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August 2019: Den Kärnter Landesorden in Gold nahm Milliardärin Heidi Horten von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) in einer Schmuckausstattung im Wert von mehr als 60 Millionen Dollar entgegen: den Perlenanhänger hatte sie 2018 für 36 Millionen Dollar ersteigert, den Rubinring an der rechten Hand für mehr als 30 Millionen Dollar.

Foto: Gert Eggenberger / APA / picturedesk.com

Mit der Krönung von Charles III. und Camilla rücken auch die britischen Kronjuwelen inklusive der wertvollen Sammlung von Juwelen und Diamanten des Königshauses in den Fokus. Das Haupt Camillas wird, entgegen der Tradition, keine neue, sondern eine historische Krone zieren, mit Steinen aus der persönlichen Sammlung ihrer verstorbenen Schwiegermutter. Der berühmteste und umstrittenste Diamant glänzt jedoch durch Abwesenheit: der 108,93 Karat schwere Koh-i-Noor ("Berg des Lichts"), der bekanntlich mehrmals von Indien zurückgefordert, aber auch von anderen Ländern beansprucht wurde.

Mit dem "noblen" Verzicht auf eine Verwendung wurde folglich ein potenzieller diplomatischer Disput vermieden. Wäre der Stein je auf dem freien Markt angeboten worden, hätte er dem Beuteschema Heidi Hortens entsprochen – anders als Camillas dezenter Verlobungsring mit einem von kleineren Diamanten umgebenen Fünfkaräter.

"The World of Heidi Horten"

Bei Christie’s gelangt in Genf ab kommender Woche die Schmucksammlung der im Juni 2022 verstorbenen Milliardärin in mehreren Sales zur Versteigerung. Seit April tourte eine Auswahl dieser unter "The World of Heidi Horten" vermarkteten Kollektion der "Kaufhauskönigin" (FAZ) zu Präsentationen in die USA, nach Asien und durch Europa. Wien war eine der Stationen, wo eine Auslese im Museum der Heidi Horten Collection gastierte: in ein paar Vitrinen, denen Christie’s eigens ein Horten-Design (samt Monogramm) verpasst hatte.

Zur Preview Mitte April kamen Museumsdirektorinnen wie Sabine Haag (KHM) oder Lilli Hollein (Mak) sowie Freunde und Anverwandte der Milliardärin, die teils aus dem Nähkästchen plauderten, wie die ORF-Seitenblicke dokumentierten: etwa Angelika Fürstin zu Windisch-Graetz, eine aus Köln gebürtige Nichte Helmut Hortens, die auf die ersten Geschenke ihres Onkels verwies, das Fundament der späteren Sammlung quasi. Dazu gehörte etwa eine Diamantkette mit einem monströsen Smaragd (68,13 ct), die jetzt für rund 2,5 Millionen Dollar eine neue Besitzerin sucht.

Das Kärntner 60-Millionen-Outfit

Michael Salvator Habsburg-Lothringen, von Beruf Historiker, lobte indessen Hortens Geschick, "wie sie den Schmuck in einer gewissen Diskretion getragen" und nicht geprahlt habe. Ein Befund, der halböffentliche Auftritte aus den vergangenen Jahren in Erinnerung ruft: etwa die Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst im November 2018 oder die des Landesordens Kärntens in Gold Ende August 2019. Beide Anlässe sind durch Fotos dokumentiert und ermöglichen die Identifikation der Schmuckstücke. Vorweg, punkto Wert schlug die Schmuckdarbietung in Kärnten mit mehr als 60 Millionen Dollar jene in Wien für rund 17 Millionen Dollar doch deutlich. Bei der Annahme des Ehrenkreuzes setzte Horten etwa auf "Begleitung" des amerikanischen Luxusjuweliers Harry Winston: mit einer dreireihigen Naturperlenkette mit rosa Diamantverschluss (11,15 ct), die Christie’s auf bis zu zehn Millionen Dollar taxiert, dazu Perl- und Diamantohrringe (400.000 bis 600.000 Dollar) und ein Diamantring (47,58 ct), der allein zwei oder drei Millionen Dollar bringen soll.

36 Millionen Dollar für Marie Antoinettes Perlen

Ihre rechte Hand schmückte ein Diamantarmband (400.000 bis 600.000 Dollar), die linke ein weiterer Diamantring (30,52 ct), der bis auf 3,2 Millionen Dollar geschätzt wird. Diesen trug sie auch in Kärnten, zusätzlich zu einer Smaragdbrosche (Harry Winston) und einem legendären Ring aus dem Hause Cartier, für den Horten 2015 bei Sotheby’s satte 30,42 Millionen Dollar springen ließ: Den aktuellen Schätzwert von 15 bis 20 Millionen Dollar bestimmen hier weniger die Diamanten als der sogenannte Sunrise Ruby (25,59 ct).

Das wertvollste Schmuckstück war jedoch der mit Diamanten verzierte Perlenanhänger, der einst Marie-Antoinette gehörte und den Horten im November 2018 in einem 14-minütigen Wettstreit bei Sotheby’s ersteigerte – für 36 Millionen Dollar. Er steht, wie auch andere historische Stücke, aktuell nicht zum Verkauf, anders als die mehr als 700 Preziosen, die zumindest 150 oder auch mehr als 200 Millionen Dollar einspielen sollen.

Mit dem Erlös gedenkt die Stiftung der Milliardärin diverse "philanthropische Projekte", etwa auch das Privatmuseum in Wien, zu finanzieren. Damit soll die aus dem Umfeld Heidi Hortens seit Jahren orchestrierte Inszenierung zur Mäzenin einen krönenden Abschluss finden.

Zeithistoriker orten Verharmlosung

Eine Übung, die sich in der Praxis offenbar als schwieriger erweist als geplant: der "Nazi-Wolke" (New York Times) wegen, die sich trotz oder gerade wegen des seit Jänner 2022 vorliegenden Gutachtens, das von Horten im Vorfeld der Eröffnung ihres Privatmuseums in Auftrag gegeben wurde, nicht verziehen will.

November 2018: Zur Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst trug Heidi Horten Schmuck im Wert von mehr als 17 Millionen Dollar: versteigert werden dieser Diamantring (47,58 ct; Schätzwert 2-3 Mio. Dollar), das Armband (400.000-600.000 Dollar) und auch die Naturperlenkette mit Diamantverschluss von Harry Winston, für die bis zu zehn Millionen Dollar erwartet werden.
Foto: Starpix / Alexander Tuma

Denn es bestätigte sich, dass ihr 1987 verstorbener Mann Helmut Horten, von dem sie ein Vermögen erbte, ab 1936 gezielt die "Übernahme" von Kaufhäusern betrieb, die jüdische Unternehmer aufgrund der Verfolgung durch die Nazis zu verkaufen gezwungen waren: Damit legte er den Grundstein seines Imperiums und seines späteren Kapitals.

In seinem Gutachten relativierte der deutsche Historiker Peter Hoeres zuvor bekannt gewordene Darstellungen als übertrieben, ja, Horten sei zwar NSDAP-Mitglied (1937–1943) gewesen, habe aber "normale Marktpreise" bezahlt und damit "vergleichsweise fair" agiert. Eine Verharmlosung, meinten viele. Auch Birgit Kirchmayr, Zeithistorikerin an der Johannes-Kepler-Universität Linz, die Hoeres’ Ausführungen in einem STANDARD-Kommentar als "erinnerungspolitisch problematisch" bezeichnete.

Auch Auktionshaus gerät in die Kritik

Als Mitglied des österreichischen Kunstrückgabebeirates und wissenschaftliche Koordinatorin der Kommission hatte sie dafür plädiert, ein solches Gutachten nicht als "Persilschein", sondern als Auftrag für eine verantwortungsbewusste Auseinandersetzung zu verstehen. Den Verkauf der Juwelensammlung halte sie für eine Gelegenheit, "zumindest einen Teil des Erlöses in eine unabhängige Provenienzforschung" der Horten Collection zu investieren, regt sie im Gespräch an.

International war der Fall bislang kaum bekannt. Die Wende bescherte ein Bericht der New York Times vergangene Woche. In die Kritik geriet auch das Auktionshaus, das die mittlerweile veröffentlichten historischen Fakten in der Vermarktung völlig ignorierte. Nicht eine Silbe findet sich dazu im Katalog. Gerade von Christie’s, wo seit Jahresbeginn die Veranstaltungsreihe "Reflecting on Restitution" anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Washingtoner Erklärung läuft, hätten sich manche ein anderes Vorgehen erwartet.

Infolge der New York Times-Berichterstattung wurde online mittlerweile um eine Passage ergänzt – und um den Hinweis, dass Christie’s seinerseits einen namhaften Betrag aus dem Enderlös an eine Organisation spenden wird, die Holocaust-Forschung vorantreibt. (Olga Kronsteiner, 6.5.2023)