Arbeiten mit VR-Brille: So stellt man sich das bei Meta vor.

Foto: Meta

Es ist ein Wettrennen zwischen zwei Konzernen, die sich sonst eher selten gegenüber stehen. Denn während die Facebook-Mutter Meta normalerweise in Konkurrenz zu anderen Social Networks wie Twitter oder Tiktok steht, kämpft Sonys Playstation gegen Microsoft und Nintendo um die Gunst der Konsolen-Community. Geht es aber um Virtual Reality (VR), so stammen die zwei bekanntesten aktuellen Brillen aus den beiden ungleichen Häusern: Sonys PSVR 2 und die Meta Quest Pro.

Meta Quest Pro vs. Sony PSVR 2

Metas aktuelles Flaggschiff, die Meta Quest Pro, ist seit Herbst vergangenen Jahres verfügbar und kostet hierzulande knapp 1800 Euro – wobei Meta zuletzt in den USA eine Preissenkung angekündigt hat, die sich auch in Österreich manifestieren dürfte. Die im Februar 2023 von Sony veröffentlichte PSVR 2 kommt mit einem Preis von knapp 600 Euro deutlich günstiger – zu bedenken ist aber auch, dass die Quest Pro eigenständig ohne zusätzliche Hardware läuft, während die PSVR 2 per Kabel mit einer Playstation 5 verbunden ist. Die besagte Konsole kommt, falls noch nicht vorhanden, preislich auf zusätzliche 550 Euro.

Der STANDARD hat beide VR-Brillen ausprobiert und lässt sie an dieser Stelle in einem direkten Vergleich gegeneinander antreten. Dabei kann schon vorab verraten werden, dass erstens beide Geräte nicht restlos zu überzeugen wissen – und zweitens, dass sie unterschiedliche Zielgruppen bedienen. So wird die Meta Quest Pro von Mark Zuckerbergs Konzern explizit als Gerät für professionelle Business-Anwendungen vermarktet, während die Playstation nun mal eine Playstation ist. Und keine Workstation.

Äußerlichkeiten: Kabel und Controller

Aussehen ist freilich Geschmackssache, Schönheitspreise gewinnen aber beide Brillen nicht wirklich. Noch immer wirken sie recht klobig und sind weit entfernt von dem, was uns schon vor ein paar Jahrzehnten in Form diverser Cyberpunk-Filme, -Comics und -Romane schmackhaft gemacht wurde. Immerhin ein Gewichtsvergleich bietet sich an: so listet die Website vr-compare.com die PSVR 2 mit einem geschätzten Gewicht von 560 Gramm, während die Meta Quest Pro auf 722 Gramm kommt. Dieser Punkt geht also an Sony.

Ein anderer Aspekt ist das eingangs erwähnte Kabel. Dieses ist bei der Meta Quest Pro nicht nötig, denn sie verbindet sich via WiFi 6E mit dem Netz und führt die Programme lokal über den eigenen Prozessor aus. Bei der Sony PSVR 2 ist das Kabel hingegen unverzichtbar, da die Leistung aus der Playstation 5 kommt.

Einer von zwei Controllern der PSVR 2...
Foto: STANDARD/aam

Und das ist vor allem für die Hauptanwendungen der Playstation-Brille, also das Spielen, ein echtes Hindernis. Das Kabel ist schlichtweg störend und bei besonders hektischen Gaming-Sessions droht Stolpergefahr. Nun könnte man als Gegenargument anführen, dass der Playstation-Brille dafür nicht der Akku ausgehen kann. Aber das ist nur ein schwaches Argument, denn auch die Controller müssen regelmäßig aufgeladen werden. Ganz klar: Ein Punkt für Meta.

...und die Controller der Meta Quest Pro.
Foto: STANDARD/stm

Apropos Controller: hier macht Sony einen gewaltigen Schritt nach vorne gegenüber jenen des Vorgängermodells, die nie wirklich für VR optimiert waren. Sie liegen gut in der Hand, die Steuerung ist auch ohne Sichtkontakt mit den Knöpfen rasch zu begreifen. Das Gleiche gilt allerdings auch für Metas Controller, die man obendrein umdrehen kann, um sie als Stifte für virtuelle Whiteboards zu verwenden. Der Business-Punkt geht also an Meta, während Sony die Gaming-Klientel besser bedient. Fazit: Unentschieden.

Auflösung: Perfekt ist beides nicht

Sprechen wir nun über jenen Punkt, der für die perfekte optische Illusion wohl der wichtigste ist: Die Grafik. Hier setzt Sony auf zwei OLED-Screens mit einer Auflösung von 2000 mal 2040 Pixeln pro Auge, die Meta Quest Pro kommt mit zwei LCD-Screens auf 1800 man 1920 Pixel pro Auge.

Geht hier also der Punkt an Sony? Ja – aber das heißt noch lange nicht, dass die PSVR 2 der Weisheit letzter Schluss ist. Denn bei beiden Brillen ist nach wie vor der "Fliegengitter-Effekt" bemerkbar, also schwarze Linien zwischen den einzelnen Pixeln. Das erklärt sich schlichtweg daraus, dass der Abstand zwischen Auge und Linse bei einer VR-Brille deutlich kleiner ist als bei einem Fernseher. Und somit eine noch weit höhere Auflösung nötig wäre, um wirklich befriedigende Ergebnisse zu erzielen.

Framerates, Field of View und Augentracking

Kurz zum Thema Framerates: Hier sind bei Sony 120 Hz möglich, mit einem optionalen Modus für 90 Hz. Bei Meta sind 90 Hz hingegen der Standard, mit einem optionalen Modus für 72 Hz. Hier geht der Punkt an Sony, wiewohl diese Kennzahl wohl hauptsächlich für Gamerinnen und Gamer relevant sein dürfte.

Die Meta Quest Pro ist nicht unbedingt schön...
Foto: STANDARD/stm

Keine Fleißpunkte sammeln beide Anbieter, wenn es um das Sichtfeld (Field of View) geht. Denn bei der PSVR 2 liegt das geschätzte diagonale Sichtfeld bei 110 Grad, bei der Meta Quest Pro wird es mit geschätzten 95,57 Grad geringfügig kleiner eingeschätzt. In beiden Fällen bedeutet das, dass beim Tragen der Brille schwarze Ränder an den Seiten sichtbar sind, was das Gefühl kompletter Immersion verunmöglicht. Schade.

...was gleichermaßen auch für die PSVR 2 gilt.
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Und dann gibt es noch das Augentracking, das beide Hersteller anbieten und das es ermöglichen soll, bestimmte Punkte im Bild schärfer darzustellen, während andere Bereiche des Bilds verschwimmen. Im Test der Sony-Brille wurde hier in manchen Spielen Schrift schlecht lesbar, was als Malus gewertet werden könnte – allerdings ist das auch von der angebotenen Software abhängig: die Fehler bemerkten wir vor allem bei kleineren Indie-Spielen, bei Sonys Vorzeige-Game "Horizon: Call of the Mountain" war alles gestochen scharf.

Mehr Tracking und Passthrough: Die Vorstufe zur Mixed Reality

Neben dem genannten Eye Tracking verfügt die Meta Quest Pro außerdem über ein Gesichtstracking und ein Handtracking, die bei Sony jeweils fehlen. Diese Features sollen vor allem dabei helfen, Avatare in virtuellen Meetings natürlicher wirken zu lassen. Also wieder ein Business-Punkt für Meta.

Beide Brillen verfügen über ein sogenanntes "Inside-Out-Tracking", bei dem die Brille über die integrierte Kameras die eigene Position selbst bestimmt. Zusätzliche, im Raum positionierte Sensoren oder Kameras braucht es also nicht. Die PSVR 2 hat vier dieser Kameras, bei der Meta Quest Pro sind es fünf – womit Meta wieder einen kleinen Extrapunkt sammelt, beide Geräte aber auf jeden Fall viele andere auf dem Markt erhältliche Brillen technisch ausstechen.

Das Passthrough der PSVR 2 funktioniert leider nur in Schwarzweiß.
Foto: Sony

Und schließlich sei in punkto Kameras noch eine Technologie erwähnt, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen könnte: Passthrough. Dabei filmen die integrierten Kameras die Umgebung und spielen das Bild in Echtzeit über die Linsen ins Auge des Betrachters. Diese Live-Streams können wiederum mit digitalen Objekten angereichert werden, wodurch diverse Mixed- und Augmented-Reality-Anwendungen möglich sind.

Hier ist Meta einen guten Schritt weiter als Sony: denn während die Kameras der PSVR 2 nur in Schwarzweiß filmen und somit bestenfalls dabei helfen, während einer Gaming-Session nach einem (realen) Glas Wasser zu greifen, liefert die Quest Pro ein zwar nicht hochauflösendes, aber zumindest farbiges Bild. Ein Passthrough-Punkt für Mark Zuckerberg.

Verfügbarkeit von Software

Jede Technologie steht und fällt mit den damit verfügbaren Anwendungen, und auch an dieser Stelle zeigt sich wieder, dass die beiden Brillen für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt wurden: Hat Sony zum Launch der PSVR 2 gleich mehrere neue Spiele und Neuauflagen alter Spiele veröffentlicht, so findet sich bei Meta ein bunter Mix aus Games, Business-Anwendungen und allerlei anderen Spielereien.

Die Spiele der ersten PSVR (rechts) laufen nicht mehr auf der PSVR 2.
Foto: STANDARD/aam

Was außerdem hervorzuheben ist: Die Meta Quest Pro ist gegenüber der Software der günstigeren Quest 2 rückwärtskompatibel, die Kundinnen und Kunden können hier also auf einen bereits bestehenden Katalog an Software zugreifen. Das ist bei Sony nicht so, hier lassen sich die Spiele der alten PSVR auf der neuen Brille nicht starten. Ein schwacher Trost ist da nur noch, dass "flache" Playstation-Spiele auf der VR-Brille so wirken, als säße man vor einer großen Kinoleinwand. Dieser Punkt geht an Meta.

Fazit: Da geht noch was

Und, haben Sie mitgezählt, welche Brille wie viele Punkte gesammelt hat? Nein? Eigentlich auch egal. Denn für welche der beiden Brillen man sich entscheidet, das hängt letztenendes von den persönlichen Präferenzen und Anwendungsszenarien ab. Für Business-Anwendungen ist die PSVR 2 im Grunde nutzlos, dafür kann sie unter anderem auch wegen des günstigen Anschaffungspreises bei Gamerinnen und Gamern gegenüber der Meta Quest Pro punkten.

Betont werden muss an dieser Stelle aber auch: Perfekt sind beide Brillen nicht – und das zeigt sich in erschreckend vielen Punkten. So ist die Auflösung noch immer zu gering, das Sichtfeld zu eingeschränkt, die Geräte wirken klobig und sitzen doch unangenehm auf dem Kopf. Und dann ist da noch der hohe Anschaffungspreis, der in keinem sinnvollen Verhältnis zu den auch im Jahr 2023 noch immer beschränkten Anwendungsszenarien steht. Wenn sich Virtual Reality – pardon: das "Metaversum" – tatsächlich durchsetzen soll, dann haben die Hersteller noch immer viel Arbeit vor sich. (Stefan Mey, 9.3.2023)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: die Meta Quest Pro wurde im Rahmen einer Pressereise getestet, die Kosten für die Reise wurden vom Hersteller übernommen. Die PSVR 2 wurde von Sony zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.