Grelle Farben, große Namen: Das 1964 entstandene Gemälde von Francis Bacon "Study for Portrait of Henrietta Moraes" erwarb Heidi Horten 2002 für ihre umfangreiche Kunstsammlung.
Foto: Heidi Horten Collection / Bildrecht, Vienna, 2022

Anfang Juni eröffnete Heidi Horten ihr Privatmuseum im Hanuschhof vis-à-vis der Albertina in der Wiener Innenstadt. Das von Next Enterprise Architects neu gestaltete "Palais Goëss-Horten" wurde zum dauerhaften Showroom wechselnder Ausstellungen mit Werken der Kunstsammlung der Wiener Milliardärin. Die Leidenschaft teilte sie mit ihrem ersten Ehemann, dem Kaufhausmagnaten Helmut Horten, und die Sammlung baute sie nach dessen Tod und mit seinem Erbe zu einer umfangreichen Collection auf. Heute besteht diese aus etwa 700 Gemälden, Skulpturen und Grafiken. Die Debütschau Open gab nur spärlichen Einblick und galt eher als Appetizer, der die Architektur in den Vordergrund stellte.

Kitschig oder würdevoll?

Nur etwa zehn Tage nach der Eröffnung ihres Museums verstarb Heidi Horten im Alter von 81 Jahren überraschend. Diesen Freitag eröffnet nun die erste Themenausstellung, auf die sich Horten schon lange gefreut hatte, wie es heißt. Immerhin werden unter dem Titel Look zwei ihrer größten Leidenschaften vereint: Kunst und Mode. Noch zu Lebzeiten entstand mit Direktorin Agnes Husslein-Arco die Idee für die Präsentation, die von Christiane Kuhlmann, Rolf Johannsen, Véronique Abpurg und unter Mitwirkung des Wiener Designers Arthur Arbesser kuratiert wurde.

Heidi Goëss-Horten in den 1980er Jahren.
Foto: Heidi Horten Collection

Diese möchte sich allerdings nicht als "Modeausstellung" verstanden wissen, sondern als "intimer Dialog" zwischen Gemälden, Skulpturen und für Horten entworfenen Haute-Couture-Kleidern aus den 1980er-Jahren. Die Schau mit etwa 150 Kunstwerken, 22 Roben sowie Korrespondenzen mit den Designstudios, frühen schwarz-weiß Fotos von Horten sowie ausgefallenem Kunsthandwerk ist eine posthume Hommage an die Hausherrin.

Das kann man kitschig oder würdevoll finden, jedenfalls darf man auf drei Etagen herausfinden, welchen Geschmack Heidi Horten hatte. Denn die Sammlerin umgab sich mit ihrer Kunst und schmückte damit ihre Privathäuser in New York, Kitzbühel oder am Wörthersee.

Das Muster in Egon Schieles "Damenbildnis (Wally Neuzil)" von 1912 weist frappierende Ähnlichkeiten mit ...
Foto: Heidi Horten Collection
... dem ausgefallenen Abendkleid von Yves Saint Laurent von 1980 auf. Oder umgekehrt.
Foto:Heidi Horten Collection / Ouriel Morgensztern

Frauen als Motiv

Dass dabei insbesondere kräftige Farben ausschlaggebend waren, ist ein offenes Geheimnis. Horten liebte es grell – egal ob bei Malerei oder der Abendgarderobe. So wird in der Ausstellung ein pinkes Cocktailkleid aus Seidentaft von Yves Saint Laurent von bunten Marilyn-Monroe-Siebdrucken von Andy Warhol flankiert. Oder türkise Elemente bei Farah Diba (auch Warhol) mit einem grünen Abendensemble von Jean-Louis Scherrer samt Paillettenjäckchen kombiniert. Und das bunte Gewand von Wally Neuzil in einer Zeichnung Schieles weist in Farbe und Muster starke Ähnlichkeiten zu einem ausgefallenen YSL-Kleid auf.

Vereinendes Thema der Werke sind übrigens Frauendarstellungen, der Blick auf Frauen sowie Aspekte der "Weiblichkeit". Das reicht von glamourösen Diven über moderne Frauen mit Bubikopf, Aktbilder bis zu klassischen und deformierten Porträts. Die Künstlerliste ist beeindruckend: Henri Matisse, Pablo Picasso, Niki de Saint Phalle, Anselm Kiefer, Auguste Rodin oder Yves Klein – um nur wenige zu nennen.

Eine der wenigen Künstlerinnen: Niki de Saint Phalle mit ihrer "Nana Pommes de Terre", 1964.
Foto: Heidi Horten Collection/Bildrecht, Vienna, 2022

Obwohl Horten keinen bestimmten Trend in ihrer Sammlungspolitik verfolgte, kristallisieren sich Frauen als sehr beliebtes Motiv heraus. Allerdings weniger vor der Leinwand – Werke von Künstlerinnen sind deutlich in der Unterzahl. Weshalb man im obersten Stock erleichtert aufatmet, wo sich einige Arbeiten auch kritisch mit der traditionellen Rolle von Frauen, ihrem Aussehen sowie Identitätsfragen beschäftigen. Feministische Zeichnungen von Birgit Jürgenssen finden durch Neuankäufe Verstärkung: Schuhe mit scharfer Klinge von Gudrun Kampl, ein steinerner Büstenhalter von Michèle Pagel oder behufte Füße von Lena Henke.

Verstummter Dialog

Zwischendrin tummeln sich die Designerkleider, die teils an den Wänden hängen, auf Podesten stehen oder von der Decke schweben. Dadurch werden sie zwar mit den Gemälden und Skulpturen auf ein Level gehoben und als eigenständige Kunstwerke anerkannt. Im Dialog kommen die an Modepuppen präsentierten Roben aber nicht über die visuelle Ebene hinaus. Sie greifen Farben, Oberfläche oder Muster auf, bleiben inhaltlich aber stumm.

Abendkleid aus changierendem Seidentaft von Christian Dior aus dem Jahr 1981.
Foto: www.kunst-dokumentation.com / Manuel Carreon Lopez

Generell scheinen viele Kombinationen etwas ansatzlos, dennoch darf man sich keine kunsthistorische Vollständigkeit erwarten. Da die Sammlung nicht nach solchen Maßstäben aufgebaut wurde. Die Ausstellung funktioniert eher als lockerer Streifzug. Man verharrt dort, wo es einem gefällt. Hauptsache, der Look stimmt. (Katharina Rustler, 20.10.2022)