Nationalrat Axel Kassegger ist der neue designierte Parteiobmann der Grazer FPÖ. Für seine Vorgängerin, die aus der Partei ausgeschlossene Stadträtin Schönbacher, verkörpert er das "System Mario".

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Es ist nicht die erste angekündigte "Neuaufstellung" der Grazer FPÖ, die nach einer Wahlschlappe 2021 und dem danach bekanntgewordenen Finanzskandal um veruntreute Klubgelder nur noch einen Gemeinderat im Grazer Rathaus hat. Die schwerbeschädigte Stadtpartei soll nun der 57-jährige FPÖ-Nationalratsabgeordnete Axel Kassegger übernehmen. Er wurde am Montag von der Stadtparteileitung einstimmig nominiert, seine Wahl soll am Stadtparteitag am 3. März erfolgen.

Die Ausgeschlossenen

Seine Vorgängerin, die vorübergehend installierte Stadträtin Claudia Schönbacher, wurde von Bundesparteichef Herbert Kickl im Vorjahr aus der FPÖ ausgeschlossen – DER STANDARD berichtete. Sie und Klubchef Alexis Pascuttini hatten angekündigt aufzudecken, wohin dubiose Geldflüsse landeten und wer davon gewusst hatte. Es geht um einen Schaden von fast zwei Millionen Euro. Schönbachers Mitstreiter wurden ebenfalls alle ausgeschlossen und gründeten mit der Stadträtin einen eigenen Klub. Den (Korruptions)-Freien Gemeinderatsklub.

In einer ersten Aussendung teilte der 57-jährige Unternehmer und Brigadier der Miliz Kassegger mit, es sei "oberstes Interesse, dass dieser Fall rasch aufgeklärt wird. Wir werden wie bisher mit den Behörden uneingeschränkt kooperieren."

"Aufklärungstheater" und "Menschenhatz"

In einem dem STANDARD vorliegenden Protokoll der Stadtparteileitungssitzung vom 26. September 2022, also drei Wochen, bevor seine Vorgängerin Schönbacher aus der FPÖ flog, nannte Kassegger die Bestrebungen Schönbachers und der mit ihr ausgeschlossenen Gemeinderäte ein "Aufklärungstheater" und eine "Menschenhatz und Zerstörung der FPÖ", um "Kameraden fertigzumachen".

Schönbacher und ihr Klub hatten kritisiert, dass sie über Details des Skandals und die darin involvierten Personen im Dunkeln gelassen worden seien. Sie fragten Kassegger, ob man den gesetzlich vorgeschriebenen Wirtschaftsprüfern Fakten vorenthalten solle? "Nein, aber ich brauch ja nicht die ganze Welt anzünden?", kontert Kassegger. Seine mittlerweile ehemaligen Parteikollegen regten sich in der Sitzung darüber auf, dass sich in der Affäre "nach zehn Monaten mehr Fragen als Antworten" aufgetan hätten.

"Wir sind doch kein Bienenzüchterverein, sondern die FPÖ in der zweitgrößten Stadt Österreichs", monierte eine Gemeinderätin den Umgang mit der Aufarbeitung. Auch sie wurde ausgeschlossen.

Blaue Klagsdrohungen

Das Nachrichtenmagazin Profil berichtete zuletzt unter anderem über mutmaßliche russische Spenden an die FPÖ für prorussische PR. Ein Verdacht, der von Parteichef Kickl vehement zurückgewiesen wird. Er droht Medien in dem Zusammenhang mit Klagen wegen Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung und übler Nachrede. Im Profil ist auch die Krim-Reise einer blauen Delegation 2016 Thema. Mit der damaligen FPÖ-Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz reiste auch Kassegger. Auch er wehrt sich gegen den Verdacht, russisches Geld für die Reise erhalten zu haben, und kündigte eine eidesstattliche Erklärung an.

Tierschutz-Stadträtin Claudia Schönbacher vom (Korruptions)-Freien Gemeinderatsklub kommentierte die neue Personalie am Dienstag in einer Aussendung kritisch: "Wenig überraschend hat sich das System Mario mit Frontmann Axel Kassegger durchgesetzt." Damit spielt sie auf den früheren blauen Vize-Bürgermeister von Graz, Mario Eustacchio an, der im Herbst 2021 zurücktat. Er ist für die Staatsanwaltschaft einer der Beschuldigten in dem Skandal um die veruntreuten Steuergelder.

Klubchef Alexis Pascuttini gab in derselben Aussendung seiner Hoffnung Ausdruck, Kassegger hätte seine Meinung zur Aufklärung seit September 2022 geändert und wünschte ihm für seine neue Position "alles erdenklich Gute". (Colette M. Schmidt, 7.2.2023)