Österreichs Hockey-Herren ...

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... kürten sich am Sonntag zum Hallen-Europameister.

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Die Frage liegt auf der Hand. Wie kann es sein, dass die Österreicher im Hallenhockey von einem Sieg zum nächsten eilen, aber im Freien ein ums andere Mal daran scheitern, sich für Großevents auch nur zu qualifizieren? Sie stellt sich regelmäßig, diese Frage, nämlich immer dann, wenn Österreich entweder in der Halle einen Erfolg eingefahren hat – oder im olympischen Landhockey (oder auch Feldhockey) wieder einmal zum Zusehen verurteilt ist.

Diesmal ist der Anlass ein positiver, die Österreicher fuhren am Sonntag ihren dritten Hallen-EM-Titel nach 2010 und 2018 ein. Und wie schon beim größten Triumph, beim WM-Erfolg 2018, schlugen sie quasi in der Höhle des Löwen zu, nämlich in Deutschland und in einem Finale gegen die Gastgeber. Das 2:1 in Hamburg war nicht nur erfreulich, sondern erklärt auch gut, warum sich Österreich in der Halle um so vieles besser schlägt.

Kleineres Feld, kleinere Teams

Da kommen gleich mehrere Faktoren zum Tragen. Das Feld ist kleiner, die Teams sind kleiner, fünf Feldspieler und ein Goalie sind gleichzeitig im Einsatz, die Feldspieler können sich fast ständig mit bis zu fünf Austauschspielern abwechseln. Drinnen stellt ein kleines Land quasi leichter eine schlagkräftige Truppe auf als draußen, wo doppelt so viele Feldspieler aufzubieten sind.

Viele der österreichischen Europameister sind seit Jahren als Legionäre in Deutschland tätig, allen voran Michael Körper, der in Hamburg mit insgesamt 14 Toren herausragte, und Fabian Unterkircher, der im Finale zweimal traf und als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet wurde.

Herausragender Goalie

Im Freien, no na, spielt Athletik eine größere Rolle, in der Halle kommt es noch mehr auf Stocktechnik und Ballbehandlung an. Der Ball ist prinzipiell flach zu halten, er darf nicht wie draußen geschlagen oder gelupft werden, allein innerhalb des Schusskreises sind hohe Schlenzer aufs Tor erlaubt.

Österreichs Tormann Mateusz "Matti" Szymczyk brachte das deutsche Team im EM-Finale mehrmals zum Verzweifeln.
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Das alles bringt mit sich, dass die Torhüter im Hallenhockey mehr im Mittelpunkt stehen als im Feldhockey. Was wiederum mit ein Grund für die österreichischen Hallenerfolge ist. Denn Österreichs Teamgoalie Mateusz "Matti" Szymczyk gilt vielen als der beste Hallengoalie weltweit. Im Finale am Sonntag untermauerte er diesen Nimbus, als er Deutschland mit zahlreichen Paraden zur Verzweiflung brachte. Allein mit einem Penalty war Szymczyk da zu bezwingen, ansonsten hielt er, was zu halten war.

Das erinnerte ans WM-Finale 2018 in der Berliner Max-Schmeling-Halle, als Österreich vor 8.300 mehrheitlich deutschen Fans mit einem überragenden Szymczyk im Tor nach einem 3:3 im Penaltyschießen triumphierte.

Erstaunliche Erfolge

Hockey in Österreich, das ist eine überschaubare Angelegenheit. Die Wiener Vereine (SV Arminen, AHTC, WAC, Post SV, HC Wien) pflegen sich die Meister auszumachen, landesweit gibt es 38 Vereine mit 4.500 Mitgliedern. Deutschland? 361 Vereine, 89.200 Mitglieder!

In der ersten deutschen Liga wie auch in den Niederlanden und Belgien lässt sich von Profibetrieben reden und dank großer Sponsoren teils gutes Geld verdienen – wer in Österreich spielt, zahlt ein. Umso erstaunlicher sind Österreichs Hallenerfolge, auch wenn etwa der deutsche Fokus klar auf Landhockey liegt.

Auge auf Nachwuchsarbeit

Da wie dort, in Deutschland wie in Österreich, wird viel Wert auf die Nachwuchsarbeit gelegt. Bei den Klubs bringen sich Spielerinnen und Spieler der A-Teams als Coaches im Kinder- und Jugendbereich ein. Die besten Talente werden flott in Nationalteams berufen.

Vor gut zehn Jahren brachte der Weltverband (FIH) auch im Freien ein spektakuläres Kleinfeldformat (Hockey5s) auf den Weg in der Hoffnung, es möge – wie 3×3-Basketball – olympische Berücksichtigung finden. Bei der U16-EM im Juli in Basel trugen Österreichs Burschen den Titel davon. Arthur Kucera vom WAC wurde zum Spieler des Turniers gewählt, Maximilian Meisel war Schützenkönig, Magnus Brendel (beide HC Wien) wuchs im Tor über sich hinaus.

Mag sein, dass sie einmal in die Fußstapfen von Fabian Unterkircher, Michael Körper und Mateusz Szymczyk treten. Und dass sich die Frage, die nun über allem steht, dann nicht mehr stellt. (Fritz Neumann, 13.12.2022)