Die Preissteigerungen bei Grundbedürfnissen wie Wohnen und Lebensmittel machen bei Frauen im Mittel mehr ihres Monatseinkommens aus als bei Männern.

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Die Inflation in Österreich hat im Herbst weiter zugelegt, mit 11,0 Prozent im Oktober erreichte sie den höchsten Wert seit 1952. Damit bestätigte die Statistik Austria am Donnerstag ihre Schnellschätzung von Ende Oktober. Treiber der aktuellen Teuerungswelle sind demnach weiterhin vor allem die hohen Preise für Treibstoffe und Haushaltsenergie. Aber die Inflation gewinnt zusehends an Breite: "Bei Bekleidung, die in den letzten Monaten kaum Teuerungen aufwies, gab es im Oktober einen markanten Preissprung", sagte Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas. "Zudem dreht sich die Preisspirale bei Möbeln immer schneller, bei Nahrungsmitteln und in der Gastronomie hingegen etwas weniger dynamisch."

Erstmals in die Inflationsberechnung eingeflossen ist im Oktober die CO2-Bepreisung. Deren Auswirkung schätzt Wifo-Ökonom Josef Baumgartner mit etwa 0,2 Prozentpunkten als eher gering ein. Was die Inflation ebenfalls nach oben bewegte, waren Preiserhöhungen bei der Fernwärme Graz und von kleineren Energieversorgern. Im Bereich der Mobilität kommt dazu, dass die preisdämpfende Wirkung des im Oktober des Vorjahrs eingeführten Klimatickets wegfällt.

Frauen stärker betroffen

Zwar fällt die individuelle Inflationsrate je nach Lebensumständen wie Einkommen oder Wohnort unterschiedlich hoch aus, eines geht aus einer Studie des gewerkschaftsnahen Momentum-Instituts dennoch klar hervor: Frauen leiden im Durchschnitt stärker als Männer unter der stärksten Teuerungswelle seit 70 Jahren. Warum? Weil Frauen in einkommensschwachen Haushalten überproportional vertreten sind. Konkret liegt der Frauenanteil im untersten Einkommensfünftel der Haushalte bei 58 Prozent, im obersten Fünftel bloß bei 47 Prozent.

Bei Haushalten mit geringem Einkommen macht sich die Inflation generell besonders stark bemerkbar. Die teuerungsbedingten Mehrkosten machen bei ihnen laut dem Momentum-Institut elf Prozent des monatlichen Einkommens aus, während es im wohlhabendsten Fünftel nur 4,8 Prozent sind.

Dazu kommt, dass Frauen auch wegen ihres Konsumverhaltens den Preisauftrieb tendenziell stärker spüren. "Selbst innerhalb der Einkommensfünftel spielen bei Frauen die Haushaltsausgaben für Wohnen, Energie und Lebensmittel eine bedeutendere Rolle als bei Männern", erklärt Studienautor Alexander Huber – also genau jene Bereiche, die derzeit zu den Haupttreibern der Teuerung zählen. Die Preissteigerungen im Bereich der Grundbedürfnisse kosten bei Frauen im untersten Einkommensfünftel im Mittel 7,6 Prozent des verfügbaren Monatseinkommens, bei Männern um einen Prozentpunkt weniger. Für Huber steht fest: "Insgesamt trifft die Teuerung Frauen stärker als Männer – vor allem im unteren Einkommensbereich."

Täglicher Einkauf noch teurer

Neuerlich höher als bei der Gesamtinflation ist der Preisauftrieb für den täglichen und den Wocheneinkauf ausgefallen. Das Preisniveau des Mikrowarenkorbs, der überwiegend Nahrungsmittel, aber auch Tageszeitungen oder den Kaffee im Kaffeehaus enthält und den täglichen Einkauf wiedergeben soll, stieg im Jahresabstand um 12,2 Prozent, das sind um Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Die Kosten des Miniwarenkorbs, der den wöchentlichen Einkauf abbilden soll und neben Nahrungsmitteln und Dienstleistungen auch Treibstoffe enthält, erhöhte sich um 15,5 Prozent nach 16,1 Prozent im September.

Ob damit der Höhepunkt der aktuellen Teuerungswelle im Oktober bereits erreicht wurde, bleibt vorerst offen. Im November könnte der Wert durchaus nochmals zulegen, bevor im Dezember die Strompreisbremse greift und die Inflation wieder sinken sollte. Baumgartner zufolge wird diese bis Frühjahr ihre volle Wirkung entfalten und sollte den Preisauftrieb bis dahin in Österreich um etwa einen Prozentpunkt verringern.

EZB erhöht Zinssätze

Nach der vereinheitlichten EU-Berechnungsmethode lag die Inflation im Oktober bei 11,5 Prozent. In der gesamten Eurozone ist der Preisauftrieb im Oktober auf den Rekordwert von 10,6 Prozent gestiegen. Die geringste Teuerung in der Eurozone verzeichnete laut der Statistikbehörde Eurostat Frankreich mit 7,1 Prozent, in Estland war der Preisauftrieb mit 22,5 Prozent am stärksten.

Wegen der anhaltenden Teuerungswelle in der Eurozone hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Oktober den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf nunmehr zwei Prozent erhöht. Dies macht variable und neu zu vergebende Kredite empfindlich teurer, während sich die höheren EZB-Zinsen bei der Verzinsung von Spareinlagen bisher kaum bemerkbar machen. Für die nächste Zinsentscheidung im Dezember wird eine weitere Anhebung um 0,5 oder neuerlich 0,75 Prozentpunkte erwartet, nächstes Jahr sollen weitere folgen. (Alexander Hahn, 17.11.2022)