Die Zahl derer, die mit Games Geld verdienen, wird auf bis zu zwei Millionen geschätzt.

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In dem Online-Game Star Town müssen Spieler eine Agrarökonomie entwickeln. Zunächst sucht man sich auf einer Weltkarte einen Quadranten aus. Dann legt man los: Felder anlegen, Brunnen graben, Silos bauen. Es ist eine Mischung aus Siedler, Tropico und Farmville. Spieler verfügen über ein bestimmtes Budget und Ressourcen wie Manpower oder Holz, die sie zur Entwicklung der Landwirtschaft einsetzen können. Die produzierten Güter wie Weizen oder Wein können auf virtuellen Märkten gehandelt werden. Gamer können in Star Town echtes Geld verdienen: Kryptogeld, um genauer zu sein.

Dafür müssen sie tägliche Challenges absolvieren, etwa eine bestimmte Menge an Wein verkaufen. Als Belohnung gibt es eine Zahlung in der angedockten Kryptowährung Town. Die einzige Voraussetzung: ein Non-Fungible Token, ein digitales Echtheits- und Eigentumszertifikat. Dafür muss man wiederum einige Tausend Dollar bezahlen. Findige Kryptospezialisten können diese digitalen Urkunden aber auch kostenlos erstellen.

Der Journalist Marco Quiroz-Gutierrez hat in einem Artikel für das Magazine Fortune berichtet, wie er mit einem geliehenen NFT in Star Town in sechs Stunden umgerechnet 45 Dollar in Krypto verdiente. Ein Stundenlohn von 7,50 Dollar.

Normalerweise ist es so, dass Zusatzfunktionen oder Zubehör für Avatare in Spielen etwas kosten. Mit sogenannten In-Game-Käufen erzielen Entwicklerstudios riesige Umsätze. In Krypto-Games wie Star Town ist es umgekehrt: Statt zu bezahlen bekommt der Spieler Geld. "Play to earn" heißt das Prinzip. Ist das die Zukunft der Arbeit?

Games als Einnahmequelle

Reddit-Mitgründer Alexis Ohanian sagte kürzlich in einem Podcast, dass "Play to earn" in fünf Jahren zur dominierenden Spieleform werden würde. "90 Prozent der Leute werden kein Spiel spielen, solange sie nicht für die Zeit entschädigt werden." Anstatt "für Werbung abgegrast zu werden" oder "blöde Hämmer zu kaufen, die einem gar nicht wirklich gehören", werde man selbst der "Mähdrescher" sein und die Ernte einfahren.

Schon heute zocken drei Milliarden Menschen auf der Welt Videospiele. Die Zahl derer, die mit Games Geld verdienen, wird auf bis zu zwei Millionen geschätzt. Und das sind nicht nur E-Sportler, die vor Publikum zocken und damit Millionen verdienen. Sondern auch einfache Erwerbstätige, für die Gaming überlebensnotwendig ist.

Nun könnte man das Phänomen belächeln. Doch in immer mehr Entwicklungsländern ist das Spielen von Online-Games eine wichtige Einnahmequelle. Noch mag es sich um eine Nische handeln. Doch in einer Welt, in der Maschinen immer mehr Jobs übernehmen und die (Erwerbs-) Arbeit knapp zu werden droht, könnte Gaming zu einer wichtigen (passiven) Einkommensquelle werden – auch in Industrienationen.

Der amerikanische Ökonom Edward Castronova hat bereits 2016 in einem Aufsatz vorhergesagt, dass sich der Niedriglohnsektor in den Gaming-Bereich ausweiten wird: "Innerhalb von 20 Jahren wird Gaming eine bedeutende Einnahmequelle für Geringqualifizierte sein." (Adrian Lobe, 8.4.2022)