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In Wilhelmshaven, einer 75.000-Einwohner-Stadt an der niedersächsischen Nordsee, bekommt man von der neuen energiepolitischen Zeit nicht viel mit. Läden und Lokale im Zentrum sind weit weg von jener Anlage, auf die sich diese Woche viele Blicke richteten.

Draußen, am Jadebusen, wurde nun die Fertigstellung des ersten schwimmenden LNG-Terminals gefeiert. Am 5. Mai war der erste "Rammschlag" gesetzt worden, nun ist die Anlage bereit. Es ging so schnell, weil Betreiber Uniper in Wilhelmshaven schon auf Infrastruktur zurückgreifen konnte und Genehmigungsverfahren beschleunigt worden waren.

"Das Beispiel Wilhelmshaven zeigt, was machbar ist, wenn alle an einem Strang ziehen", lobt der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne).

Noch heuer soll an der Umschlaganlage eine sogenannte FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) festmachen. Diese nimmt dann Flüssiggas von Tankern auf und macht es an Bord gasförmig, sodass es ins deutsche Netz eingespeist werden kann. Flüssiges Erdgas, das per Schiff kommt – damit will Deutschland die Ausfälle von russischem Gas kompensieren.

Noch mehr Terminals

Und weitere sollen folgen. Auch in Stade (Niedersachsen), Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) entstehen LNG-Terminals. Insgesamt hat sich die Bundesregierung fünf staatliche schwimmende Flüssigerdgasterminals gesichert.

Doch das hat einen höheren Preis als bisher geplant. Anschaffung und Unterhalt der Anlagen kosten mehr als doppelt so viel wie geplant. Einen entsprechenden Spiegel-Bericht hat Habecks Ministerium bestätigt und erklärt, dass jetzt rund 6,56 Milliarden Euro an Haushaltsmitteln vorgesehen seien. Zunächst waren nur 2,94 Milliarden Euro veranschlagt worden. Die Erhöhung sei "aufgrund der sich dynamisch entwickelnden Situation notwendig", heißt es in Habecks Haus.

Essentiell für Versorgung

Dort betont man auch, der Bau der Terminals sei essenziell für die Energiesicherheit: "Insbesondere die Reduktion und dann der Wegfall von russischen Gaslieferungen machen sie zwingend notwendig."

Habeck ist zuversichtlich, dass die höheren Kosten teilweise wieder durch die Netzentgelte eingespielt werden. Hingegen warnt der Haushaltspolitiker der Linken, Victor Perli: "Die Ampelkoalition hat sich mit der alternativlosen Nutzung von LNG erpressbar gemacht und muss jetzt Milliarden draufzahlen."

Die Gasspeicher waren in Deutschland am Mittwoch zu 99,38 Prozent gefüllt. Klaus Müller, der Chef der Bundesnetzagentur, sagt, es gebe noch keine Entwarnung für den Winter, aber "ein wenig mehr Gelassenheit" als noch im Sommer. (Birgit Baumann aus Berlin, 23.11.2022)