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Die neuen Vakzine richten sich sowohl gegen den Ursprungstyp als auch gegen Omikron-Subtypen.

Foto: APA / AFP / Getty / Scott Olson

Es geht wieder Richtung Herbst – eine kritische Jahreszeit im Infektionsgeschehen. Auch heuer könnten es wieder intensive Monate werden, warnen manche, aber es gibt Hoffnung auf einen ruhigeren Corona-Herbst: Zwei an Omikron angepasste Impfstoffe, auf die viele mit dem vierten Stich warten wollten, sind kürzlich zugelassen worden. Welche Rolle spielen sie im Infektionsgeschehen, und wie besorgt sind Virologinnen und Infektiologen? Ein Überblick.

Frage: Welcher Impfstoff wurde am Dienstagabend zugelassen?

Antwort: Es handelt sich um einen sogenannten bivalenten Impfstoff. Das heißt, dass er nicht nur auf einen, sondern auf zwei Krankheitserreger abzielt. Am Dienstagabend hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) den Impfstoff von Biontech/Pfizer zugelassen, der sowohl gegen den Corona-Ursprungstypus als auch gegen die Omikron-Subtypen BA.4 und BA.5 gerichtet ist. Er wird als Booster für über Zwölfjährige zugelassen, in den USA kommt der Impfstoff bereits seit einiger Zeit zum Einsatz.

Zuvor hat die EMA am 1. September noch einen anderen bivalenten Impfstoff zugelassen. Dieser enthält zur Hälfte Komponenten des Ursprungstyps und zur anderen Hälfte jene der Omikron-Subvariante BA.1.

Ob man mit dem vierten Stich noch auf den ganz neuen Impfstoff wartet, ist eine individuelle Entscheidung (mehr dazu hier).

Frage: Ab wann ist dieser neue BA.4/BA.5-Impfstoff in Österreich verfügbar?

Antwort: Ab kommender Woche könnte der BA.4/BA.5-Impfstoff schon in Österreich verfügbar sein, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Einen genauen Termin könne man dabei zwar nicht versprechen, aber die Lieferungen träfen "sehr wahrscheinlich noch im September" in Österreich ein. Das gehe deshalb so rasch, weil der Impfstoff parallel zum Zulassungsprozess bereits in großen Mengen produziert wurde und der Hersteller jetzt direkt mit dem Versand beginnen kann.

Frage: Es wurde jetzt also ein an BA.1 angepasster und außerdem ein an BA.4/BA.5 angepasster Impfstoff zugelassen. Wie ist das in der Praxis? Suche ich mir im Impfzentrum einen davon aus?

Antwort: Theoretisch wäre das möglich, ja. Grundsätzlich entscheiden allerdings die Ärztinnen und Ärzte über die Wahl des Impfstoffs, erklärt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Die Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums, die in den nächsten Tagen erwartet werden, seien zwar auch für die Allgemeinheit spannend, aber eigentlich sind diese als Handbuch für das impfende Fachpersonal gedacht.

In der Praxis wird es wohl ein Dialog, wie bei jedem anderen ärztlichen Aufklärungsgespräch. Wenn man unbedingt einen bestimmten Impfstoff lieber als einen anderen hätte, könne man danach fragen, sagt der Sprecher.

Frage: Wie wird der Corona-Herbst und -Winter?

Antwort: Weil die Zahlen zum Infektionsgeschehen nicht aussagekräftig genug sind, gehen die Prognosen der Expertinnen und Experten zum Infektionsgeschehen auseinander. Der Virologe Christian Drosten etwa rechnet mit einer "starken Inzidenzwelle noch vor Dezember".

Auch Christoph Steininger, Virologe an der Med-Uni Wien, geht von einem "sehr intensiven" Herbst aus, weil der aktuell dominierende Corona-Stamm weniger aggressiv, aber deutlich infektiöser sei als jene aus dem Vorjahr. Zwar werden nicht so viele Menschen auf Intensivstationen betreut werden müssen, allerdings werden durch viele Krankenstände wohl der Arbeitsmarkt und die Wirtschaft große Auswirkungen des Corona-Herbsts spüren, glaubt der Experte.

Dorothee von Laer, Virologin an der Med-Uni Innsbruck, macht sich dieses Jahr deutlich weniger Sorgen als in den vergangenen Jahren: "Wir haben einen ganz guten Immunstatus", sagt sie. Das heißt, dass im Moment sehr viele Menschen sehr gut geschützt seien. Das liege daran, dass die Subtypen BA.2 und BA.5 eine gute Kreuzimmunität haben. Wer also eine dieser Varianten hatte, sei auch gut vor der anderen geschützt. "Wenn sich jetzt noch die Leute, die noch nicht infiziert waren, den vierten Stich holen, können wir nicht ganz, aber fast unbesorgt in den Herbst schauen", sagt die Virologin.

Frage: Welche Rolle wird die neue Variante BJ.1 im Herbst und Winter spielen?

Antwort: "Es ist zu früh, um das zu sagen", stellt Virologin von Laer klar. In Indien scheint sich BJ.1 aktuell schneller auszubreiten, in Österreich kann man noch keine exponentielle Zunahme dieser Variante beobachten. "Ich glaube, dass uns BA.5 in den nächsten Monaten weiterhin als Hauptvariante mit möglichen Zusatzmutationen oder leichten Veränderungen begleiten wird", sagt die Expertin.

Frage: Wirken die beiden angepassten Omikron-Impfstoffe auch gegen BJ.1?

Antwort: Zum Teil bestimmt, vor allem gegen schwere Verläufe und Hospitalisierungen. Die beiden angepassten Impfstoffe zielen zwar in erster Linie auf andere Subtypen ab, aber mit jedem Kontakt mit einem neuen Subtyp wird der Schutz allgemein breiter. "Unsere neuen Studien zeigen, dass die Immunantwort breiter wird, wenn man Kontakt mit verschiedenen Virustypen hat – egal ob durch Impfung oder Infektion", berichtet Virologin von Laer. Man sei dann auch gegen Viren, mit denen man noch gar keinen Kontakt hatte, besser geschützt. (Jasmin Altrock, Magdalena Pötsch, 14.9.2022)