So sähe die Mondsonde nach geglückter Landung aus.
Bild: Ispace/AP

Die unbemannte Mondmission des japanischen Start-up-Unternehmens Ispace ist offenbar gescheitert. Der Mondlander Hakuto-R sei wahrscheinlich bei einer "harten Landung" auf der Mondoberfläche abgestürzt, erklärte Ispace-Gründer Takeshi Hakamada am Mittwoch. Zuvor war der Funkkontakt zur Sonde abgebrochen.

Verschiedene Firmen wollen derzeit als erstes Unternehmen auf dem Mond landen, nachdem das bisher nur staatlichen Raumfahrtprojekten gelungen ist. Bis zum Ende des Landemanövers sei die Verbindung zu Hakuto-R aufrecht gewesen, teilte der sichtlich mitgenommene Hakamada mit.

Vielleicht ging der Sprit aus

Warum die Sonde nicht wie geplant landete, blieb zunächst unklar. Techniker des Unternehmens werteten momentan Daten aus, teilte Ispace mit. Dabei handelt es sich um die Übertragung von Messwerten zwischen dem Lander und dem Kontrollzentrum. Ispace deutete an, dass der Sonde eventuell der Treibstoff ausgegangen sein könnte.

Es könne angenommen werden, dass die Sonde die neunte von insgesamt zehn geplanten "Etappen" des Flugs und damit den Abschluss der Landung im Atlas-Krater am südöstlichen Rand des Mare Frigoris ("Meer der Kälte") nicht mehr erreicht habe, hieß es.

Zwei weitere Missionen in der Pipeline

Obwohl es sein Ziel nicht erreichte, wertete das Unternehmen die Mission nicht als kompletten Misserfolg. "Wir denken, dass wir die Bedeutung dieser Mission vollständig erfüllt haben, da wir viele Daten und Erfahrungen sammeln konnten, indem wir die Landungsphase ausführen konnten", sagte Hakamada. Mission 2 und 3 seien bereits für 2024 und 2025 in der Planung.

Livestream: Die Landung erfolgte um 18.40 Uhr.
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Im vergangenen Dezember hatte die Reise begonnen: Eine Falcon-9-Rakete des Unternehmens Space X brachte die Sonde ins All. Aufgrund der spritsparenden Route dauerte es etwa vier Monate, bis Hakuto-R dem Mond – der sich in 400.000 Kilometern Entfernung zur Erde befindet – auf etwa 100 Kilometer nahe kam. In der Zwischenzeit hätte der Lander von anderen privaten Unterfangen mit kürzerem Weg überholt werden können, doch deren Starttermine verzögerten sich.

VIDEO: Der Plan der Hakuto-R-Mission.
DER STANDARD

Bruchlandung vor dem Mondhasen

Doch auch kurz vor der Landung kann noch vieles schiefgehen, wie bereits der Versuch des israelischen Non-Profit-Unternehmens Space IL vor vier Jahren zeigte. Während des Landemanövers der Sonde Beresheet fiel ein wichtiger Motor aus. Die Sonde kam zwar am 11. April 2019 auf der Mondoberfläche an, allerdings in Form eines Crashs.

Das israelische Unternehmen Space IL unternahm 2019 einen missglückten Landeversuch.
Foto: Israeli Aerospace Industries (IAI) / AFP

Daher drückten nicht nur in Japan Raumfahrtbegeisterte nun Hakuto-R die Daumen. Ein Teil des Teams kommt aus Luxemburg: Ispace ist infolge der Weltrauminitiative des europäischen Landes auch dort vertreten.

Der "weiße Hase" Hakuto, nach dem der Lander benannt wurde, ist in der ostasiatischen Mythologie quasi das Pendant zum "Mann im Mond" und lässt sich im Kratermuster des Erdtrabanten erahnen. Das angehängte "R" steht für "reboot", also einen Neustart. Denn eigentlich hätte schon bis 2018 ein privates Unternehmen auf dem Mond landen sollen – den entsprechenden Wettbewerb und das Preisgeld von bis zu 20 Millionen Euro hatte Google ausgeschrieben.

Bilder vom Mond schickte Hakuto-R bereits vor der Landung.
Foto: APA/AFP/Ispace

Neue Ära der Mondmissionen

In der Phase vor der Landung umrundete die Sonde den Mond und kam ihm immer näher. Dabei lieferte sie auch ein bemerkenswertes Bild eines "Erdaufgangs" hinter der Mondoberfläche. Landen sollte der 340 Kilogramm schwere Mondhase im Bereich des Atlaskraters. Am Dienstag verließ das Raumfahrzeug die aktuelle Umlaufbahn und steuerte ab 17.40 Uhr autonom immer näher zum Mond. Eine Stunde später setzte die Sonde auf der Oberfläche auf, wohl mit rund 30 km/h Geschwindigkeit. Dann ging der Kontakt verloren.

Während einer Sonnenfinsternis wurde dieses Bild aufgenommen, das unten rechts auf der Erdoberfläche den Schatten des Mondes zeigt.

Mit an Bord war internationale Fracht: ein kleiner Rover aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, ein Zweiradroboter der staatlichen japanischen Weltraumagentur Jaxa sowie der Prototyp eines Flugcomputers und eine Kamera kanadischer Firmen. Damit wären erstmals japanische und arabische Gefährte auf der Mondoberfläche gelandet. Dies gelang bisher nur Russland (1959 noch als Sowjetunion), den USA und China.

Die staatliche japanische Weltraumagentur sieht das Unterfangen aus der Privatindustrie positiv: "Für Japans Raumfahrtentwicklung ist es wundervoll, dass mit der zunehmenden Aktivität privater Unternehmen im Weltraum mehr Möglichkeiten für die Erforschung des Weltraums zur Verfügung stehen", gab die Jaxa im Vorfeld bekannt. Ispace-Gründer Hakamada sprach angesichts der geplanten Landung von einem "historischen Tag" und einer neuen Ära der kommerziellen Mondmissionen.

Zukunftsmusik

Weitere private Landeversuche könnten im Mai und Juni stattfinden. In diese Monate fallen die aktuellen – bereits mehrfach verschobenen – Starttermine der Sonden Peregrine Lander und Nova-C der US-Unternehmen Astrobotic Technology und Intuitive Machines. Dabei sollen auch Daten für die Artemis-Mission der US-Weltraumorganisation Nasa gesammelt werden. Sie sendet frühestens 2024 erstmals seit 50 Jahren Menschen in die Nähe des Mondes, kürzlich wurde die Besatzung von Artemis 2 bekanntgegeben. Mit Artemis 3 sollen zwei Personen ihre Fußabdrücke auf der Mondoberfläche hinterlassen.

ispace

Auch Ispace will in den kommenden Jahren weitere Mondlander und einen eigenen Rover zum Erdtrabanten bringen. Hakamada denkt allerdings noch weiter in die Zukunft. Seiner Vision zufolge könnte es 2040 bereits eine kleine Stadt auf dem Mond geben. Rund 1.000 Personen dürften dann in "Moon Valley" leben – erstmals auf einem anderen Himmelskörper als der Erde. Etwa 10.000 Besucherinnen und Besucher sollen pro Jahr in das weltfremde Städtchen reisen können. (Julia Sica, David Rennert, APA, 25.4.2023)