Premier Robert Golob (Mitte) will die linke Konkurrenz, etwa die Partei Levica von Luka Mesec (links) und die Sozialdemokraten von Tanja Fajon (rechts), einhegen.

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Er propagiert eine kohlenstofffreie Gesellschaft, gestützt auf eine gut funktionierende Atomkraft, ein zweiter Reaktor in Krško ist bereits in Planung. Man werde auch neue Generationen kleiner Kernreaktoren testen, so der künftige slowenische Infrastrukturminister Bojan Kumer. Er will zudem die Bahn ausbauen und in erneuerbare Energien investieren, der Kohlebergbau soll beendet werden.

Anders als die Österreicher setzen die Slowenen auf Atomkraft, aber abgesehen davon erinnert das Programm der neuen Regierung in Ljubljana durchaus an Projekte, die im Infrastrukturministerium in Wien erarbeitet wurden. Das Kabinett unter Premierminister Robert Golob, das vielleicht bereits heute, Mittwoch, im Parlament in Ljubljana vereidigt werden könnte, ist überhaupt ökologisch orientiert. Auch ein Klimaministerium gehört zu den 19 Regierungsressorts.

Aber auch ideologisch gibt es eine grundlegende Neuorientierung. Die künftige Außenministerin, die ehemalige sozialdemokratische EU-Abgeordnete Tanja Fajon, kündigte an, dass Slowenien sich wieder am Kern der EU, also Deutschland, Frankreich und Italien, orientieren werde und nicht wie die rechtspopulistische Vorgängerregierung von Janez Janša an den Visegrád-Staaten, insbesondere an Ungarn. Slowenien solle wieder für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit stehen, so Fajon.

Vermögenssteuer

Am Dienstag fanden die letzten sechs Anhörungen der künftigen Minister und Ministerinnen statt. Widerstand gibt es von Wirtschaftstreibenden, vor allem die geplante Vermögenssteuer stößt auf heftigen Widerstand. Umstritten ist auch das Vorhaben, dass Ärzte künftig keine zweite Betätigung – etwa eine Privatordination – haben dürfen sollen. Denn selbst in Ljubljana wartet man oft monatelang auf einen Arzttermin. Die Regierung will in einer Gesundheitsreform die verpflichtende und die freiwillige Krankenversicherung zusammenlegen.

Insgesamt sieht man im Regierungsprogramm durchaus linke Akzente wie die Anhebung der Mindestpensionen. Entgegen dem europaweiten Trend, aufzurüsten, soll auch der bereits geplante Kauf von Panzern gestoppt werden, was wohl die Nato-Partner wenig erfreuen wird. Doch die Regierung Golob muss sparen– ein Grund dafür ist die Regulierung der Kraftstoffpreise, die noch von der alten Regierung eingeführt wurde. Ökonomen argumentieren aber nun, dass die neue Regierung keinen glaubwürdigen Plan habe, wie sie das in Zukunft finanzieren wolle – zumal sie weitere Ausgaben plane.

Ausländische Arbeitskräfte unterstützen

Das neue Ministerium für Generationensolidarität – geführt von dem Linken Luka Mesec – soll etwa ausländische Arbeitskräfte durch eine aktive Wohnungspolitik unterstützen. Denn die Mietpreise sind in den vergangenen Jahren, unter anderem durch Gentrifizierung und Tourismus, vor allem in Ljubljana extrem angestiegen.

Brösel sind mit dem Nachbarn zu erwarten. Denn Fajon kündigte an, auf Kroatien Druck zu machen, damit Zagreb endlich die Entscheidung des Schiedsgerichts aus dem Jahr 2017 zum Grenzverlauf umsetzt. Andernfalls könnte Slowenien den Schengen-Beitritt Kroatiens blockieren. Es gibt aber auch positive Signale: Ljubljana will die Stacheldrahtrollen entfernen, die im Zuge der Migrationskrise 2015 an der Grenze befestigt wurden.

Fusion der Parteien

Die Koalition umfasst neben der Freiheitsbewegung Golobs und den Sozialdemokraten auch die Mitte-Parteien von Ex-Premier Marijan Šarec (LMŠ) und von Ex-Premierministerin Alenka Bratušek (SAB) und die Linke (Levica). Golob braucht diese drei kleinen Parteien eigentlich gar nicht für eine Mehrheit. "Aber ihm fehlen erfahrene Politiker", erklärt der Politologe Marko Lovec von der Universität Ljubljana. Abgesehen davon will Golob offensichtlich die Mitte-links-Parteien, die im Herbst bei den Lokalwahlen für seine Freiheitsbewegung eine Konkurrenz darstellen könnten, einhegen.

Die Freiheitsbewegung wurde erst vor wenigen Monaten gegründet und gewann am 24. April 41 der 90 Sitze im Parlament. Die anderen Mitte-links-Parteien verfügen aber über viel gefestigtere Netzwerke und Strukturen als Golobs Partei.

Die LMŠ und die SAB könnten aber mit Golobs Freiheitsbewegung fusionieren. Denn sein Ziel ist es, eine große linksliberale Partei zu konsolidieren, so wie die LDS, die bis vor zwanzig Jahren unter Janez Drnovšek regierte. Die Mehrheit der Slowenen unterstützt traditionell so eine Kraft, doch in den vergangenen Jahren erodierten neue Mitte-links-Parteien immer wieder schnell. Dieses Schicksal könnte auch Golob drohen. Deswegen sind jetzt seine strategischen Fähigkeiten gefragt. (ANALYSE: Adelheid Wölfl, 1.6.2022)