Für Oberbank-Chef Gasselsberger läuft hinsichtlich der Unsicherheiten der Ukraine-Krise derzeit das "Quartal der Wahrheit".

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Wien – "So schwierig wie heuer war es noch nie." Nachdem die Linzer Oberbank mit einem Rekordjahr aus der Corona-Krise fand, fällt es Bankchef Franz Gasselsberger wegen der Unsicherheiten des Unkraine-Kriegs schwer, einen Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr 2022 zu geben – obwohl das Institut selbst nicht direkt betroffen sei. Wird es nur die bisher prognostizierte Verlangsamung des Wachstums um ein oder zwei Prozentpunkte oder doch noch eine Rezession oder Stagflation, wie das gleichzeitige Auftreten von hoher Inflation und wirtschaftlichem Stillstand genannt wird?

Das Thema Lieferketten beschäftige Firmenkunden sehr. "Unternehmen legen sich alles zur Seite, was sie irgendwo bekommen können, um die Produktion in den nächsten Monaten aufrechterhalten zu können", erklärt der Oberbank-Chef. "Just-in-time-Belieferung ist vorbei. Das ist die Realität." Zudem würden sie von "brutalen Preisverhandlungen" bei der Weitergabe von Kosten berichten. Die laufenden drei Monate bis Ende Juni sind für Gasselsberger "das Quartal der Wahrheit" für viele Firmen: "Wie kommen die Ergebnisse für das zweite Quartal? Ich glaube, das wird spannend."

"Profiteur des Preisanstiegs ist der Staat", erklärt Gasselsberger. Einerseits würde die Inflation die Staatseinnahmen über die Umsatzsteuer erhöhen, ebenso hohe Lohnabschlüsse die Lohnsteuereinnahmen. Es dürfe aber nicht sein, dass der Staat doppelt von der hohen Teuerung profitiere, aber die Bevölkerung Kaufkraft verliere. Gasselsberger spricht sich daher dafür aus, die "kalte Progression ein für alle Mal abzuschaffen".

Kritik an der EZB

Kritik übt Gasselsberger auch an der EZB und ihrer "schwammigen" Positionierung zwischen dem zweiprozentigen Inflationsziel und günstigen Finanzierungsbedingungen für Eurostaaten. Zumindest die Minuszinsen für Bankeinlagen sollte die Notenbank abschaffen: "Alles, was nicht normal ist, sollte so schnell wie möglich wieder weg."

Im Vorjahr erhöhte sich der Oberbank-Gewinn um 90 Prozent auf 234,6 Millionen Euro. Treiber seien das Firmenkundengeschäft sowie das Private-Banking-Business. Die Dividende wird von 0,75 auf einen Euro pro Aktie erhöht. (aha, 5.4.2022)