Glattes Parkett: Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, Partnerin Uli Wehr und Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner in Villach.

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"Es steht viiel auf dem Spiiiiel." Mit langgezogen Vokalen und viel Pathos in der Stimme hatte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner kürzlich bei ihrem Wahlkampfauftakt vor drohendem Unheil in Niederösterreich gewarnt. Sprich: Die Absolute der ÖVP sei in Gefahr. Worauf zuletzt auch wieder eine STANDARD-Umfrage hinwies.

Den Mikl-Leitner-Spruch hätte sich der Kärntner SPÖ-Landeshauptmannkollege Peter Kaiser für seinen Auftritt am Samstag beim Auftakt des Wahlkampfes in Villach für die Landtagswahl am 5. März durchaus ausborgen können. Denn es steht auch hier in Kärnten viel auf dem Spiel. Weniger vielleicht für Peter Kaiser selbst, der als Erster sicher im Sattel sitzt. Aber umso mehr für die Bundes-SPÖ.

Wie wichtig diese Wahl für die Roten ist, zeigt auch die Präsenz Pamela Rendi-Wagners, die jetzt bereits zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit nach Kärnten geeilt ist. Vor zwei Wochen tagte dort das Bundesparteipräsidium der SPÖ, am Samstag kam sie wieder ins rote Bundesland. Es geht für Rendi-Wagner um viel.

Landeshauptmann Peter Kaiser, Partnerin Uli Wehr und SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner beim Bad in der Menge.
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Während in Niederösterreich am 29. Jänner wenig zu erwarten ist, außer einem Minus vor dem SPÖ-Ergebnis, muss jetzt Kärnten liefern. Kaiser hatte zuletzt knapp die Absolute verfehlt, ein gutes Ergebnis in Kärnten könnte der Partei wieder einen Push nach oben geben. Pamela Rendi-Wagner braucht dringend einen Erfolg. Und der liegt in Kärnten.

Doskozil: Der neue beste Freund

Entsprechend enthusiastisch startete am Samstag auch der Wahlkampfauftakt der Kärntner Roten. Beim fetziger Alt-60er-Hadern "Keep on Running" der Spencer Davis Group strahlten Rendi-Wagner und Peter Kaiser im Duo, als sie unter Ovationen in den Saal des Villacher Congress-Centers einmarschierten.

Good Vibrations waren angesagt. Sogar Rendi-Wagners Widerpart, der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, formulierte eine Lobeshymne via Video auf den Kärntner Parteikollegen. Er dankte Kaiser "für die Freundschaft, dass du eine Persönlichkeit bist, die ausgleichend wirkt, mit Augenmaß abwägt und unterschiedliche Pole verbindest". Doskozil erinnerte daran, dass er mit Kaiser das Migrationspapier der SPÖ entwickelt habe, "restriktiv und von Humanismus getragen". Und er fügte noch ein freundliches "Freundschaft" hinzu.

Bürgermeister Günther Albel und mit zwei Peter Kaisern: der Papp-Variante und dem Original.
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Auch Parteivorsitzende Rendi-Wagner streute Peter Kaiser Rosen, der im Gegensatz zu seinem burgenländischen Kollegen Hans Peter Doskozil stets loyal zur Parteivorsitzenden stand. "Wenn wir uns anschauen, wie Kärnten heute – nach zehn Jahren erfolgreicher sozialdemokratischer Führung – dasteht, dann können wir mit Stolz sagen: Kärnten ist das Comeback gelungen. Peter Kaisers Politik ist Vorbild, nicht nur für Kärnten, sondern für ganz Österreich. Vor allem auch die Art, wie er Politik macht, ist vorbildlich: ruhig, kompetent, besonnen. Und er ist vor allem eines: ein echter Teamplayer." Das ging bei den Kärntner Genossen und Genossinnen runter wie Honig.

Rendi-Wagners Attacke gegen die Regierung

Rendi-Wagner ist aber auch nach Kärnten gekommen, um die Bühne vor allem für eine Abrechnung mit der schwarz-grünen Politik in Wien zu nutzen. Die Teuerung sei neben Bildung, Gesundheit, Energiewende und Migration das wesentliche Thema 2023. "Das sind Themen, bei denen viele Menschen alleingelassen werden", sagte Rendi-Wagner. Stichwort Pensionen: "Wir haben eine hohe Inflation, die höchste seit 70 Jahren, und wisst ihr, wie viel jemand, der jetzt im November in Pension gegangen ist, Pensionserhöhung bekommt? Null Prozent. Und das, obwohl die Preise durch die Decke gehen, die Mieten zum vierten Mal steigen."

Die Bundesregierung gestehe "diesen Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, keine Anpassung zu. Das führt dazu, dass Pensionisten und Pensionistinnen im Laufe ihrer gesamten Pensionszeit zehntausende Euro weggenommen werden. Das nennt die Regierung dann Aliquotierung. Ich nenne es Schande für die österreichische Sozialpolitik."

Die grüne "Enttäuschung"

Auch die Grünen bekamen ihr Fett ab. Die "wahre Enttäuschung" sei, dass die Grünen hier mitmachten "und ihren sozialen Kompass beim Eintritt in die Bundesregierung leider beim Portier im Bundeskanzleramt abgegeben haben".

"Ich bin der Meinung, dass gerade in dieser Zeit, die herausfordernder ist als je zuvor, Kontinuität und Verlässlichkeit auch in persönlicher Hinsicht ein wichtiger Faktor sind", sagte Kaiser in seiner Rede.
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Schließlich der Hauptact des Vormittags: Peter Kaiser – heftigst beklatscht – erklomm das Podium. Ab diesem Tag wolle er 42 Tage lang einen "Wahlmarathon" hinlegen. Er sei sich zwar dessen bewusst, dass er der längstdienende Landeshauptmann der SPÖ sei, das in einer Zeit, "in der die Politik und die, die Politik bestimmen, sehr kurzlebig geworden sind". Sechs Bundeskanzler habe er in den letzten zwei Perioden erlebt. Aber dennoch: "Ich bin der Meinung, dass gerade in dieser Zeit, die herausfordernder ist als je zuvor, Kontinuität und Verlässlichkeit auch in persönlicher Hinsicht ein wichtiger Faktor sind", argumentierte Kaiser.

Millionäre sollen Solidarabgabe zahlen

Es seien keine leichten Jahre gewesen, als er in Kärnten die Verantwortung übernommen habe. "Wir mussten in den ersten Jahren den Scherbenhaufen wegräumen. Das Land wurde auf ein Ramschniveau herabgestuft." In der zweiten Periode sei es gelungen, das Land in der Koalition mit der ÖVP zu stabilisieren. Aber vor allem: "Wir haben wieder das Ansehen des Bundeslandes gesteigert und eine Atmosphäre geschaffen, in der niemand mehr Angst haben muss, seine politische Meinung zu äußern", sagte Kaiser.

Inhaltlich wird sich Kaiser, wie auch Rendi-Wagner auf Bundesebene, im Wahlkampf den zentralen roten Themen Teuerung, Umwelt, Klima, Wirtschaft, Bildung und Wohnen widmen. Und der Gesundheit. Dazu zitierte Kaiser eine Statistik, wonach die skandinavischen Länder wohl dieselbe Lebenserwartung aufweisen wie Österreich. "In Österreich haben wird 59 gesunde Jahre, in Skandinavien sind es 70 Jahre." Da gelte es, in der Prävention anzusetzen.

Mit Blick auf die Migrationsfrage merkt Kaiser an, er wolle auch den Wert der "Solidarität" wieder mehr ins Spiel bringen. Es gehe letztlich um ein für alle leistbares Leben, um Abbau sozialer Barrieren und gerechte Chancen auf Bildung.

"Die Finanzierbarkeit ist natürlich eine Herausforderung. Aber Österreich ist das einzige Land in der EU, wo Ungleichheit zwischen Vermögenden und der breiter Masse dermaßen eklatant ist", sagte Kaiser. "Das oberste Prozent, rund 90.000 Bürger und Bürgerinnen, haben mehr Vermögen und Einkommen als 4,5 Millionen Menschen der unteren Schichten." Ab einer Million solle eine Solidarabgabe eingeführt werden.

Damit hatte Kaiser den Nerv und das Herz der Funktionäre im Villacher Congress getroffen. Stehender und lauter Applaus. Und ein dröhnender Abschlusssong: "You Win Again". (Walter Müller, 21.1.2023)