60 bis 70 Millionen Kompensation für Sparmaßnahmen, RSO, mehr Sportprogramm.

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Wien – Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) hat angekündigt, dass der ORF-Beitrag für alle unabhängig vom Empfang ab 2024 für drei Jahre "eingefroren wird". Im Donnerstag zur Begutachtung versandten Gesetzesentwurf finden sich Ausnahmen von dieser Fixierung des Beitrags.

Der Entwurf sieht zusätzlich zu 710 Millionen Euro jährlich aus dem Beitrag zusätzliche Budgetmittel von 70 bis 100 Millionen etwa für das Radio-Symphonieorchester RSO und Sportberichte vor, für Eigenproduktionen in Info und Kultur und für Sparmaßnahmen im ORF.

625.000 Zahlungspflichtige mehr

525.000 Haushalte und 100.000 Firmen mehr als bisher sollen mit der Umstellung auf die Haushaltsabgabe "ORF-Beitrag" zahlungspflichtig werden. Rund acht der zahlungspflichtigen Haushalte sollen aber unter die – weiter bestehenden – Einkommensgrenzen für Befreiungen fallen. Der Entwurf geht von 3,7 Millionen zahlenden Privathaushalten von rund 4,1 Millionen aus. 238.000 Unternehmen sind insgesamt laut Folgenabschätzung zahlungspflichtig.

Bis 25. Mai sind Stellungnahmen zum Entwurf möglich. Details aus dem Donnerstag zur Begutachtung versandten ORF-Gesetzesentwurf:

ORF-Beitrag mit Ausnahmen "eingefroren"

Der ORF-Beitrag wird im Entwurf von 2024 bis 2026 bei 15,30 Euro und die für den ORF daraus zur Verfügung stehenden Mittel bei 710 Millionen Euro jährlich fixiert. Mehreinnahmen aus dem ORF-Betrag werden einer "Widmungsrücklage" zugeführt – bis sie etwa 70 Millionen erreicht, ein Zehntel der öffentlichen Einnahmen. Sie ist reserviert etwa für besonderen Aufwand für den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF. Mehreinnahmen darüber gehen auf ein Sperrkonto.

Ausnahme 1: Wenn Mehreinnahmen aus dem ORF-Beitrag zur Abdeckung "unvermeidbarer Preis- und Kostensteigerungen verwendet" werden und der ORF bei sparsamem Wirtschaften mehr als die 710 Millionen für den öffentlich-rechtlichen Auftrag braucht, dann muss er das Geld nicht der Widmungsrücklage zuführen.

Und Ausnahme 2: Die von der Medienbehörde beauftragte Prüfungskommission hat bei ihrer Jahresprüfung des ORF auch schon 2024 bis 2026 "festzustellen, ob die Höhe des ORF-Beitrags dem tatsächlichen Finanzbedarf des Österreichischen Rundfunks entspricht. Ist dies nicht der Fall, ist der ORF-Beitrag (...) unverzüglich neu festzulegen."

Erhöhungen des ORF-Beitrags nach 2026 beantragt wie bisher der ORF-Generaldirektor spätestens alle fünf Jahre auf Basis der Nettokosten des öffentlichen Auftrags beim ORF-Stiftungsrat. Die Medienbehörde prüft den Bedarf und die Berechnung danach.

Aus der ORF-Tochter GIS wird mit der Umstellung auf eine Haushaltsabgabe unabhängig vom Geräteempfang ab 2024 die ORF-Beitrags Service GmbH.

70 bis 100 Millionen Abgeltung für RSO und Co.

Die Republik Österreich gilt dem ORF zusätzlich zu den 710 Millionen Euro aus dem ORF-Beitrag zweistellige Millionenbeträge ab für Sparmaßnahmen, für das Radio-Symphonieorchester (RSO), für mehr Sportprogramm und ORF Sport Plus, für Eigenproduktionen in Information und Kultur. Die "Kompensationen" gehen aus dem Entwurf zum ORF-Gesetz hervor, der am Donnerstag für die Begutachtung fertiggestellt wurde.

Die Republik kompensiert – zeitlich befristet – den Entfall des Vorsteuerabzugs. Update: Die Folgenabschätzung für das Gesetz rechnet mit insgesamt 100 Millionen Euro Kompensation für 2024, 80 Millionen für 2025 und 2026 und 70 Millionen Euro danach. Zunächst war an dieser Stelle von 60 bis 80 Millionen Euro pro Jahr auf Basis von ORF-internen Schätzungen die Rede. Eine zunächst kolportierte zeitliche Befristung der 70 Millionen ab 2027 ist nicht in den Materialien erkennbar.

Sie verzichtet auch auf die Umsatzsteuer auf den künftigen ORF-Beitrag, zudem läuft eine Sammelklage gegen die bisher eingehobene Mehrwertsteuer auf die GIS. Wenn der ORF die Bedingungen erfüllt, wird der entfallende Vorsteuerbetrag von 2024 bis 2026 laut Entwurf laut Gesetz um zehn Millionen Euro jährlich erhöht – zu verwenden für RSO und ORF Sport Plus. Diese zehn Millionen sind in den oben genannten Millionenwerten für 2024 bis 2026 enthalten.

Der Entfall des Vorsteuerabzugs wird vom Bund kompensiert mit – im Gesetz selbst nicht bezifferten – Subventionen für bestimmte Aufgaben. Der Gesetzesentwurf nennt die Fortführung des RSO bis Ende 2026 innerhalb der ORF-Organisation (Kosten bisher laut ORF-Kalkulation rund zehn Millionen Euro). Zudem auf der Liste: die Fortführung des Sportspartenkanals ORF Sport Plus als TV-Kanal bis 2026 (bisher jährlich ebenfalls rund zehn Millionen) und eine "schrittweise Steigerung des Ausmaßes an Sportsendungen" aus dem Bereich Breitensport wie auf ORF Sport Plus von 15 Sendestunden jährlich auf 75 Sendestunden jährlich bis Ende 2028.

Der ORF muss zudem für die Kompensation der entfallenden Vorsteuer "Strukturmaßnahmen zur mittelfristigen substanziellen Reduktion der Kostenbasis" setzen. Gefordert wird hier eine "nachhaltige Reduktion der operativen Personalkosten", von Sach-Gemeinkosten und eine "Steigerung der Produktionseffizienz durch innovative Produktionsmethoden".

Maximal 100 ORF-Beiträge für Unternehmen

Pro Gemeinde mit zumindest einer Betriebsstätte müssen Unternehmen ORF-Beitrag zahlen. Mehr als 100 ORF-Beiträge muss kein Unternehmen zahlen. Wieviele Beiträge pro Betriebsstätte anfallen, richtet sich nach der Lohnsumme: bis 1,6 Millionen pro Jahr ein Beitrag bis fünfzig ORF-Beiträge bei einer jährlichen Lohnsumme über 90 Millionen Euro.

Transparenzregeln für ORF-Gehälter

In einem jährlichen Bericht muss der ORF künftig die Gehälter des Managements vom Generaldirektor (geschätzt: rund 360.000 Euro) bis zu den Geschäftsführern von Tochtergesellschaften offenzulegen.

Er muss in dem Bericht anführen, jeweils wieviele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zu 50.000, bis 75.000, bis 100.000, bis 150.000, bis 200.000, bis 300.000 und darüber verdienen, zusätzlich bei wie vielen die durchschnittlichen monatlichen Einnahmen aus Nebenbeschäftigungen (in fünf Gruppen bis "über 12.000 Euro") betragen.

Bezieher von Bruttogehältern ab 170.000 pro Jahr samt Zulagen sind namentlich aufzuführen, samt monatlichen Einnahmen aus Nebenbeschäftigungen.

Offenzulegen sind auch die Gehaltsschemata der derzeit fünf unterschiedlichen ORF-Kollektivverträge für die höchsten Verwendungsgruppen.

Der Bericht geht an den Bundeskanzler, der ORF muss ihn auf seiner Website veröffentlichen.

Offenlegung der Kosten von Produktionen und Beratern

In dem Bericht sind – wie bisher schon im Jahresbericht – die Werbeeinnahmen und die kommerziellen Einnahmen des ORF anzuführen. Der Entwurf sieht aber auch die Offenlegung der "Kosten sämtlicher Eigen- und Auftragsproduktionen sowie – getrennt nach den Bereichen Produktion, Unternehmensberatung, Studien, Umfragen sowie sonstige Beratung und ohne dabei personenbezogene Daten zu veröffentlichen – der Gegenstand, die Höhe des Entgelts und die Laufzeit von Beraterverträgen und Beschaffungs-Rahmenverträgen des Österreichischen Rundfunks und seiner Tochtergesellschaften auszuweisen. Ebenso Werkverträge über 50.000 Euro Entgelt.

Wegfall von Zulagen

Der Entwurf sieht eine Kürzung von ORF-spezifischen Wohnungs-, Familien- sowie Kinderzulagen um 50 Prozent mit 1. Jänner 2024 vor. Mit 1. Jänner 2026 sollen sie ganz gestrichen werden.

Limit für Abfertigungen

Bis zu 25 Monatsgehälter Abfertigung gibt es in den ältesten ORF-Kollektivverträgen. Das neue ORF-Gesetz zieht hier Limits ein: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor 2004 angestellt wurden, dürfen ab 1. Jänner 2029 nicht mehr als 190 Prozent der regulären Abfertigung nach dem Angestelltengesetz bekommen. Mit 2030 sinkt das Limit auf 170 Prozent, 2031 auf 150 Prozent.

Für ORF-Pensionen wird der schon bisher vom ORF einbehaltene "Pensionssicherungsbeitrag" von unten erhöht. Bisher wurden für Pensionen, die zwischen 100 Prozent und 150 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage lagen, fünf Prozent "Beitrag" einbehalten, nun sind schon ab 100 Prozent zehn Prozent Beitrag einzubehalten.

Programme für Private

Der ORF muss anderen TV-Unternehmen laut Entwurf künftig 500 Minuten Programm pro Jahr – Filmen Serien, Dokumentationen, Reportagen – gegen einen Kostenersatz für die Rechtenutzung für dreimalige lineare Ausstrahlung zur Verfügung stellen. Diese Programme müssen vor mindestens sieben Jahren erstmals on air gegangen sein. Der ORF muss die Hälfte dieses Programmkontingents für Private alljährlich erneuern.

Außerdem muss der ORF anderen TV-Sendern auf Anfrage und gegen Kostenersatz Sendungsmaterial über Politik, Kunst und Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft in Österreich zur Verfügung stellen.

Onlinelimits für Text und Video

Der Entwurf für ein neues ORF-Gesetz sieht für ORF.at künftig 70 Prozent Video- und Audiobeiträge vor, 30 Prozent Textmeldungen. Diese Textmeldungen sind auf 350 pro Woche limitiert – von der Beschränkung ausgenommen sind Beiträge in einfacher Sprache.

Das Verhältnis von Video- zu Textbeiträgen gilt auf der Startseite von ORF.at und auf der Überblicksseite von Sport.orf.at, das 350-Artikel-Limit für die Start- und Übersichtsseite. Sie dürfen 14 Tage online bleiben. Die Textbeiträge werden nun auf "eine dem Anlass entsprechende nachrichtenmäßige Kurzberichterstattung zur Vermittlung des wesentlichen Informationsgehalts beschränkt". Auch auf Unterseiten darf diese Berichterstattung laut Entwurf "nicht mit dem Online-Angebot von Tages- oder Wochenzeitungen oder Monatszeitschriften vergleichbar sein".

Für Audio- und Videobeiträge gibt es ein Textlimit von 300 Zeichen. Der ORF darf Beiträge oder Sendungen künftig eigens für online Sendungen oder Beiträge aus Information, Kultur und Sport sowie für Kinder produzieren. Solche Online-Newssendungen dürfen maximal 20 Minuten dauern, Beiträge fünf Minuten. Der ORF darf bis zu 80 solcher online-only Sendungen pro Woche veröffentlichen.

Podcasts aus Information und Kultur werden mit 45 Minuten limitiert.

Ein neues Online-Videoangebot für Kinder wird vom Entwurf als "vielfältiges und qualitativ hochstehendes, auch pädagogisch wertvolles Angebot beschrieben.

Keine Paid-Angebote

Der ORF darf laut Gesetz weitere Online-Angebote starten – wenn sie "einen wirksamen Beitrag zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags leisten" und sie "wirtschaftlich tragbar sind. Sie sind der Medienbehörde zu melden beziehungsweise von ihr zu prüfen. Bezahlangebote sind ausgeschlossen.

Acht Millionen für Produktionen

Der ORF wird verpflichtet, für Produktionen im Rahmen des Film-Fernseh-Abkommens mit dem Österreichischen Filminstitut zumindest acht Millionen Euro pro Jahr beizusteuern. Zahlt der ORF weniger, muss die künftig ORF-Beitrags Service GmbH genannte Tochterfirma die Differenz von ihren Überweisungen an den ORF abziehen und auf einem Sperrkonto zu deponieren. (fid, 27.4.2023)