"Grande Lamborghini", höre ich hinter mir in feinstem Italienisch. Ich, gerade aus dem Aventador Ultimae ausgestiegen, drehe mich um, will zur Begrüßung ansetzen und sehe – einen Bauern in seinem Traktor. Vorn drauf der Schriftzug: Lamborghini. Er meinte nicht meinen, sondern seinen. Laut lachend lässt er mich am Straßenrand stehen.

Ganz leicht können Sie es vorn rechts erkennen – die Straßen sind ein Graus.
Foto: Luca Riva

Bald ist damit Schluss. Denn mit dem Ultimae, der letzten Produktionsreihe des Aventador, beendet Lamborghini dessen Herstellung. Eigentlich sollte das auch schon passiert sein, allerdings führte der Untergang der Felicity Ace, eines Autotransporters, im März dazu, dass insgesamt 15 dieser Ultimae nun rund drei Kilometer tief auf Meeresboden liegen.

Lamborghini hatte eingeladen, einen dieser limitierten Autos zu fahren. Also steigen Sie ein, ich nehme Sie mit in eine Parallelwelt, die wenig Berührungspunkte mit der unseren hat.

So ein Aventador Ultimae kostet mindestens 400.000 Euro, nur damit Sie Bescheid wissen. Der 6,4-Liter-V-12-Saugmotor hat 780 PS und schafft laut Datenblatt eine Spitzengeschwindigkeit von 355 Kilometern pro Stunde. So viel zu den unvorstellbaren Zahlen.

Foto: Lamborghini

Der Name Aventador kommt von seinem Vorbild, dem gleichnamigen Kampfstier. Er hat sich im Oktober 1993 in der Arena von Saragossa einen Namen gemacht. Sein Markenzeichen: Mit 507 Kilogramm lag er nur knapp über dem Minimalgewicht. Ähnlich "leicht" soll also auch der Aventador sein, das sind in Zahlen rund 1,5 Tonnen. Ehrlich gesagt: Ansichtssache.

Der Aventador Ultimae, in dieser Ausführung, in seinem Matt-Grau, ist wohl eines der brachialsten Autos, die ich je fahren durfte. Wenige schauen von vorn so aggressiv drein, noch weniger zeigen am Heck, wie viel Power in ihnen steckt. Das ist vor allem eines: einschüchternd. Denn selbst wenn man drinsitzt, spürt man die Dimensionen (4,86 × 2,27 × 1,13 m) und denkt sich quasi sekündlich: "Ich komme gleich entweder links oder rechts irgendwo an. Und wenn das nicht passiert, schramme ich mit dem Unterboden über den Asphalt."

Geschüttelt, nicht gerührt

Und das ist auf den Straßen rund um Bologna gar nicht so unwahrscheinlich, schließlich fühlt man sich wie ein Lotto-Gewinner, wenn man einmal zwei Meter Straße findet, die kein Schlagloch und keinen Riss vorweisen. Das ist kein Territorium für einen Kampfstier. Dabei passt der Name ziemlich gut, immerhin versucht er einen auf der holprigen Piste permanent abzuwerfen. Nach 2,5 Stunden Testfahrt waren wir ordentlich durchgeschüttelt, nicht gerührt. Falscher Sportwagen.

Foto: Lamborghini

Das Fazit: schwierig. Betrachten wir es einmal so. Für über 400.000 Euro bekommt man ein Auto, das mehr Arbeit ist als alles andere. Zudem kommt im Strada-Modus (also dem normalen) eine Schaltabstimmung der Automatik hinzu, die nicht so wirklich weiß, was sie will – massiv beschleunigen oder doch lieber gemütlich fahren? Permanentes Ruckeln war die Folge. Im Sport-Modus geht das besser, wobei, da geht es dann eben nur um die massive Beschleunigung.

Der Aventador Ultimae lässt den Fahrer nie vergessen, dass er in einem Supersportwagen sitzt. Alles ruckelt und zuckelt, der Motor brüllt unentwegt, und Komfort ist ein Fremdwort. Wie irgendjemand sich so in seinem Alltag fortbewegen will, ist mir schleierhaft.

Für die Rennstrecke hingegen wäre der Aventador wahrscheinlich eine fantastische Erfahrung. Die bekamen wir aber nicht, also bleibt es nur bei einem "wahrscheinlich".

Nur noch schwer vertretbar

Dass es genug Leute gibt, die sich mit diesem Auto durch ihren Alltag bewegen, zeigt das Ad-Personam-Programm von Lamborghini. Das ist quasi der DIY-Baukasten für den großen Mann und die große Frau. Lackfarbe, Material und Farbe des Innenleders, Zubehör, Getränkehalter – alles lässt sich individuell zusammenstellen. Sogar Ventilkappen mit Stier-Logo gibt es. "Da müssen Sie aber davon ausgehen, dass die gestohlen werden", fügt die leitende Dame hinzu. Guter Punkt.

Foto: Lamborghini

Mit dem Aventador ist nun Schluss. Man muss sagen: verständlich. In einer Zeit wie dieser ist so ein Auto nur noch schwer vertretbar. Wobei: Neue Modelle stehen bereit, der Nachfolger soll immerhin ein Plug-in-Hybrid werden.

Warum verständlich? Der Aventador Ultimae verbraucht rund 18 Liter auf 100 Kilometer. Sein CO₂-Ausstoß pro Kilometer liegt bei rund 445 Gramm. Das ist ungefähr das Vierfache eines Golf 7. In der Parallelwelt wird das aber wohl oder übel egal sein. (Thorben Pollerhof, 15.4.2022)