bei einer Dienstbesprechung im Jahr 2019 zum Thema Eurofighter-Ermittlungen mit dem damaligen "starken Mann" im Justizministerium, Christian Pilnacek, eine verdeckte Tonaufnahme gemacht, dachte ich, das sei nun wirklich über der Grenze. Es war dabei zwar der berühmte Pilnacek-Auftrag "Daschlogts es" (einen Eurofighter-Ermittlungsstrang) an die Öffentlichkeit gekommen, aber die geheime Aufnahme erschien mir damals sehr bedenklich.

Heute weiß ich – weiß die Öffentlichkeit –, dass es sich um reine Notwehr der WKStA gehandelt hat, die unter schwerstem Druck von Pilnacek und anderen Kräften in der Justiz – und der Polizei – stand, um eine Aufklärung der politischen Skandale aus dem türkis-schwarz-blauen Dunstkreis zu verhindern.

Heute ist klar, dass es nun darum geht, eine tiefgreifende Verlotterung, eine politische Durchseuchung der immens wichtigen Bereiche Justiz und Sicherheitskräfte zu bekämpfen.

Was aus den Chats von Pilnacek, dem Oberstaatsanwalt Johann Fuchs, Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter, aber auch aus den Aussagen von WKStA-Staatsanwälten vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss dutzendfach bekannt wurde und weiter bekannt wird, sieht (Unschuldsvermutung) verdammt nach einer Behinderung der Justiz durch hohes Justizpersonal aus. Allein der Sager von Pilnacek, es handle sich um einen "Putsch" gegen den damaligen Kanzler Sebastian Kurz, zeigt, wie sehr ein an sich brillanter Jurist und tatkräftiger Justizfunktionär auf die Seite der Macht und ihres Missbrauchs gerutscht sein dürfte.

Der zweite Strang der Vertuschungsaktion spielt in die Polizei hinein.
Foto: APA/GERT EGGENBERGER

Vertuschungsaktion

Der zweite Strang dieser großangelegten Vertuschungsaktion spielt in die Polizei hinein. Dort wurden Polizeibeamte mit ebenfalls in Chats dokumentierten Sympathien für Politiker wie Heinz-Christian Strache in Ermittlungen gegen genau diese eingesetzt. Und nach laxer Arbeit befördert. Der Vorgesetzte eines dieser Beamten teilte anschließend der österreichischen Öffentlichkeit indirekt mit, dass er sie für blöd hält, in dem er keine Befangenheit erkennen wollte. Und schließlich kommen seit Wochen systematische politische Begünstigungsaktionen im Innenministerium ans Licht, mit dem Seitenstrang, dass frühere Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sich offenbar schwer in ein kriminelles Beziehungsgeflecht mit Spuren zu russischen Geheimdiensten verwickelt haben.

Das ist nur eine äußerst knappe Zusammenfassung des verrotteten Zustands, in dem sich Teile von Justiz und Polizei befinden. Wie immer bei solchen österreichischen Zuständen darf der Hinweis nicht fehlen, dass es früher, unter nichttürkisen und nichtschwarzen Ministern, Ähnliches gab. Die Aufklärung des Falls Udo Proksch wurde unter einem sozialdemokratischen Innenminister und einem FPÖ-Justizminister objektiv behindert; in der Briefbombenaffäre um Franz Fuchs gab es Widerstand, in die rechtsextreme Richtung zu ermitteln.

Aber erstens leben wir im Hier und Heute; zweitens hat die Verlotterung wieder einmal pandemische Ausmaße erreicht. Erneut sei hier auf das Anti-Korruptions-Volksbegehren hingewiesen, dessen Proponenten eine ganze Reihe von Reformmaßnahmen vorschlagen. Weiters beginnt in wenigen Wochen ein neuer U-Ausschuss, wo es ganz massiv um die türkise Verlotterung gehen wird.

Demokratie und Rechtsstaat müssen immer wieder aufs Neue von Verlotterungserscheinungen befreit werden. Kritische Medien, der intakte Teil der Justiz und eine Politik, die sich besinnt, können dazu beitragen. (Hans Rauscher, 18.2.2022)