Ein Urteil des EuGH hatte den Zugang zum Transparenzregister eingeschränkt.

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Eigentlich soll das Transparenzregister helfen, fragwürdige Geldströme offenzulegen. Doch betroffene Firmen werden über die Recherchen von Journalisten und Aktivisten teils vorab informiert – auch von österreichischen Behörden. Diese informieren Firmeneigentümer seit mehr als drei Jahren darüber, wenn Journalisten oder Aktivisten über ihre Firmen Erkundigungen beim Transparenzregister einholen. Nach Informationen des STANDARD haben in den Jahren 2020 bis 2022 mehrere Unternehmen entsprechende Anträge gestellt. "Es gab eine Handvoll Anfragen, die jeweils umgehend beantwortet wurden", heißt es aus dem Finanzministerium. Um welche Unternehmen es sich handelt, verriet der Sprecher nicht.

Reporter ohne Grenzen kritisiert Regelung

Christian Mihr, Geschäftsführer der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen, sieht darin eine Gefahr für unabhängige Recherchen: "Denn selbst wenn diese Auskünfte anonym gegeben werden, ist es für das Unternehmen doch potenziell nachverfolgbar, um welchen Journalisten oder welche Journalistin es sich handelt – gerade wenn bekannt ist, dass der Kollege oder die Kollegin in der Vergangenheit schon zu dem Unternehmen gearbeitet hat." Fabio De Masi, Ex-Bundestagsabgeordneter (Linke) und Fellow bei der Bürgerbewegung Finanzwende, spricht von einer "fragwürdigen Praxis", auch weil man es zuweilen mit schwer kriminellem Milieu zu tun habe.

Gefahr für Journalisten

So wurde etwa die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia 2017 mit einer Autobombe in die Luft gesprengt. Der slowakische Journalist Ján Kuciak wurde 2018 erschossen, der griechische Enthüllungsjournalist Giorgos Karaivaz 2021. Sie alle recherchierten regelmäßig zu Firmen und deren Geldströmen sowie organisierter Kriminalität.

Anfang Februar hatte die luxemburgische Justizministerin Sam Tanson bekanntgegeben, dass auch Luxemburg die Praxis einführe, Firmen über Recherchen zu informieren. Das Land will dem Beispiel Österreichs, Deutschlands und der Niederlande folgen, und möglicherweise noch einen Schritt weitergehen: Firmeninhabern könnte bald die Berufsgruppe der anfragenden Person mitgeteilt werden – oder sogar deren Name. Eine Praxis, die in Litauen schon gang und gäbe ist.

EuGH-Entscheidung

Jeder Firmeninhaber dürfe wissen, wer Informationen zu ihm erhalten habe, heißt es vom dortigen Register. Man könne auch persönliche Informationen zu den Anfragenden übermitteln. Transparency International ist besorgt über dieses Vorgehen und rät EU-Staaten dringend, solche Bestimmungen zu entfernen, da sie Journalisten und zivilgesellschaftliche Organisationen in Gefahr bringen würden. Hintergrund für das Vorgehen Luxemburgs ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom November, das den öffentlichen Zugang zu Transparenzregistern nicht im Einklang mit dem im europäischen Recht verankerten Schutz personenbezogener Daten sieht.

Seit der Entscheidung haben zahlreiche Länder ihre Transparenzregister für die Öffentlichkeit geschlossen, auch Österreich. Derzeit werde eine Novelle ausgearbeitet, mit der die Einsicht in das Register für Personen mit berechtigtem Interesse wieder ermöglicht werden soll, heißt es aus dem Finanzministerium. Das betreffe auch Journalisten. Die Möglichkeit, Eigentümern Informationen über Anfragen zu übermitteln, war bereits in der Fünften Antigeldwäsche-Richtlinie der EU aus dem Jahr 2018 enthalten, doch nur wenige Länder haben sie umgesetzt. In Österreich konnten Firmeneigentümer bis zur Schließung des Transparenzregisters erfahren, wenn jemand die öffentliche Einsicht nutzt, um zu ihnen zu recherchieren – allerdings nicht, wer genau. (Carina Huppertz, 24.2.2023)