Katharina Müller und Martin Melzer, beide Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Erbrecht und Vermögensweitergabe, erklären die Ansprüche von Lebensgefährten beim Ableben des Partners oder der Partnerin.

Lange Zeit ist der Lebensgefährte (aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im weiteren Text ausschließlich die männliche Form verwendet) im Erbrecht zur Gänze unberücksichtigt geblieben. Dieser konnte bisher nur dann erben, wenn die verstorbene Person ihn im Testament bedacht hatte. Gesetzliche Regelungen hinsichtlich eines Erbrechts des Lebensgefährten fehlten. Nur außerhalb der erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB, und zwar im Mietrecht, ist dieser Umstand bereits berücksichtigt worden: Der Lebensgefährte eines verstorbenen Mieters oder einer verstorbenen Mieterin kann (bei entsprechend dringendem Wohnbedürfnis) in den Mietvertrag eintreten und somit in der Wohnung weiterhin leben, wenn er mit der verstorbenen Person bis zu deren Tod mindestens drei Jahre hindurch in der Wohnung gelebt oder die Wohnung seinerzeit mit dieser gemeinsam bezogen hat (§ 14 Abs 3 MRG).

War die Wohnung etwa im Besitz des verstorbenen Lebensgefährten, darf darin begrenzt weiterhin gewohnt werden.
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Erst mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 2015 sind gesetzliche Anpassungen im Bereich des Erbrechts vorgenommen worden: Dem Lebensgefährten kommen nun ein "außerordentliches" Erbrecht und ein gesetzliches Vorausvermächtnis zu.

Außerordentliches Erbrecht

1. "Keine gesetzlichen Erben"

Der Lebensgefährte hat ein echtes gesetzliches Erbrecht und kein bloß "außerordentliches", denn er wird allein vom Gesetzgeber zur erbenden Person bestimmt und nicht durch den verstorbenen Menschen beispielsweise in einem Testament. Der Lebensgefährte ist also tatsächlich ein gesetzlicher Erbe, allerdings nur unter besonderen Voraussetzungen. Dieses Erbrecht besteht nach dem Wortlaut des § 748 ABGB nämlich nur dann, wenn kein gesetzlicher Erbe und keine gesetzliche Erbin die Verlassenschaft erhält. Der Lebensgefährte erbt also nur, wenn es weder Erbberechtigte der vier Parentelen (Kinder, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern) noch einen Ehegatten oder eingetragene Partner gibt. Der Lebensgefährte geht somit im Rang allen anderen gesetzlichen Erben und Erbinnen nach. Er ist gesetzlicher Erbe im letzten Rang. Aber auch wenn solche primär berechtigten Erben und Erbinnen bestehen, diese allerdings das Erbe ausschlagen, einen Verzicht abgegeben haben, erbunwürdig sind oder enterbt wurden, kann der Lebensgefährte erben.

2. Haushaltsgemeinschaft

Voraussetzung ist, dass der Lebensgefährte zumindest in den letzten drei Jahren vor dem Tod mit der verstorbenen Person im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Wenn der Begründung oder Aufrechterhaltung der Wohngemeinschaft allerdings erhebliche Gründe entgegenstanden, schließt die fehlende Wohngemeinschaft die Erbberechtigung nicht aus. Ein denkbarer Fall wäre die notwendige Pflege der verstorbenen Person in einem Heim oder der dauerhafte Aufenthalt in einem Krankenhaus vor ihrem Tod. Auch soll die Erbberechtigung nicht wegfallen, wenn etwa der hinterbliebene Lebensgefährte aufgrund eines Pflegebedarfs in der eigenen Familie dauerhaft in die Wohnung der eigenen Familienangehörigen zog und sich nur mehr besuchsweise in der Wohnung des verstorbenen Menschen aufhielt. Voraussetzung ist aber stets, dass die für eine Lebensgemeinschaft typische besondere Verbundenheit weiterhin bestand.

Gesetzliches Vorausvermächtnis

1. Praktische Bedeutung

Da dem Lebensgefährten nur eine Erbberechtigung im letzten Rang zukommt, er also nur ausnahmsweise erbt, ist das Erbrecht in diesem Fall praktisch von recht geringer Bedeutung. Viel bedeutsamer ist das gesetzliche Vorausvermächtnis (§ 745 Abs 2 ABGB): Der hinterbliebene Lebensgefährte kann maximal ein Jahr in der Wohnung der verstorbenen Person weiterwohnen und die darin befindlichen Haushaltsgegenstände weiternutzen. Sollte der Lebensgefährte auch erbberechtigt sein, so tritt das Vorausvermächtnis zum Erbrecht hinzu. Das Vorausvermächtnis ist also von einem Erbrecht des Lebensgefährten unabhängig.

2. Voraussetzungen des Vorausvermächtnisses

Wie beim gesetzlichen Erbrecht, ist auch beim Vorausvermächtnis erforderlich, dass der hinterbliebene Lebensgefährte mit dem verstorbenen Menschen für mindestens drei Jahre im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Die Ausnahmen vom Erfordernis der Haushaltsgemeinschaft kommen auch hier zur Anwendung.

Beim Vorausvermächtnis besteht allerdings die zusätzliche Voraussetzung, dass die verstorbene Person zum Zeitpunkt des Todes in keiner aufrechten Ehe oder eingetragenen Partnerschaft sein durfte. Nicht relevant ist, ob sie zumindest teilweise im Laufe der letzten drei Jahre noch in einer aufrechten Ehe oder eingetragenen Partnerschaft war. Eine aufrechte Ehe oder eingetragene Partnerschaft stellt somit nur zum Todeszeitpunkt einen Ausschlussgrund dar; allerdings auch bei Trennung der Ehegatten. Auch ist es unerheblich, ob der hinterbliebene Lebensgefährte verheiratet oder verpartnert war.

3. Befristetes Wohnrecht und Nutzungsrecht der Haushaltsgegenstände

Das Recht, in der Wohnung des verstorbenen Menschen weiter zu wohnen und die darin befindlichen Haushaltsgegenstände weiter zu nutzen, steht dem Lebensgefährten nur befristet zu, und zwar bis zu einem Jahr nach dem Tod der Person. Damit ein Wohnrecht des hinterbliebenen Lebensgefährten überhaupt besteht, muss sich die Wohnung grundsätzlich im Eigentum der verstorbenen Person befunden haben. Dabei kann es sich beispielsweise um eine Einzimmerwohnung, aber auch um ein Einfamilienhaus mit Garten handeln. Bei mehreren gemeinsamen Wohnungen, wenn also zum Beispiel auch eine Ferienwohnung besteht, wird das Wohnrecht des hinterbliebenen Lebensgefährten auf den Hauptwohnsitz zu beschränken sein. Wenn die verstorbene Person selbst etwa nur ein Wohnungs- und Gebrauchsrecht hatte, also nicht selbst Eigentümer oder Eigentümerin war, entsteht auch kein Wohnrecht zugunsten des hinterbliebenen Lebensgefährten.

Das Vorausvermächtnis ist abzugrenzen von dem ganz zu Beginn schon erwähnten Eintrittsrecht nach § 14 Abs 3 MRG: Beim Vorausvermächtnis muss die Wohnung im Eigentum der verstorbenen Person gewesen sein. Das Eintrittsrecht nach § 14 Abs 3 MRG wiederum erfasst den Fall, dass die verstorbene Person (Haupt-)Mieter oder (Haupt-)Mieterin einer Wohnung war. In diesem Fall kann der hinterbliebene Lebensgefährte in den Mietvertrag eintreten, sofern er mit dem Hauptmieter oder der Hauptmieterin mindestens drei Jahre dauerhaft in der Wohnung gelebt hat.

4. Anforderungen an die Lebensgemeinschaft

Beim außerordentlichen Erbrecht und gesetzlichen Vorausvermächtnis des Lebensgefährten stellt sich zwangsweise die Frage, was genau unter einer Lebensgemeinschaft zu verstehen ist. Eine Lebensgemeinschaft soll eheähnlich sein: Es soll ein familienrechtsähnliches Verhältnis bestehen, das der Ehe nachgebildet, jedoch eventuell von geringerer Festigkeit ist. Zwischen den Lebensgefährten muss eine besondere Verbundenheit gegeben sein. Darüber hinaus muss die Lebensgemeinschaft auch auf eine gewisse Dauerhaftigkeit ausgerichtet sein. Die für eine Ehe typischen Merkmale der Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft werden zwar gefordert, einzelne Merkmale können im Sinne eines beweglichen Systems aber im Einzelfall auch fehlen und durch andere ausgeglichen werden. In der Praxis ergeben sich regelmäßig schwierige Auslegungsfragen bei der Beurteilung, ob tatsächlich eine Lebensgemeinschaft besteht. Eine gesetzliche Definition existiert nicht. (Katharina Müller, Martin Melzer, 8.12.2022)