Algerien ist der wichtigste Gaslieferant Italiens. Ministerpräsidentin Meloni, zu Besuch in Algier, will die Zusammenarbeit ausbauen.

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Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kam euphorisch von ihrem Besuch in Algier zurück: "Algerien ist schon heute unser wichtigster Gaslieferant und für die Energieversorgung absolut strategisch. Und dank der neuen Kooperationen werden wir die bereits bestehende Verbindung zwischen Afrika und Italien weiter ausbauen", erklärte die Regierungschefin nach einem Treffen mit dem algerischen Präsidenten Abdelmadjid Tebboune. Italien werde dank der neuen Vereinbarungen mit dem nordafrikanischen Land bis zum Winter 2024/25 von russischen Gaslieferungen unabhängig sein.

Mehr noch: Die algerisch-italienische "Energiebrücke" werde auch für die europäischen Partner von Nutzen sein, allen voran für Deutschland, Österreich und die Schweiz. "Wir können zu einem Energie-Hub für Europa werden", sagte Meloni.

Günstige Lage

Italien liegt für den Import von Gaslieferungen aus Afrika dank seiner geografischen Nähe zur nordafrikanischen Küste strategisch günstig. Zwischen Algerien und Sizilien besteht bereits eine Pipeline; eine weitere führt von Libyen ebenfalls nach Sizilien. Eine dritte Gasröhre, die Trans-Adria-Pipeline, transportiert Gas von Aserbaidschan nach Apulien. Aus Algerien flossen im vergangenen Jahr über 20 Milliarden Kubikmeter Gas nach Italien, mehr als doppelt so viel wie im Jahr zuvor.

Die markante Steigerung der Lieferungen war noch von Melonis Vorgänger Mario Draghi mit Algier ausgehandelt worden. Dank des neuen Kooperationsvertrags und der Installation moderner Kompressoren soll die Menge in den nächsten Jahren auf 36 Milliarden Kubikmeter erhöht werden. Das entspricht ungefähr der Hälfte des italienischen Jahresverbrauchs.

Zusätzlich zur Erhöhung der Gasmenge durch die bestehende Pipeline soll eine zweite gebaut werden – in welcher in Zukunft grüner Wasserstoff von Algerien nach Italien fließen wird, der in riesigen Solarparks in der algerischen Sahara produziert werden soll. Bei der Kooperation mit Algerien geht es also nicht nur um eine Erhöhung der Gaslieferungen, sondern – zumindest mittel- bis langfristig – auch um die Umstellung vom fossilen auf den CO2-neutralen Energieträger.

Methanverluste minimieren

Gleichzeitig will Italiens Energieversorger Eni die algerische Sonatrach dabei unterstützen, die auf den bestehenden Gasfeldern entstehenden Methanverluste zu minimieren. Bisher entweichen beträchtliche Mengen des geförderten Gases in die Atmosphäre – ein finanzieller Schaden und äußerst schädlich für das Klima: Methan ist einer der schlimmsten Klimakiller.

Algerien ist nicht die einzige Front, an der Rom energiepolitisch aktiv ist. Eine der nächsten Hauptstädte, die Meloni besuchen wird, ist Tripolis. Durch die Pipeline zwischen Libyen und Sizilien könnten theoretisch zwölf Milliarden Kubikmeter Gas transportiert werden, ein Vielfaches der heutigen Kapazität von zwei Milliarden.

Kooperationen sind auch mit Ägypten und Mosambik geplant: Während Meloni in Algier weilte, verhandelte ihr Außenminister Antonio Tajani über eine Erhöhung der Flüssiggasmengen aus dem östlichen afrikanischen Mittelmeerland. Italien verfügt bereits heute über drei Flüssiggasterminals und will in den nächsten Jahren in Piombino und Ravenna zwei weitere in Betrieb nehmen.

Flaschenhals beseitigen

Die Rechtsregierung von Meloni träumt davon, dass das Gas in Italien schon bald von Süden nach Norden fließen wird – und nicht, wie bisher, hauptsächlich in umgekehrter Richtung. Wenn alles planmäßig verläuft, soll afrikanisches und aserbaidschanisches Gas in fünf Jahren in so großer Menge in Italien ankommen, dass 60 Milliarden Kubikmeter nach Norden weitergeleitet werden können. Dazu müsste aber noch ein Flaschenhals des Gasnetzes in Sulmona in den Abruzzen beseitigt werden, betont Eni-Chef Claudio Descalzi.

Bis zur Invasion Russlands in der Ukraine hatte Italien mehr als 40 Prozent seines Gasbedarfs aus Russland gedeckt; der Anteil ist inzwischen auf nur mehr 16 Prozent geschrumpft. "Wenn wir so weitermachen, dann ist es realistisch, bis 2024 ganz davon unabhängig zu sein", sagt Descalzi. (Dominik Straub aus Rom, 25.1.2023)