Voyager 1 hat schon einige Grenzen hinter sich gelassen. Abgesehen davon, dass sie vorübergehend Datenkauderwelsch gesendet hat, geht es der betagten Sonde gut.

Illustr.: Nasa

Voyager 1 und Voyager 2 haben auf ihrer 45-jährigen Mission in mehrfacher Hinsicht alle übrigen Raumfahrzeuge der Menschheit buchstäblich weit hinter sich gelassen. Keine Sonde ist länger unterwegs gewesen und immer noch aktiv und in Kontakt mit der Bodenstation. Und kein anderes menschengemachtes Objekt hat bisher die Grenze zu jener Region des Sonnensystems überschritten, in der der Sonnenwind nicht mehr messbar ist. Es gleicht einem technischen Wunder, dass die beiden Veteraninnen noch so verblüffend gut in Schuss sind – auch wenn ihren Radionuklidbatterien allmählich der Saft ausgeht, weshalb als lebensverlängernde Maßnahme in den letzten Jahren einige Instrumente abgeschaltet wurden.

Merkwürdiger Datenmüll

In den vergangenen Monaten allerdings bereitete Voyager 1 den Technikerinnen und Technikern der Nasa Kopfzerbrechen: Im Mai 2022 hatte die Sonde begonnen, seltsame Nachrichten zur Erde zu schicken. Die gesendeten Daten sollten unter anderem Informationen über Voyagers Lage im Raum beinhalten, doch was das betraf, kam beim Voyager-Team am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der Nasa nur Nonsens an: Die vom Lagekontrollsystem AACS (Attitude and Articulation Control Subsystem) übermittelten Telemetriewerte passten nicht zu den tatsächlichen Bewegungen und der Ausrichtung der Raumsonde.

Immerhin schien mit Voyager 1 ansonsten alles in Ordnung zu sein. Die Orientierung der Sendeantenne in Richtung Erde passte weiterhin, die Sonde schickt ihre Daten (die mittlerweile fast einen Tag unterwegs sind) wie erwartet zielsicher zum Heimatplaneten. Nach monatelangem Tüfteln und Testen – wobei einige relevante fast 50 Jahre alte Unterlagen erst einmal gefunden und analysiert werden mussten – ist es den Forschenden nun endlich geglückt, das Rätsel zumindest großteils zu lösen und das Problem zu beheben, wie die Nasa am Dienstag mitteilte.

Wechsel zu schadhaftem Computer

Wie sich herausstellte, war die Quelle für die unsinnigen Daten ein Bordcomputer gewesen, der eigentlich schon längst nicht mehr hätte genutzt werden sollen. Die entsprechende Systemkomponente hatte vor Jahren teilweise den Geist aufgegeben, weshalb sie mehr oder weniger stillgelegt worden war. Aus einem unbekannten Grund hat das AACS im vergangenen Mai trotzdem damit begonnen, seine Telemetriewerte durch diesen Computer zu schleusen, ehe sie – weitgehend verstümmelt – zur Erde geschickt wurden.

Als sich bei der Suche nach der Problemursache herauszukristallisieren begann, dass dieser korrumpierte Computer der Übeltäter sein könnte, entschied man sich für ein vergleichsweise einfaches wie risikoarmes Vorgehen, wie Suzanne Dodd, Projektmanagerin der Voyager-Mission, erklärte: Fachleute befahlen der Voyager, die AACS-Daten über den ursprünglichen, nach wie vor funktionsfähigen Computer zu schicken. Und tatsächlich kamen daraufhin wieder sinnvolle Telemetriewerte an.

Ein Rätsel bleibt

Die Forschende können sich allerdings noch nicht erklären, warum das AACS plötzlich damit begonnen hat, seine Daten über den falschen Computer zu leiten. Vermutet wird ein fehlerhafter Befehl, der von einem anderen Bordcomputer generiert worden war. Sollte das tatsächlich der Fall sein, würde dies darauf hindeuten, dass an anderer Stelle der Voyagersonde ein Problem vorliegt. Dass dies die Mission grundsätzlich gefährden könnte, glaubt das Team zwar nicht, dennoch wird es die Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern weiterhin nach der Ursache suchen.

"Wir sind froh darüber, unsere Telemetrie zurückzuhaben", sagte Dodd. "Nun werden wir eine vollständige Speicherauslesung des AACS durchführen und uns alles ansehen, was diese Komponente zuletzt getan hat. Das wird uns helfen, das ursprüngliche Problem zu diagnostizieren. Wir sind also vorsichtig optimistisch." Vorerst spricht also alles dafür, dass Voyager 1 seine verbleibende Lebenszeit von vielleicht zehn Jahren weitgehend gesund und munter verbringen wird. (tberg, 31.8.2022)