Der 17. Jänner ist für die Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend ein wichtiges Datum. Bis dahin läuft nämlich die Rückzahlungsfrist für die Gelder aus einem Corona-Hilfsfonds des Bundes für gemeinnützige Organisationen, dem sogenannten NPO-Fonds. Dieser war explizit nicht für Parteiorganisationen gedacht. Doch zahlreiche Ortsgruppen der Jungbauern, die zum ÖVP-Bauernbund gezählt werden können, kassierten mehr als 800.000 Euro aus dem besagten Fördertopf – unrechtmäßig.

Anfangs wehrten sich die Jungbauern noch dagegen, das Geld zurückzubezahlen. Man betrachtete die Ortsvereine als ÖVP-unabhängig. Sogar Tirols damaliger Landeshauptmann Günther Platter rückte aus, attestierte dem zuständigen Ressort des grünen Vizekanzlers Werner Kogler öffentlichkeitswirksam "Unfähigkeit" und betonte die "Gemeinnützigkeit" der Jungbauern. Daran bestehe "überhaupt kein Zweifel", polterte Platter. Es kam anders.

Viele Ähnlichkeiten in Oberösterreich

Das Geld muss eigentlich bis heute, Dienstag, vollständig zurückbezahlt werden. Ob das tatsächlich auch passiert ist, war für den STANDARD vorerst nicht in Erfahrung zu bringen. Koglers Ressort gibt noch keine Informationen dazu heraus. In der Landesstelle der Jungbauern weiß man bloß, dass es unter den 120 Orts- und Bezirksvereinen die grundsätzliche Bereitschaft zur Rückzahlung gebe. Man könne aber nicht sagen, ob die Fördergelder mittlerweile wieder nach Wien gewandert seien. Ende Dezember hatten jedenfalls erst 14 der 120 Jungbauernvereine 80.000 Euro an Fördergeldern zurückbezahlt, wie DER STANDARD erfuhr.

Auch zwei Ortsvereine der Jungen Volkspartei, der türkisen Nachwuchsschmiede, sowie ein Ortsverein des Wirtschaftsbundes haben rund 16.000 Euro vollständig zurückgezahlt.

Oberösterreichs Seniorenbund rund um Ex-Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) holte sich fast zwei Millionen Euro aus dem Corona-Hilfsfonds.
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So weit ist Koglers Ressort mit dem Seniorenbund noch nicht. Dieser holte sich allein in Oberösterreich fast zwei Millionen Euro aus dem Corona-Hilfsfonds ab. Der Seniorenbund verweist darauf, die Förderung nicht als Parteiorganisation beantragt zu haben, sondern über eine Vereinsstruktur. Diese betrachtet man trotz aller Ähnlichkeiten zueinander als unabhängig, weshalb man sich bisher vehement gegen die Rückzahlung stemmt.

Noch bleibt Koglers Ressort dahingehend abwartend. Denn zum Seniorenbund insgesamt steht eine brisante Entscheidung an, die hinsichtlich der Corona-Gelder richtungsweisend sein könnte. Die ÖVP-Teilorganisation ist nämlich gerade Thema beim Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) im Bundeskanzleramt. Dieser berät unter anderem am Dienstag über Teilaspekte des ÖVP-Rechenschaftsberichts von 2019, wegen dem Türkis weitere Probleme drohen.

"Mehr als nur ein Bund"

Der Rechnungshof hatte in Sachen Seniorenbund Angaben als "unrichtig und unvollständig" bemängelt, da die türkise Kanzlerpartei offenbar beim Österreichischen Seniorenbund die Einnahmen und Ausgaben von den dazugehörigen Vereinen weggelassen habe. Die ÖVP argumentiert, dass die Vereine des Seniorenbundes nicht Teil der Partei seien, ebenso seien sie nicht als nahestehende Organisation zu betrachten. Es gebe Unterschiede bei der Rechtsform, Organisation, Gebarung und dem Rechnungswesen, führte die Volkspartei ins Treffen.

Der Rechnungshof bleibt skeptisch und befindet, "dass jedenfalls für das Jahr 2019 die Vereine 'Österreichischer Seniorenbund' der Teilorganisation der ÖVP zuzurechnen sind". Unter anderem deshalb, da sich der Seniorenbund einmal in einer Presseunterlage wie folgt selbst beschrieben hatte: "Mehr als nur ein Bund. Verein, Teilorganisation und Interessenvertretung in einem."

Der Präzedenzfall Wolkersdorf

Außerdem verwies der Rechnungshof auf "oftmals deckungsgleiche Vereinssitze (ident am Ort der Bundes- beziehungsweise der jeweiligen Landespartei)". Auch bei der Aufmachung der Seniorenbundvereine sei "weitgehend unklar, ob von einem Verein oder von der Teilorganisation die Rede ist".

Als Präzedenzfall in der Causa gilt eine Entscheidung zum Seniorenbund Wolkersdorf aus dem Jahr 2018. Zuvor hatte die Organisation eine Spende der dortigen Stadtgemeinde erhalten. Der Rechnungshof witterte eine Verletzung des Parteiengesetzes. Das Kontrollorgan befand, dass besagter Seniorenbund der ÖVP zuzurechnen sei "und nicht etwa ein gleichnamiger Verein ist, der keine Verbindung zur ÖVP hat". Die Spende war damit unzulässig.

Es gibt also eine Reihe von Indizien, die dafür sprechen könnten, dass womöglich auch Vereine des Seniorenbunds Oberösterreich der ÖVP zurechenbar sind. Somit könnten Rückzahlungen der Gelder aus dem Corona-Hilfsfonds fällig werden. Wann die Entscheidung des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats öffentlich wird, ist allerdings noch nicht absehbar. (Jan Michael Marchart, 17.1.2023)