Monika Köppl-Turyna bei einer Podiumsdiskussion im Wiener Burgtheater im Jänner 2023.

Foto: Robert Newald

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) will Vollzeitarbeit stärken – und zu diesem Zweck Teilzeitarbeit unattraktiver machen. Die Idee des Ministers: Teilzeitarbeitende sollen weniger Sozialleistungen erhalten. Der Vorstoß entfachte eine hitzige Debatte um Teilzeitarbeit, und die komme gerade zum richtigen Zeitpunkt, meint Monika Köppl-Turyna, Direktorin des liberalen Forschungsinstituts Eco Austria, im Ö1-"Morgenjournal".

"Es gibt einerseits viele offenen Stellen und einen hohen Arbeitskräftemangel, andererseits eine dynamische Entwicklung der Ausgaben im Sozial- und vor allem Pensionssystem. Ausgeprägte Teilzeitarbeit führt dazu, dass es zunehmend schwierig wird, dieses System zu finanzieren", so die Ökonomin. Man müsse sich daher Gedanken machen, mit welchen Maßnahmen man hier gegensteuern kann.

Köppl-Turyna sieht zwei Möglichkeiten: Man könne bei den Leistungen einsparen oder Änderungen bei Abgaben und Steuern vornehmen. Konkret nennt Köppl-Turyna die Befreiung von der Arbeitslosenversicherung, die hohen Grenzen bei der Einkommenssteuer oder die Ausweitung der Negativsteuer. "Würde man an diesen Schrauben drehen, würde das mehr Leute zur Vollzeitarbeit bringen."

Auch AMS-Chef Johannes Kopf fände ein Überdenken der Bevorzugung von Teilzeitarbeit im Abgaben- und Steuersystem zu berücksichtigen gut, wie er auf Twitter schreibt.

AMS-Chef Johannes Kopf fände ein Überdenken der Bevorzugung von Teilzeitarbeit im Abgaben- und Steuersystem zu berücksichtigen gut.

Die Teilzeitfalle

Teilzeitarbeit betrifft in Österreich vor allem Frauen. Oftmals ist für diese aufgrund von Betreuungspflichten und Care-Arbeit eine Vollzeitbeschäftigung gar nicht möglich. In letzter Zeit zeichne sich aber ein neuer Trend ab, so die Ökonomin: Viele Menschen würden bewusst Stunden reduzieren – vor allem Männer. "Das führt zu der Situation, dass wir seit einigen Jahren ein relativ konstantes Arbeitsvolumen haben. Das heißt, die geleisteten Arbeitsstunden in der Wirtschaft haben sich nicht geändert, sondern nur auf mehr Köpfe verteilt."

Das führe zum herrschenden Arbeitskräftemangel, der wiederum ein Problem für die Leistung der Unternehmen, für die Finanzierung des Pensionssystems als Ganzes und schließlich für jeden Einzelnen darstelle. "Ich habe das Gefühl, dass vielen gar nicht bewusst ist, was es für sie bedeutet, wenn sie einige Jahre nur Teilzeit arbeiten", so Köppl-Turyna.

Während Teilzeitarbeit zu Beginn das Arbeitsangebot ausgeweitet hatte und auch für die Wirtschaft günstig war, weil mehr Arbeitskräfte – vorrangig Frauen – zur Verfügung standen, würde diese Entwicklung langfristig zum Problem. Köppl-Turyna dazu: "Demografisch bedingt haben wir immer weniger Arbeitskräfte. Wenn jetzt noch jeder Einzelne weniger arbeitet, wird das Arbeitsvolumen sinken. Das wird ein Problem für alle staatlichen Leistungen werden." (mae, 15.2.2023)