Der Ausbau der Windenergie könnte viel rascher gehen, wenn in den Bundesländern nicht stark gebremst würde.

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Die Ziele sind klar formuliert: Um in Österreich den gesamten Strombedarf 2030 über das Jahr gesehen zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen zu schaffen, ist ein Zubau von elf Terawattstunden (TWh) Photovoltaik (PV), zehn TWh Wind, fünf Wasserkraft und einer TWh Biomasse notwendig; das entspricht fast einer Verzehnfachung dessen, was bisher an PV installiert ist, und beinahe einer Verdreifachung der Windkraftleistung. "Wir würden das gemeinsam hinbekommen, aber die Politik bremst", sagt Michael Trcka, Finanzchef der WEB Windenergie AG, im Gespräch mit dem STANDARD.

WEB mit Sitz in Pfaffenschlag im Waldviertel gehört zu den Pionieren bei Windenergie hierzulande. Das von Andreas Dangl und ein paar Gleichgesinnten gegründete Unternehmen hat 1995 in Michelbach in Niederösterreich die dritte netzgekoppelte Windkraftanlage Österreichs errichtet. Seither sind viele weitere gefolgt, zuletzt aber immer mehr im Ausland.

Instabile Rahmenbedingungen

"Die Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien waren in Österreich, anders als in Deutschland, nie wirklich stabil", sagt Trcka. "Es gab gute Jahre, dann haben wir in Österreich investiert. Und es gab schlechte Jahre, da ging nichts, und so haben wir eben im Ausland investiert." Mittlerweile ist WEB außer in Österreich noch in Deutschland, Tschechien, Frankreich, Italien und Nordamerika engagiert. Von den 544 Megawatt (MW) an Gesamtleistung sind mittlerweile weniger als die Hälfte – 243 MW – in Österreich installiert.

Die Politik müsse entscheiden, wie schnell sie die Energiewende haben wolle. Das Argument, erneuerbare Energien ließen sich nicht so schnell implementieren, sei falsch. Trcka: "Wenn die Politik sagt, wir wollen PV in Österreich, dann würde in ein, zwei Jahren so viel Solarenergie zur Verfügung stehen, dass es eine Freude wäre. Bei Windkraft würde es etwas länger dauern, man müsste sich nur dazu bekennen."

Michael Trcka, Finanzvorstand der WEB WIndenergie AG.
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Einen Sinneswandel hat Trcka jedenfalls schon ausgemacht – in der Industrie. Viele Unternehmen hätten mittlerweile verstanden, dass Strom erst dann wieder billiger wird, wenn genug erneuerbare Energie zur Verfügung steht, und sie plädieren nun für einen raschen Ausbau. Windkraft oder PV kosten zwar in der Errichtungsphase, sind im Betrieb aber unschlagbar günstig. Derzeit sind es aber die Gaskraftwerke, die den Preis im Stromgroßhandel mit ihren Grenzkosten bestimmen, weil zu wenig Erneuerbare zur Verfügung stehen. Trcka geht davon aus, dass es auch in der Bevölkerung zu einem Sinneswandel kommt, Windräder und PV im Landschaftsbild mehr als bisher akzeptiert werden und dann auch die "wählergetriebene Politik" umschwenkt.

Noch ein interessantes Phänomen hat Trcka festgestellt. Seit Veröffentlichung der päpstlichen Enzyklika Laudato si im Jahr 2015, die sich dem Thema Umwelt und Nachhaltigkeit gewidmet hat, sei spürbares Interesse auch von katholischen Organisationen an erneuerbarer Energie bemerkbar. "Einige Diözesen sind an uns herangetreten, die wollen wirklich wissen, woher der Strom kommt", sagte Trcka. "Graz-Seckau war die erste, mit der Diözese Linz sind wir im Gespräch." Die Überlegungen gingen in die Richtung, gemeinsam Anlagen mit finanzieller Beteiligung zu bauen und den so produzierten Strom zu nutzen. Auch mit Vertretern der Caritas sei man schon im Gespräch gewesen.

Kostentreiber

Energiepreishoch, Inflation und Lieferkettenprobleme würden sich nun auch verstärkt in den Errichtungskosten sowohl von Windrädern als auch von PV-Anlagen niederschlagen. Trcka spricht von etwa 30 Prozent Mehrkosten, die bei der Errichtung von einem Windrad im Vergleich zum Vorjahr anfallen würden. Hauptpreistreiber beim Windrad sei Stahl. Bei PV-Anlagen hätten sich insbesondere die Module verteuert, deren Preise zuvor jahrelang im Sinkflug begriffen waren. Dort würden hauptsächlich Transportkosten und Auswirkungen der Covid-Lockdowns in China schlagend, woher der Großteil der in Europa verwendeten Solarmodule stamme.

Die WEB Windenergie AG, die in kleinerem Umfang auch in PV und Wasserkraft investiert ist, hat im Vorjahr trotz eines schlechten Windjahres ein operatives Ergebnis von 31,4 (2020: 28,6) Millionen Euro erzielt. Trcka: "Bis August dachten wir, es wird ein grottenschlechtes Jahr, dann haben uns die gestiegenen Strompreise im vierten Quartal doch noch ein gutes Ergebnis beschert." (Günther Strobl, 22.4.2022)