132 PS sind zu wenig für einen Sportwagen, sagen Sie? Dann waren Sie noch nie mit dem MX-5 unterwegs. Die vierte Generation bringt das Kunststück fertig, bei noch knapperem Schnitt noch mehr Spaß zu machen.

Foto: Andreas Stockinger

Zufälle gibt’s. Da sieht man ewig keinen Abarth 124 Spider, und kaum rückst du mit dem MX-5 zum Fotografieren in den Wienerwald aus, läuft dir einer über den Weg. Weiß mit roten Seitenspiegeln und Spoilerlippe, Motorhaube und Kofferraumdeckel in Schwarz, und dann auch noch dieser Typ, den du normalerweise erst hörst, bevor du ihn siehst, weil: Akrapovic-Auspuffanlage. Röhrt, dass jeder brunftige Auhirsch vor Neid erblasst.

Anfang 2016 bis Ende 2019 wurden diese Roadster mit Kennung 124 als Fiat und Abarth an eine eingefleischte Fangemeinde verkauft, 144 Fiats waren es in Österreich, 55 Abarths. Sie entsprangen der Kooperation mit Mazda, basierten auf dem MX-5 und wurden in Japan produziert, von bester Qualität also.

Der erwähnte Bursche im Abarth also hängt sich, kaum des Mazdas ansichtig, hintendran, ja, schon gut, ich habe es gehört, wir zirkeln ein paar Kurven, und nein, weder Zeit noch Lust zum Hatzerl, aber danke für das Angebot und das Wiedersehen mit diesem knackigen Gerät.

Mazda MX-5: ein puristischer Roadster.
Foto: Andreas Stockinger

Der MX-5, um den es hier geht, ist weder optisch noch akustisch ein Krawallstoppel, er ist einfach das, was er all die 33 Jahre seit seiner Erscheinung immer schon war: ein puristischer Roadster mit unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis.

Historische Farbgebung

Die kaiserdeutsche Reichsflagge – Schwarz-Weiß-Rot – hatte auch unser letzter Test-MX-5, 2021, gehisst, wenn auch dezenter als der Abarth: 100-Jahre-Mazda-Jubiläumsedition. Weiß lackiert, rote Ledersitze, rotes Textilverdeck, restliches Interieur schwarz, Überrollbügel, Frontscheibenrahmen detto.

Mit derselben Maschine lief uns der jüngste MX-5 zu, mit 132 PS aus 1,5 Liter Hubraum, eine stärkere mit zwei Litern und 184 PS gibt es auch noch. Dezentes Grau draußen – "Platinum Quartz Metallic", neue Lackierung –, rotes Verdeck, Sitze und weitere Teile des Interieurs hell.

Dezentes Grau draußen, rotes Verdeck, Sitze und weitere Teile des Interieurs hell.
Foto: Andreas Stockinger

Diese auch schon wieder seit 2015 gebaute vierte Generation, Typ ND, hat Mazda gerade zur Modellpflege geschickt. Wichtigste Neuerung: KPC. Keine Witze bitte über die Kommunistische Partei Chinas, das Akronym steht für Kinematic Posture Control, und dieser schöne altjapanische Begriff hat was mit der Kernkompetenz des MX-5 zu tun, der Fahrdynamik.

Verbesserte Fahrstabilität

Kurz gesagt geht es um Bremseingriffe bei Lenkeinschlag. Es wird gezielt die jeweils kurveninnere Bremse hinten betätigt, Mazda verspricht dadurch "reduzierte Seitenneigung und verbesserte Fahrstabilität".

An der gab es auch bisher wenig auszusetzen, der MX-5 vermittelt nun aber tatsächlich noch mehr den Eindruck, jedefrau und jedermann am Steuer sei überdurchschnittlich talentiert. Nein, ernsthaft, man spürt einfach die Liebe und Sorgfalt, mit der dieses Auto sukzessive, Schrittchen für Schrittchen, weiter verbessert wird. Nennt sich Kaizen, diese Philosophie, kontinuierliche Verbesserung, zur Nachahmung in allen Lebensbereichen empfohlen.

Grafik: DER STANDARD

Einen großen Beitrag zur extremen Leichtfüßigkeit leistet die Schlankheit des Konzepts. 1100 Kilo, wo gibt es das denn heute noch. Mit den E-Autos wird quasi das Doppelte zum Standard. Schwanzler mit dem Heck? Immer gerne. Es gibt waschechte analoge Instrumente, wann hat man so was zuletzt gesehen. Und bei der Infotainmentbedienung setzt Mazda weiter auf ein vorbildliches System nach Machart des Erfinders BMW, der das zugunsten Nur-Touch grad über Bord wirft.

Weniger ist mehr

Zum knackigen Getriebe nur dies: Schalten ist fast wie Tischtennis – das machst du quasi aus dem Handgelenk. Und zur Dachkonstruktion: Einfacher geht nicht. Entriegeln, Dach hinten reindrücken, eingerastet, Seitenfenster wieder hoch, fertig. Es gab/gibt etliche Beispiele, wie man es besser nicht macht, Citroën Pluriel etwa (2003; in 13 Schritten zum Cabrio) oder Opel GT von 2007.

Selbst die heute weitverbreiteten automatischen Verdecke: eh toll, letztlich aber hier noch ein Elektromotor, dort noch zusätzliche Masse. Da lobe ich mir den "Weniger ist mehr"-Ansatz, der das MX-5-Konzept nicht nur beim Dach, sondern generell durchzieht.

Es gibt waschechte analoge Instrumente.
Foto: Andreas Stockinger

Seit 1989. Aus diesem Wendejahr ist aus automobilistischer Sicht zweierlei zu vermerken. Erstens: Toyota greift die Deutschen im Premium-Segment an, mit Lexus bringen sie ihre Nobelmarke in Stellung, die vom Fleck weg in den USA reüssiert, in Europa bis heute kaum.

Kopie ist längst ein Original

Und zweitens eben Mazda. MX-5. Ungeniert bei den Briten und ihrer langen Roadster-Tradition abgekupfert, nur halt in Mazda-Qualität. So wie es aussieht, könnte der Erste auch der Letzte werden, in Europa zumindest.

Nissan wagt es wegen der strengen Flottenverbrauchs-Regulatorien nicht einmal, den Nachfolger des 370 Z Roadsters, den Z, bei uns anzubieten, auch sonst gibt’s aus Nippon auf weiter Flur keinen Roadster mehr, als Cabrio wäre noch der Lexus LC zu melden, dann ist aufgeräumt. Aus der Traum, vorbei der Boom der nach oben hin offenen Spaßgeräte. Was bleibt, ist: MX-5. (Andreas Stockinger, 30.8.2022)