Wenn Sterne explodieren, nehmen sie sich dafür Zeit. Die einzelnen Phasen einer Supernova können tausende Jahre dauern. Die dabei auftretenden Geschwindigkeiten sind astronomisch groß: Ausgestoßenes Gas kann bis knapp an die Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden.

Dennoch erscheinen sie irdischen Teleskopen die meiste Zeit über als Standbilder, durch die enormen Distanzen scheinbar zu abstrakten Kunstwerken erstarrt, die uns auch etwas über unsere eigene Vergangenheit erzählen. Nach dem Urknall bestand das Universum nämlich hauptsächlich aus Wasserstoff. Erst durch Kernfusion in den Sternen entstanden nach und nach schwerere Elemente. Ein großer Teil der Materie, aus der sich Planeten und letztlich auch wir Menschen bildeten, stammt aus Supernovae, wie sie in unserer Milchstraße derzeit etwa einmal alle hundert Jahre auftreten.

Die Farben stehen für Temperaturen. Weiß steht für besonders heiße Regionen, gefolgt von roter Farbe, die etwas kühleren Gebiete sind grün. Das Bild zeigt fünf der neu entdeckten Sternüberreste.
Foto: R. Kothes (NRC) and the PEGASUS team

Nun haben australische Radioteleskope 21 neue Überreste von Sternexplosionen ausfindig gemacht, die in unserer Milchstraße liegen und bei bisherigen Beobachtungen übersehen wurden. Davon berichtet das internationale Fachjournal "Nature". Eine internationale Forschungszusammenarbeit hat zwei Radioteleskope in Australien kombiniert, um den Himmel der südlichen Hemisphäre nach den Überresten von Supernovae zu scannen. Eines davon ist das Australian Square Kilometre Array Pathfinder Telescope (ASKAP). Es besteht aus 36 Parabolantennen mit je zwölf Meter Durchmesser, die über eine Fläche von vier Quadratkilometern in der australischen Wüste verteilt sind. Dieses Großteleskop wurde mit dem ebenfalls in Australien gelegenen Parkes-Radioteleskop kombiniert, das aus den 60er-Jahren stammt und mit einem Antennendurchmesser von 64 Metern eines der größten beweglichen Radioteleskope der Welt ist.

Das Parkes-Radioteleskop im Jahr 2019 anlässlich von Feierlichkeiten zum 50-Jahr-Jubliäum der ersten Mondlandung. Es war an der Übertragung der ersten Fernsehbilder von der Mondoberfläche beteiligt.
Foto: imago images / ZUMA Press

Die Milchstraße erscheint im Süden noch eindrucksvoller als in unseren Breiten. Insbesondere das galaktische Zentrum ist nur von der Südhalbkugel aus sichtbar. Im Norma-Arm der Milchstraße in der Nähe dieses Zentrums fand man nun auch die Reste von Sternexplosionen.

Fehlende Supernovae

Brianna Ball, die an der Universität Alberta in Kanada Astronomie studiert und das Projekt leitete, macht auf ein astronomisches Problem aufmerksam, in das die Untersuchung neues Licht bringen könnte. "Es gibt das Problem der fehlenden Supernova-Überreste", sagt Ball. "Wir wissen, wie viele wir sehen sollten, aber wir sehen viel weniger." Hunderte solcher Reste von Sternexplosionen wurden bisher in der Milchstraße entdeckt, doch es sollten fünfmal so viele sein. Es wird vermutet, dass viele der Signaturen zu schwach sind, um sie mit aktuellen Teleskopen sehen zu können. Hier soll das neue astronomische Beobachtungsprogramm Abhilfe schaffen.

Außergewöhnlich an dem neuen Ergebnis ist auch, dass es sich erst um einen Testlauf handelte. Das dabei entstandene Bild ist so spektakulär, dass es bereits jetzt geteilt wurde. Eine Publikation der Ergebnisse in einem Fachjournal steht noch aus.

"Dieses Bild war der erste Test, den wir durchgeführt haben, und er hat spektakulär gut funktioniert", freut sich Radioastronom Roland Kothes, der an der Untersuchung beteiligt war. (Reinhard Kleindl, 22.1.2022)