ORF-General Roland Weißmann rechnet mit "bis zu 700.000" zahlenden Haushalten mehr, wenn das GIS-Nachfolgemodell 2024 kommt.

Wien – Wenn eine ORF-Haushaltsabgabe die GIS-Gebühr mit 2024 ablöst, sollen bis zu 700.000 Haushalte mehr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zahlen. Diese Zahl nannte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann im ORF-Magazin "Report".

"Bis zu 700.000 Haushalte streamen derzeit beziehungsweise sind klassische Schwarzseher", sagte Weißmann im Interview mit Susanne Schnabl (Langfassung in der ORF-TVthek). Mit einer Haushaltsabgabe werden auch Streaminghaushalte, die bisher keine GIS zahlen, zahlungspflichtig.

Weißmann wollte in dem Interview keine Zahlen über die künftige Höhe der Haushaltsabgabe nennen; er sprach schon von 15 bis 20 Prozent weniger als heute. Derzeit gehen aus der GIS 18,59 Euro pro Monat an den ORF, kolportiert werden künftig rund 16,59 Euro pro Monat.

Die Höhe der Beiträge für den ORF werde auch künftig vom ORF-Stiftungsrat festgelegt, sagte Weißmann. Mit der geplanten Umstellung auf die Haushaltsabgabe werde aber einmalig der Gesetzgeber die neue Höhe festlegen. Dem könne und wolle er nicht vorgreifen.

ORF-Chef Roland Weißmann am Dienstag im "Report".
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Potenziell 139 Millionen mehr pro Jahr

Sollte der ORF-Beitrag aus der Haushaltsabgabe künftig 16,59 Euro pro Monat betragen, ergibt das 199,08 Euro pro Jahr. Wenn tatsächlich 700.000 Haushalte mehr als bisher bei der GIS diese Haushaltsabgabe bezahlen, würde der ORF damit potenziell 139, 36 Millionen Euro mehr pro Jahr einnehmen.

Nur Nettokosten des Auftrags abgegolten

So einfach ist die Rechnung nicht, sagen mit der Materie befasste Menschen im ORF. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf laut EU-Vorgaben, darüber gab es 2009 ein Verfahren der EU-Kommission gegen Österreich, nur so viel öffentliches Geld bekommen, wie ihn die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags kostet.

Diese "Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags" liegen derzeit – laut ORF-Berechnungen – bei rund 730 Millionen Euro im Jahr. Mehr als diese von ihm geltend gemachten und (jeweils bei der Festlegung der Gebührenhöhe) von der Medienbehörde KommAustria geprüften Nettokosten bekomme der ORF nicht.

Für 2023 geplant: 676 Millionen aus GIS-Gebühren

Für 2023 erwartet der ORF 676 Millionen Euro aus GIS-Gebühren – ohne Streaminghaushalte. Derzeit gibt es rund 3,3 Millionen GIS-zahlende Haushalte und – laut Weißmann im "Report" – rund 350.000 von der GIS-Gebühr wegen geringen Haushaltseinkommens befreite Haushalte. Befreiungen soll es auch künftig geben.

Weißmann verwies im "Report" darauf, dass die Befreiungen den ORF pro Jahr rund 60 Millionen Euro an Einnahmen kosten und nicht refundiert würden. Die Republik refundiert etwa Telekomunternehmen Befreiungen von Grundgebühren.

2010 bis 2013 refundierte die Republik auch dem ORF GIS-Befreiungen mit zweimal 50 und zweimal 30 Millionen pro Jahr, geknüpft an Personal- und Personalkosten-Sparziele.

Deutliche Sparmaßnahmen verlangte auch Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) öffentlich vom ORF als Bedingung für die Haushaltsabgabe. ORF-General Weißmann kündigte ein 300-Millionen-Sparpaket bis Ende 2026 an, das wesentlich auch auf Personalreduktion fußt. Weißmann will die 400 bis 500 anstehenden Pensionierungen nur restriktiv nachbesetzen.

Refundierungen von Befreiungen spielten bisher in der öffentlichen Diskussion über die Haushaltsabgabe keine Rolle; Koalitionspartner Grüne hat sich für solche Refundierungen ausgesprochen. (Harald Fidler, 8.3.2023)