Standortfremde Fichtenmonokulturen sind in hitzegeplagten Dürresommern besonders anfällig für Schädlinge.

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Hitzewellen und Dürreperioden belasten nicht nur Mensch und Tier: Auch Bäume sind unter diesen Umständen schwer gefordert. Denn die Schutzmechanismen, mit denen sie sich über heiße Phasen und Durststrecken helfen, wirken nicht gegen die explosionsartige Vermehrung von Schädlingen und Krankheiten, die bei extremer Hitze und Trockenheit dem Wald besonders gefährlich werden können.

An einem schönen Sommertag kann eine Fichte auf einem Quadratmeter Nadeloberfläche bis zu drei Liter Wasser verdunsten, bei Laubbäumen ist es sogar noch mehr. Die Baumkronen fungieren dabei als Motor, der einen ständigen Wasser- und Nährstoffstrom von den Wurzeln bis zum Wipfel erzeugt. Über spaltförmige Öffnungen an der Unterseite der Blätter oder Nadeln, die sogenannten Stomata, dringt einerseits Wasserdampf nach außen, andererseits wird Kohlendioxid aus der Luft aufgenommen, das die Bäume für ihr Wachstum brauchen.

Enorme Zugkraft von Wasser

Die Zugkraft, die durch die Verdunstung entsteht, kann von einem Meter pro Stunde bei der Buche und den meisten Nadelbäumen bis zu phänomenalen 44 Metern bei Eichen reichen. Dass dafür entsprechender Nachschub an Wasser nötig ist, ist leicht vorzustellen.

Die Bäume sind für vorübergehende Trockenphasen zwar gerüstet: Durch Schließen der Spaltöffnungen können sie die Verdunstung drastisch reduzieren. Allerdings verzichten sie damit notgedrungen auch auf ihr Wachstum und die Produktion von Reservestoffen, für die sie Kohlendioxid aufnehmen müssten.

Wenn diese Maßnahme nicht ausreicht, können zumindest Laubbäume vorzeitig ihr Laub abwerfen und dadurch ihren Wasserbedarf weiter reduzieren: Das Ergebnis ist das herbstlich anmutende Aussehen mancher Wälder bereits im Spätsommer, wie wir es heuer vor allem rund um Wien, im Innviertel und im Bregenzerwald zu sehen bekommen.

Kaum Schutz vor Borkenkäfer

Von dem Trockenstress können sich die Bäume bei besserer Wasserversorgung spätestens in der nächsten Vegetationsperiode wieder erholen. Viel brenzliger ist aber, dass Hitze und Trockenheit ideale Bedingungen für Parasiten schaffen, die bei weniger extremer Witterung keine oder zumindest eine deutlich geringere Rolle spielen.

So sorgte der Buchdrucker (Ips typographus), die hierzulande wichtigste Borkenkäferart, nach dem Hitzesommer 2015 für das großflächige Absterben von Fichten im Norden Österreichs. Die etwa fünf Millimeter großen Käfer und ihre Larven fressen am Gewebe, in dem die Nährstoffe des Baumes transportiert werden, und führen so seinen Tod herbei. Je nach Witterung und Höhenlage bringen es die Insekten pro Saison auf eine bis drei Generationen.

Wie schlimm das Borkenkäferjahr ausfällt, lässt sich aktuell nur erahnen. Osttirol, Kärnten und die Obersteiermark dürften besonders betroffen sein.
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Wie es heuer um die Borkenkäferschäden steht, lässt sich zurzeit nur erahnen: Am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) gehen die Zahlen aus den jeweiligen Landesforstämtern erst am Jahresende ein. Allerdings zeichnet sich laut Gottfried Steyrer vom Institut für Waldschutz des BFW schon jetzt ab, dass der Schwerpunkt der Schäden wie bereits im letzten Jahr in Osttirol, Kärnten und der Obersteiermark liegen dürfte.

"Die Bekämpfung der Käfer durch frühzeitiges Entfernen befallener Bäume ist dort besonders schwierig, weil es sich größtenteils um sehr hoch gelegene, steile und unwegsame Lagen handelt, die eine Holzbringung extrem erschweren", sagt Steyrer.

Gesunde Bäume können sich gegen die Käfer wehren, indem sie deren Bohrlöcher und Gänge mit Harz verstopfen. Eine Massenvermehrung bringt jedoch auch sie an den Rand ihrer Abwehrkapazität. Sind sie dann auch noch durch Trockenheit geschwächt, haben sie ganz schlechte Karten. Dabei sind nicht nur die vielgescholtenen, weil an vielen Standorten ungeeigneten Fichten durch Schadinsekten gefährdet: Nach den trockenen Sommern ab 2015 entstanden durch verschiedene Borkenkäferarten auch an Kiefern und Tannen enorme Schäden.

Auch Baumpilze werden zur Gefahr

Auch unter normalen Umständen recht harmlose Pilze können sich bei Hitze und Trockenheit zu einer echten Bedrohung entwickeln: So lebt der Erreger einer Rindenkrankheit beim Ahorn, ein Pilz mit dem wissenschaftlichen Namen Cryptostroma corticale, gewöhnlich unauffällig tief im Holz. Bei extremer Hitze wird er jedoch deutlich aktiver, wächst in Richtung Rinde und kann diese großflächig zum Absterben bringen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Rotbuchen-Rindenkugelpilz (Biscogniauxia nummularia), der sich normalerweise auf abgestorbene Äste beschränkt: Im Zuge von Hitzewellen befällt er die Stämme von Buchen, wo er großflächige Verletzungen verursacht, die für den Baum meist tödlich enden.

Der Rotbuchen-Rindenkugelpilz (Biscogniauxia nummularia) ist normalerweise auf abgestorbene Äste beschränkt.
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Tatsächlich ist das Leben von Bäumen bei Hitze und Trockenheit weniger durch die Witterung als durch die diversen Schädlinge und Erreger bedroht, erklärt Bernhard Perny, Leiter der Abteilung Entomologie und Waldschutzverfahren am BFW. Dazu kommt, dass der Stress des Wassermangels die Pflanzen für Parasiten und Krankheiten deutlich anfälliger macht.

Direkt an der Trockenheit sterben laut Perny kaum Bäume – am ehesten noch an unpassenden Standorten gepflanzte Fichten. Auch leiden die Bäume nicht an neuen Schädlingen bzw. Parasiten. Vielmehr gewinnt durch den Klimawandel "das Kleingedruckte in der Fachliteratur an Bedeutung", wie Perny es formuliert. Soll heißen: Bisher sehr seltene Verhaltensweisen mancher Problemverursacher treten häufiger auf.

Viel zu wenig Niederschlag

Seit Jahresbeginn sind in Österreich nur knapp 80 Prozent des zu erwartenden Niederschlags gefallen. Eine großflächige Versteppung erwartet Klaus Haslinger, Leiter der Fachabteilung Klimasystem und Klimafolgen an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik – einer Forschungseinrichtung des Wissenschaftsministeriums – aber nicht.

Schon in den vergangenen Jahrhunderten habe es immer wieder Dürredekaden gegeben. Selbst im Klimawandel werde es dazwischen wieder feuchter werden. Allerdings sei zu erwarten, dass "die Ausschläge nach oben und unten größer werden. An diese Steigerung der Variabilität müssen wir uns anpassen", ist der Klimaforscher überzeugt.

Für den Wald geschieht das am besten durch die Kombination nicht verwandter Baumarten. Denn Schädlinge und Krankheitserreger finden so weniger Material zur Ausbreitung. Deswegen sind naturnahe Wälder meist auch weniger von Kalamitäten bedroht als die ohnehin bereits in Verruf geratenen Fichtenmonokulturen. (Susanne Strnadl, 17.9.2022)