An der Tankstelle wurde ein junger Mitarbeiter erschossen.

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Bad Kreuznach – Lebenslang muss jener Mann in Haft, der vor etwa einem Jahr einen jungen Mitarbeiter an einer Tankstelle in Deutschland erschossen hat. Mario N. hatte sich zuvor geweigert, seine Maske aufzusetzen, der Mitarbeiter hatte ihn dazu aufgefordert. Wutentbrannt verließ N. zuerst die Tankstelle, nur um schließlich zurückzukehren und dem 20-Jährigen ins Gesicht zu schießen.

Mord nennt das das Landgericht Bad Kreuznach in seinem Urteil am Dienstag und folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Anders als von Staatsanwaltschaft und der Nebenklage – von der Mutter des Getöteten – gefordert, stellte die Schwurgerichtskammer aber keine besondere Schwere der Schuld fest.

In diesem Fall wäre eine Haftentlassung des heute 50-Jährigen nach 15 Jahren im Gefängnis rechtlich zwar möglich gewesen, aber in der Praxis so gut wie ausgeschlossen. Die Verteidigung hatte den Tatvorwurf des Mordes zurückgewiesen.

Entsetzen um Tat

Die beiden Anwälte des Deutschen hatten auf Totschlag mit erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten plädiert, der nach Schätzung eines Gutachters zum Zeitpunkt des Schusses rund zwei Promille Alkohol im Blut hatte. Die Tat am 18. September 2021 an einer Tankstelle in Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz hatte deutschlandweit für Entsetzen gesorgt.

Die Frage, ob N. wirklich der Täter ist, hatte bei der sechsmonatigen Verhandlung keine große Rolle gespielt. Das war von Anfang an klar. Der Angeklagte hatte sich am darauffolgenden Tag der Polizei gestellt und gestanden. Er habe sich aus Wut darüber, dass der junge Kassier ihm ohne Corona-Maske kein Bier verkaufen wollte, zu Hause eine Waffe geholt und bei einem erneuten Besuch in der Tankstelle abgedrückt. Zudem gab es Videoaufnahmen von der Tat.

Für den Revolver hatte er keinen Waffenschein. Deswegen wurde er auch wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt.

Verteidigung spricht von Krise

Die Verteidigung zeichnete während des Verfahrens das Bild eines Mannes, der sich in einer akuten psychischen Krise befunden habe. Sein Vater habe sich einige Monate zuvor suizidiert und vor seiner Tat die Mutter schwer verletzt. Durch die Corona-Maßnahmen habe sich N. in seiner Freiheit massiv eingeschränkt gefühlt. Weil er unter Asthma leide, sei es ihm schwergefallen, mit Maske zu atmen. In seinen letzten Worten vor der Urteilsverkündung bedauerte der 50-jährige N., dass er die Zeit nicht zurückdrehen könne. Während des Prozesses sei untergangenen, "wie sehr mir das wirklich leidtut".

Einen radikalen Corona-Leugner, der unter Gewaltfantasien gelitten habe, zeigten hingegen die Staatsanwaltschaft und ein psychologisches Gutachten. In Chatnachrichten hat N. laut Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gegen Frauen mit Kopftüchern, die Kapitänin des Flüchtlingshilfsschiffs Sea Watch 3 und die Regierung gewettert. Unter anderem schrieb er von "Gaskammern" und davon, dass er es bedauere, dass sie "aus der Mode gekommen sind".

Nach der Urteilsverkündung sagte der Verteidiger, dass N. erleichtert sei, dass keine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde. Er habe nun eine Perspektive nach 15 Jahren. Ob er Einspruch einlegen wird, ist noch unklar. (red, 13.9.2022)