Für Wikipedia wird es in Russland und befreundeten Staaten wie Belarus eng. Nun kam es sogar zu einer Verhaftung.

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Das in Russland beschlossene Gesetz, das bis zu 15 Jahre Haft für die Verbreitung von Falschnachrichten über die russische Invasion in der Ukraine vorsieht, dürfte zu einer ersten prominenten Verhaftung geführt haben. Getroffen hat es den bekannten Redakteur Mark Bernstein, der auf der russischen Wikipedia-Seite in den vergangenen Jahren mehr als 200.000 Einträge und Korrekturen durchgeführt hat. Auch über die russische Invasion in der Ukraine, die in Russland nicht als solche bezeichnet werden darf, hat er diverse Einträge verfasst.

Belarussische Behörde als Handlanger

Als Handlanger erwies sich der befreundete Nachbarstaat Russlands, Belarus. Die dortige Kriminalbehörde "GUBOPiK" soll Bernstein einem Bericht des belarussischen Nachrichtenportals Zerkalo zufolge vorgeworfen haben, "gefälschte antirussische Informationen" verbreitet und damit gegen das neue russische Gesetz verstoßen zu haben. Ein Video seiner Verhaftung kursierte auf diversen prorussischen Propagandakanälen auf Telegram, wie auch der US-Blog "The Verge" berichtet.

Vor der Verhaftung hatte die Behörde auf ihrem offiziellen Telegram-Kanal persönliche Informationen Bernsteins veröffentlicht, wie seinen Account-Namen auf Social Media, den Nutzernamen auf Wikipedia und seinen Arbeitsort. Der Wikipedia-Account des Redakteurs, der zu den Top-50-Editoren der russischen Wikipedia zählt, wurde mit dem Zusatz "auf unbestimmte Zeit blockiert" versehen. Er ist seit 13 Jahren bei der Online-Enzyklopädie aktiv, wie eine Übersicht über seinen Account und all seine Wikipedia-Einträge und -Änderungen zeigt.

Russland will Wikipedia zensieren

Die russische Wikipedia ist eine der Plattformen, für die es aktuell sehr eng wird im Land. So forderte die russische Regierung die betreibende Organisation Wikimedia zuletzt auf, Worte wie "Krieg", "Angriff" und "Invasion" aus den Artikeln über die Geschehnisse der vergangenen Wochen zu streichen. Auch Informationen über zivile Todesopfer in der Ukraine sowie beim russischen Militär sollten aus den russischen Wikipedia-Seiten verschwinden.

Die Wikimedia Foundation lehnte die Forderungen als Zensurversuch ab. Gleichzeitig wurde Autorinnen und Autoren intern geraten, Änderungen in Beiträgen nicht mehr unter ihren Usernamen, sondern anonymisiert durchzuführen. Die Organisation teilte zudem mit, dass man die Situation in den Krisengebieten genau beobachte und den freiwilligen Redakteurinnen und Redakteuren so gut wie möglich helfe, damit sie in Sicherheit bleiben. Eine Stellungnahme zur Verhaftung von Bernstein steht aktuell noch aus. (Martin Stepanek, 13.03.2022)