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Bitcoin ist seit dem Hoch auf weniger als die Hälfte gefallen – mit weiterem Abwärtspotenzial.

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Der Schreck sitzt in der Kryptobranche nach der vergangenen Woche tief. Stakkatoartig wurde sie von schlechten Nachrichten erschüttert. "Dies ist der Lehman-Moment der Kryptobranche – aber es wird keine Rettungen durch Regierungen geben", bezeichnete Will Clemente vom Analysehaus Blockware die Ereignisse. Aber sind diese für die Branche tatsächlich so verheerend wie damals im September 2008 der Konkurs der US-Investmentbank Lehman Brothers für die Weltwirtschaft? Eine Einordnung jener Geschehnisse, die die Kryptowelt derzeit in Sorge versetzt.

· Plattform Coinbase: Zunächst der Schlusspunkt, der die tiefschwarze Woche am Freitag komplettierte. Die US-Handelsplattform Coinbase, selbst an der Technologiebörse Nasdaq notiert, warnte in Verbindung mit den Ergebnissen zum ersten Quartal 2022, dass das Kryptovermögen der Nutzer im Fall eines Konkurses des Unternehmens verloren gehen könnten. Auch wenn es sich um einen Pflichthinweis handelt und Firmenchef Brian Armstrong umgehend betonte, dass keine Gefahr eines Konkurses bestehe – der Schaden war schon angerichtet.

Zudem waren auch die Zahlen zum ersten Quartal 2021 keineswegs vertrauenserweckend. Denn im Vergleich zum Vorquartal verringerte sich die Zahl der Nutzer um fast ein Fünftel, noch wesentlich deutlicher fiel der Umsatzschwund aus: Mit 1,17 Milliarden Dollar erlöste Coinbase um mehr als ein Drittel weniger. Aus 388 Millionen Dollar Reingewinn im Schlussquartal des Vorjahrs wurde ein Verlust in Höhe von 430 Millionen Dollar.

· Stablecoins: Knapp zuvor hatte der Absturz des Stablecoins Terra Verunsicherung geschürt. Dessen Kurs sollte eigentlich an den Dollar gebunden sein, wurde aber binnen weniger Tage beinahe wertlos. Obwohl Terra anders konstruiert ist als der größte Stablecoin Tether, griff die Verunsicherung auch auf den Marktführer über. Dieser konnte die Kursverluste aber weitgehend aufholen.

Trotzdem bleibt die Frage: Stehen mehrere Stablecoins auf wackeligen Beinen? Schon vor dem Terra-Crash haben die Regulierer an strengeren Regeln für Anbieter von wertstabilen Kryptowährungen gearbeitet. In den USA steht im Raum, diese ähnlich wie Banken zu regulieren. Ziel soll sein, sicherstellen, dass die Stablecoins auch tatsächlich zu 100 Prozent gedeckt sind, was Dominoeffekte ausschließen soll.

· Technologiebranche: Ebenfalls eine zunehmende Belastung ist die Schwäche der gesamten US-Technologiebranche an der Börse. Früher galt, dass sich Kryptowährungen unabhängig von anderen Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen entwickeln und sich daher gut zur Risikostreuung eignen. Diese Annahme wurde im vergangenen halben Jahr widerlegt: Seit November befinden sich Technologieaktien und Kryptowerte gemeinsam im Sinkflug. Dabei dürften beide von den derzeit stark steigenden US-Zinsen belastet werden.

· Historie: Auch ein Blick in die Vergangenheit lässt zumindest für Bitcoin erahnen, dass die Talfahrt noch weitergehen könnte. Zwar liegt dessen Wert mit knapp 30.000 Dollar derzeit um 55 Prozent unter seinem bisherigen Hoch, allerdings sind die Rücksetzer in vergangenen Phasen deutlich stärker ausgefallen. Etwa nach Ende 2017, als eine mehrjährige Aufwärtsphase mit einer Vervielfachung des Kurses bei knapp 20.000 Dollar gipfelte. Damals verlor Bitcoin mehr als 80 Prozent, bevor die Entwicklung ab 2019 wieder nach oben drehte – es gibt als noch Spielraum nach unten. (Alexander Hahn, 17.5.2022)