Im Doppelsternsystem RS Ophiuchi (RS Oph) fließt Materie vom Roten Riesen zum Weißen Zwerg – ein Rezept, das zu einer dramatischen Explosion führt.
Bild: superbossa.com/MPP

Etwa 7.000 Lichtjahre entfernt befindet sich im Sternbild des Schlangenträgers ein Doppelsternsystem, das sich im vergangenen Jahr beeindruckend bemerkbar machte: Ein Grazer Astrophysiker hielt als einer der weltweit ersten Menschen im August einen Lichtausbruch fest, der sogar mit freiem Auge erkennbar war und damit seine übliche unauffällige Helligkeit bei weitem überbot.

Die hochenergetischen Blitze, die sich bei dieser Nova entluden, wurden fachlich analysiert und hatten enorme Dimensionen: Sie zählen zu den energiereichsten Gammastrahlen, die je bei einer Nova gemessen wurden, wie ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung aus Österreich, Deutschland und der Schweiz im Fachmagazin "Nature Astronomy" berichtete.

Die gemessenen Gammastrahlen der Nova wiesen demnach Energien von 250 Gigaelektronenvolt auf. Das sei hundert Milliarden Mal energiereicher als das sichtbare Licht, teilte das Max-Planck-Institut für Physik (MPP) in München mit, das die Studie leitete. Beiträge zu dieser Arbeit lieferten auch der am Institut für Astro- und Partikelphysik an der Universität Innsbruck tätige Paolo Da Vela und Forschende der ETH Zürich.

Wasserstoffexplosion im All

Im Sternbild des Schlangenträgers ereignen sich immer wiederkehrende Novas, etwa im Abstand von 15 Jahren. Die gigantischen Explosionen im Doppelsternsystem RS Ophiuchi können entstehen, weil sich dort ein Weißer Zwerg und ein Roter Riese umkreisen. Rote Riesen sind aufgeblähte, alte Sterne; Weiße Zwerge sind ausgebrannte, winzige, extrem dichte Sterne. Kommen sie im Doppelpack vor, übertragen Sternwinde des Roten Riesen ihre Materie auf den Weißen Zwerg.

Sobald dieser zu viel davon verschluckt hat, kommt es zu einer thermonuklearen Explosion. Das zusätzliche Wasserstoffgas auf der Oberfläche des Weißen Zwergs wird dann nämlich so heiß und dicht, dass der Wasserstoff verschmilzt. Eine der Folgen ist auch ein starker Lichtausbruch, der Weiße Zwerg wird um mehr als das Hundertfache heller als sonst. Zuletzt fand dieser Vorgang in RS Oph im Jahr 2006 statt, erstmals wurde er 1898 dokumentiert.

Lokaler Einflussfaktor für kosmische Strahlung

Den jüngsten Ausbruch beobachteten die Fachleute mit den sogenannten "Magic"-Teleskopen, deren Name kurz für "Major Atmospheric Gamma Imaging Cherenkov" steht und sich auf der Kanareninsel La Palma in Spanien befinden. Man hatte bereits vermutet, dass hohe Energien bei diesen Explosionen frei werden. Die Messungen legen nahe, dass die Gammastrahlen von energiereichen Protonen ausgingen, die in der Schockwelle auf Hunderte von Gigaelektronenvolt beschleunigt wurden.

"Damit kommen Nova-Ausbrüche auch als Quelle für die kosmische Strahlung in Frage", sagte einer der Studienautoren, David Green vom MPP. Allerdings trügen sie nur in ihrer unmittelbaren Umgebung zur kosmischen Strahlung bei. Die Hauptakteure seien Supernova-Überreste. "Die Schockwellen, die von dieser Art Sternexplosion ausgehen, sind bedeutend heftiger als bei einer Nova", sagt Green. Die Magic-Beobachtungen werden auch künftig fortgeführt, um solche komplizierten Zusammenspiele im interstellaren Raum in der Milchstraße und darüber hinaus besser zu verstehen. (red, APA, 14.4.2022)