Gegen den Mangel an Fachkräften – die Lösungswege sind oft gut bekannt, aber nicht umgesetzt (von rechts): Mario Derntl (Zukunft Lehre Österreich), Erik
Creeze (Goodhabitz), Siegfried Götzinger (New Work) und Anna Gawin (Apprentice Tech,) in der Hofburg.
Karin Bauer (DER STANDARD) hat die Runde moderiert.
Foto: Regine Hendrich

Ich werde wertgeschätzt. Ich werde ernst genommen. Laut Mario Derntl sagen das junge Menschen, die in ihren Betrieben gerne und zufrieden eine Lehre machen. Der Chef der überregionalen Lehrlingsinitiative Zukunft.Lehre.Österreich (z.l.ö.) erinnert an das eigentlich doch Einfache, Menschliche, wenn es um Finden und Halten junger Menschen für und in Lehrberufen geht. Die Not jedenfalls bleibe groß, auch wenn die wirtschaftlichen Aussichten nunmehr Stagnation für 2023 in Österreich bedeuten, so Derntl. Aussitzen und Warten, dass von selbst wieder Junge anklopfen, werde nicht mehr stattfinden. Er verweist auf die demografische Kurve und die Pensionierungswelle in der Generation Boomer.

Alle wollen Wertschätzung

Zur Untermauerung, dass (fast) alles an einer Haltungsänderung liegt, ein Befund aus Deutschland: Eine Mehrheit in Deutschland ist der Ansicht, dass Facharbeiter und ihre Berufe zu wenig Wertschätzung erhalten. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des Autozulieferers Continental bezeichneten 59 Prozent der Befragten die Wertschätzung als nicht angemessen oder eher nicht angemessen. Eine klare Mehrheit der Befragten im Alter von 16 bis 22 Jahren gab zudem an, ein Studium anzustreben (42 Prozent). In den Kategorien des gesellschaftlichen Status gedacht verständlich.

Eine Berufsausbildung zogen hingegen deutlich weniger (27 Prozent) der jungen Menschen in Betracht. Doch der Fachkräftemangel drängt – als wirksamstes Mittel dagegen sehen die Teilnehmer eine bessere Bezahlung, flexiblere Arbeitsbedingungen sowie mehr gesellschaftliche Anerkennung.

Diese Wünsche tauchen in allen Umfragen, die zuhauf gemacht werden, recht identisch auf. Also ist es eigentlich doch einfach, als Arbeitgeber attraktiv zu sein? Was zu tun wäre, ist klar.

Dass es vielfach noch nicht getan wird, zeigt die Diskussion auf dem Personalevent HR Summit in der Wiener Hofburg auch. Denn die Beraterschar zu genau diesen Themen ist groß vor Ort. Siegfried Götzinger etwa von New Work, der zu Gesamtlösungen mahnt statt zu Hauruck-Einzelaktionen und dafür auch gleich seine Marken Xing, Kununu und Onlyfy für Recruiting bis Unternehmenskultur anbietet.

Erik Creeze vom Onlinetrainingsanbieter Goodhabitz erinnert an den Wunsch, sich im Job fachlich und auch persönlich weiterzuentwickeln, und sagt den Zeiten, als lediglich der Boss eine "Schulung" verordnet hat, Adieu.

Die Intelligenz der vielen nutzen

Dass Unternehmen, wenn sie junge Leute und Fachkräfte wollen, viele Möglichkeiten hätten, macht Anna Gawin (Apprentice Tech) klar. Sie veranstaltet firmeninterne Hackathons und vertreibt Weiterbildungssoftware – also wenn die digitalen Skills bei der Einstellung nicht fixfertig da sind, warum nicht innovativ selbst intern entwickeln? Das habe den Vorteil, dass sich Menschen wertgeschätzt und wertvoll fühlen, so Gawin. Und es lasse sich auch zu einer innovativen Art des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Unternehmen nützen – quasi die Intelligenz der vielen, nicht nur der Innovationsmanager im Vorstand.

Die Vorträge auf dem HR Summit waren gut gefüllt, überwiegend mit Professionals, nicht mit der ersten Ebene in den Unternehmen. Botschaften gab es genug "nach Hause" zu bringen – konkrete Lösungen ebenso. War wirklich Neues, Unbekanntes zu hören? Kaum. Aber, wie Mario Derntl sagt, "jetzt ist es Zeit für Umsetzung". Und da geht es ganz offensichtlich um keine Rocket-Science. (kbau, 17.10.2022)