Foto: ap7Ronald Zak

In den vergangenen Tagen, nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos, fokussierte sich die Debatte auf zwei Themenstränge: Erstens: Wer hat das Video gedreht, wer steckt dahinter? Und zweitens: Wird Kanzler Sebastian Kurz den Misstrauensantrag der Liste Jetzt überstehen?

Bei alldem gerieten die Inhalte des Videos ein wenig aus dem Fokus. Lehnen wir uns also zurück, atmen wir durch und erinnern wir uns: Strache, seit kurzem Ex-Vizekanzler der Republik, schwadronierte im Juli 2017 in einer Finca auf Ibiza über seinen Plan, das österreichische Wasser zu verkaufen, er stellte die großzügige Vergabe von Infrastrukturprojekten an russische Gönner der FPÖ in Aussicht und bot die Kronen Zeitung zum Kauf an – wie "der Orbán, der bei mir immer abhebt, wenn ich was brauch".

Erinnern wir uns auch an den damaligen blauen Präsidentschaftskandidaten, den jetzigen FPÖ-Chef Norbert Hofer, der sagte, wir würden uns noch "wundern, was alles möglich ist". Hofer hatte unrecht – wir wundern uns nicht einmal mehr. Österreichs politische Kultur hat einen Tiefpunkt erreicht, vor allem dank der Anstrengungen der FPÖ.

Glaubwürdigkeit topedieren

Seit diese Partei bei Wahlen zulegt, hat sie alles darangesetzt, die Arbeit des Parlaments herabzusetzen, die Glaubwürdigkeit von Politikern zu torpedieren und Politik als schmutziges Geschäft darzustellen – wobei sich die Blauen im Gegensatz dazu als Gegner des "Systems" darzustellen wussten.

Die Gegenwehr der anderen Parteien war schwach, die Bemühungen um mehr Transparenz in politischen Abläufen und bei der Vergabe von Steuermitteln blieben meist auf halber Strecke stecken. Dazu kommt, was die ÖVP, aber auch Teile der SPÖ stets betrieben haben: Appeasement-Politik in Bezug auf die FPÖ. Dadurch haben sie vieles von dem, was die FPÖ als Politik-Benchmarks vorgab, normalisiert. Es blieb Sebastian Kurz vorbehalten, die Strache-FPÖ mit einer Regierungsbeteiligung zu adeln.

Nun erweisen sich die einstigen Saubermänner als Schmuddelkinder. Und übrig bleibt für viele Bürger damit: "Politiker sind alle gleich. Die anderen machen es nur klüger." So gehört etwa kürzlich auf einem beliebten Wiener Markt. Man zuckt die Schultern, resigniert. Es hat sich ausgewundert, alle sind moralisch verkommen.

Die drängendste Aufgabe der nächsten Regierung muss daher sein: Die Österreicher sollen sich künftig nur noch darüber wundern müssen, was ab sofort unmöglich ist. (Petra Stuiber, 27.5.2019)