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Nicht nur die Haare stehen in Schwerelosigkeit Kopf, auch unter der Schädeldecke wird umstrukturiert. Im Bild: Die Astronautin Karen Nyberg beim Haarewaschen auf der ISS.
Foto: Nasa/Reuters

Wer den Weltraum abseits des Raumschiffs Erde bereisen will, sollte nicht nur gute körperliche und geistige Fähigkeiten mitbringen. Man muss sich auch auf Veränderungen gefasst machen, die eine solche Reise bewirkt – und die aufgrund der wenigen Astronautinnen und Astronauten, also einer kleinen Stichprobe, bisher nur teilweise erforscht sind. Eine aktuelle Studie analysierte nun Veränderungen im Gehirn. Das Ergebnis: Gewisse Hirnstrukturen haben sich nach mehreren Monaten im All verändert und an das Leben in Schwerelosigkeit angepasst. Dies berichtet ein Forschungsteam um Floris Wuyts von der Universität Antwerpen im Fachjournal "Frontiers in Neural Circuits".

Wie sich diese Anpassungsstrategien des Gehirns auf den Alltag auswirken, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Für nachteilige Auswirkungen gebe es aber keinerlei Anhaltspunkte, schreibt das Forschungsteam.

Neuverdrahtete Bewegungssteuerung

In Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumagentur Esa und der russischen Raumfahrtbehörde Roscosmos untersuchte das Team die Gehirne von zwölf Kosmonauten, die im Schnitt ein halbes Jahr auf der Internationalen Raumstation ISS verbrachten. Mittels Hirnscans untersuchten sie die Veränderungen in der weißen Hirnsubstanz der Allreisenden sowie von 13 Kontrollpersonen. Vereinfacht gesagt ist die weiße Substanz der Kommunikationskanal des Gehirns.

So stellten die Forschenden Veränderungen in den neuronalen Verbindungen zwischen verschiedenen motorischen Bereichen im Gehirn der Kosmonauten fest. In diesen Arealen werden Bewegungen gesteuert. "In der Schwerelosigkeit muss ein Astronaut seine Bewegungsstrategien im Vergleich zur Erde drastisch anpassen", erklärt Erstautor Andrei Doroshin von der US-amerikanischen Drexel University. Die Studie zeige, dass die verschiedenen Hirnregionen im Weltall sozusagen neu verdrahtet würden.

Astronautische Bewerbung bei der Esa

Nachuntersuchungen bei acht Kosmonauten zeigten, dass die Veränderungen sieben Monate nach der Rückkehr auf die Erde noch sichtbar waren. Einschränkend geben die Forschenden jedoch zu bedenken, dass die Stichprobe klein war, weshalb weitere Langzeitstudien nötig seien. Auch im Hinblick auf künftige Marsmissionen, die deutlich länger dauern würden, erachten sie dies als wichtig.

Den Bewerberinnen und Bewerbern der Esa dürften diese Veränderungen im Austausch für ein Ticket zu einer Weltraummission recht sein. Zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt werden neue Astronautinnen und Astronauten gesucht. Beworben haben sich mehr als 22.500 Personen aus allen EU-Ländern, 1.361 von ihnen wurden für die nächste Phase eingeladen, in der einen Tag lang psychologische Eigenschaften getestet werden. Auch 13 Österreicherinnen und 13 Österreicher sind noch im Rennen. (red, APA, 21.2.2022)