Durch den Krieg in der Ukraine stehen in der Autoindustrie in ganz Europa Bänder still. Der Grund in diesem Fall: fehlende Kabelbäume. Die Ukraine hat sich zum Spezialisten in Sachen Kabelbäume gemausert. Und zwar aus einem Grund: Die Verlockung, von niedrigen Lohnkosten zu profitieren, war besonders groß, denn Kabelbäume werden zu 80 Prozent in Handarbeit gefertigt. Zugleich sind die Anforderungen an die Qualität der Fertigung besonders groß. Einmal eingebaut, lässt sich ein Kabelbaum kaum mehr mit vernünftigem Aufwand reparieren.

Weil das so heikel ist, fertigten Premiumhersteller und ihre Zulieferunternehmen die Kabelbäume lange Zeit daheim in Deutschland. Bis die Kostenrechner kamen und sahen, dass eine Fertigung in der Ukraine genauso gut wäre, aber etwas günstiger käme. Und schon wurde die Produktion ausgelagert.

Ist das wirklich notwendig?

Das soziale Gefälle zwischen den alten EU-Staaten und den Ländern des ehemaligen Ostblocks wird nach Osten hin immer steiler. So hatte sich die Ukraine zum idealen Partner der europäischen Autoindustrie für arbeitsintensive Produktion entwickelt. Dass dort damit gute Arbeitsplätze geschaffen wurden, ist unbestritten positiv. Umwelttechnisch stellt sich aber die Frage, ob es notwendig ist, dass eines der schwersten Einzelteile an einem Auto mit bis zu 80 Kilogramm Gewicht, nämlich der Kabelbaum, wirklich so weit transportiert werden muss.

Eine gründliche Neuordnung der Produktionslogistik ist nicht nur aus politischen Sicherheitsgründen notwendig, sondern auch im Sinne der Verringerung des CO2-Ausstoßes. (Rudolf Skarics, 27.3.2022)