Ein Bild aus besseren Zeiten. Mittlerweile hat der Eisberg seinen runden Kopf eingebüßt.

Foto: Ken Pretty

Allein die Bilder rochen nach Fake, und je mehr man erfuhr, umso unwahrscheinlicher klang das alles – und doch ist es wahr: Am 27. April schoss der Fotograf Ken Pretty aus dem kanadischen Fischerort Dildo im Süden der Insel Neufundland einige Drohnenaufnahmen von der Eisbergversion eines veritablen Phallus.

Der rund neun Meter hohe Bursche gehörte zu einem größeren Eisberg in der Conception Bay in der Nähe der Stadt Harbour Grace, von dem auch noch ein brückenförmiger Teil über die Wasserlinie hinausragte. Dass "dickie berg", wie er in sozialen Medien genannt wurde, in den vergangenen Tagen für internationales Amüsement gesorgt hat, ist kein Wunder angesichts dessen, wie detailgenau die Natur hier die menschliche Anatomie kopiert hat.

Geköpfter Aufreger

"Ich erfuhr von dem Eisberg durch eine Facebook-Gruppe namens 'Newfoundland Iceberg Reports', in der die Leute die einzigartigen Eigenschaften des Eisbergs kommentierten", erklärte Pretty gegenüber "Gismodo". "Da Harbour Grace nur 30 Autominuten von zu Hause entfernt ist, fuhren meine Frau Wanda und ich mit meiner Drohne dorthin."

Vom Land aus zeigte der Eisberg keine Besonderheiten, meinte Pretty. Erst als er mit der Drohne in die Nähe der Formation gekommen sei, habe sich seine spezielle Form enthüllt. Als er die Bilder dann auf Facebook veröffentlicht hatte, war er etwas überrascht über Aufregung. "Ich wusste, dass ich viele Kommentare bekommen würde, aber ich habe nicht mit dieser Menge gerechnet", erklärte der Fotograf am Freitag gegenüber der kanadischen Nachrichtenagentur Saltwire.

Doch "dickie berg" ist mittlerweile schon wieder Geschichte, zumindest ein wesentlicher Teil von ihm: Bereits einen Tag nach seiner Entdeckung hat der Eisberg seinen gewölbten Kopf eingebüßt, wie spätere Aufnahmen zeigten. Auch von der "Brücke" fehlte ein großes Stück.

Auf der Iceberg-Allee

"Dickie berg" ist zwar kurios, aber keineswegs ein Einzelstück. Während der Frühlings- und Frühsommermonate sind die vielgestaltigen Eisberge vor der Ostküste Neufundlands ein regelrechter Touristenmagnet. Die Eisbergsaison beginnt hier meist schon im April und dauert bis Anfang Juni. In dieser Zeit entlassen kalbende Gletscher vor der Küste Grönlands große Eismassen ins Meer. Entlang der sogenannten Iceberg-Allee treiben die Eisberge dann südwärts vor die Küste von Labrador bis zur Südostküste von Neufundland. Dabei zerfallen sie langsam und nehmen bisweilen wunderliche Formen an.

VIDEO: Drohnenflug um "dickie berg" am 27. April 2023.
Ken Pretty

Auf der Internetseite der kanadischen Provinz Neufundland und Labrador bietet der Iceberg Finder einen Überblick über das Geschehen: Aktuell treiben demnach 67 Eisberge vorüber. Einige Unternehmen bauen das Eis auch ab und vermarkten es als besonders sauberes Trinkwasser. Dazu dürften sie in der nächsten Zeit viel Gelegenheit haben: Wie Eisberg-Expertinnen und -Experten vermuten, steht Neufundland und Labrador eine starke Eisbergsaison bevor.

Diane Davis von "Newfoundland Iceberg Reports" rechnet mit über 200 Eisbergen vor den Küsten. Schuld daran seien Winde, die Packeis und Eisberge vom offenen Meer heranschieben. Sollte der Trend anhalten, dürfte es bis Mai, Juni viel zu sehen geben. Im vergangenen Jahr hielt sich dagegen die Zahl der Eisberge in Grenzen. (tberg, 3.5.2023)