Hunde schneiden in dieser Disziplin im Durchschnitt besser ab als Menschen. Anderen Tieren können sie aber nicht das Wasser reichen ...
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Die "zeitliche Auflösung" der Augen gibt an, wie gut ein Lebewesen blitzschnelle Veränderungen in seiner Umwelt registrieren kann. Dies ist besonders für jene Tiere wichtig, die schnell nach ihrer Beute schnappen müssen – oder dieser ausweichen. Ein Forschungsteam der irischen Universität Galway präsentierte nun eine entsprechende Analyse, die auch einige Überraschungen bereithält und zeigt: Besonders gute Werte erzielen kleine, fliegende und schwimmende Tiere. Bekanntgegeben wurden die Resultate bei einem Treffen der British Ecological Society in dieser Woche, die entsprechende fachbegutachtete Veröffentlichung folgt erst noch.

Das Team verglich die zeitliche Auflösung der Augen bei mehr als 100 Tieren inklusive des Menschen miteinander. Demnach gehören Libellen und Schmeißfliegen zu den Lebewesen mit der höchsten Sensibilität für Veränderungen in ihrer Umgebung. Sie können pro Sekunde 300 Veränderungen (300 Hertz) ausmachen, während es beim Menschen nur 65 sind.

... beispielsweise Libellen und Schmeißfliegen.
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Hunde haben mit der Fähigkeit, 75 Hertz zu erkennen, etwas flinkere Augen. Bei den Wirbeltieren haben die als Trauerschnäpper bekannten Singvögel den flinksten Blick, sie sehen mit einer zeitlichen Auflösung von 146 Hertz. Die langsamste zeitliche Auflösung unter den analysierten Tieren hatte hingegen der Dornenkronenseestern mit 0,7 Hertz. Er ernährt sich von Korallen und wird von wenigen Fischen gefressen.

Raubtiere im Meer, springende Spinnen

Grund für die unterschiedlichen Geschwindigkeiten beim Sehen ist nach ersten Erkenntnissen unter anderem die unterschiedliche Reaktionsfähigkeit. Je kleiner und flinker ein Tier sei, desto mehr Vorteile bringe die höhere zeitliche Auflösung der Augen, erläuterte der leitende Wissenschafter Kevin Healy im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur. Seesterne hingegen hätten keinen Vorteil daraus, eine Veränderung wahrzunehmen, auf die sie ohnehin nicht reagieren könnten. Manche Räuber wiederum müssen rasche Veränderungen wahrnehmen, um flinken Beutetieren nachstellen zu können.

Die Fähigkeit zur schnellen Wahrnehmung sei aber mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Lebewesen, die sie nicht benötigten, würden daher ihre Ressourcen anderweitig verwenden, sagte Healy.

So weit, so einleuchtend. Es gab aber auch unerwartetere Erkenntnisse der Studie. Darunter fiele etwa die Beobachtung, dass die Augen von Raubtieren im Meer eine höhere Auflösung haben als von Raubtieren zu Lande. "Wir glauben, der Unterschied könnte sein, dass Raubtiere im Wasser ständig ihre Position anpassen können, während sie sich auf Beute stürzen", sagte Healy. Dies zeigt sich auch im guten Abschneiden von flugfähigen Spezies. Eine hüpfende Spinne, die sich auf ihre Beute werfe, könne ihre Position hingegen nicht mehr anpassen, sobald sie einmal in der Luft sei.

Kurzfristige Steigerung

Für die Analyse wurden Daten aus zahlreichen Studien verwendet, bei denen die zeitliche Auflösung der Augen von Tieren unter anderem mithilfe eines sogenannten Elektroretinogramms gemessen wurde. Dabei wird aufgezeichnet, wie oft ein optischer Nerv Signale sendet, wenn das Auge schneller werdenden Lichtblitzen ausgesetzt wird.

Klarerweise bestehen auch innerhalb einzelner Arten bemerkenswerte Unterschiede. Einige Studien – und Alltagserfahrung – legen nahe, dass Torhüter beim Fußball Veränderungen schneller wahrnehmen als untrainierte Menschen. Wer die eigene Aufmerksamkeit (und vielleicht auch die zeitliche Auflösung der Augen) steigern will, kann dies trainieren. Einen kleinen Kick könnte auch Kaffee verleihen. Der Konsum des koffeinhaltigen Getränks könnte bisherigen Erkenntnissen zufolge die entsprechenden Fähigkeiten verbessern – zumindest für kurze Zeit. (APA, red, 25.12.2022)