Armut im Alter ist weiblich. Der fünfte Teil der Pensionsserie widmet sich der Armutsgefährdung und dem sogenannten Gender-Pension-Gap.
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Die Pension ist ein Instrument zur Sicherung der Existenz im Alter. Dennoch gibt es viele Menschen in Österreich, die im Ruhestand nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um ein sorgloses Leben führen zu können. Ihre Pension deckt ihren Lebensunterhalt nicht. Sie leben an oder unter der Armutsgrenze.

So müssen viele Menschen neben ihren Einkünften aus der Pension noch zusätzlich arbeiten gehen oder sind auf das Einkommen des Partners oder der Partnerin angewiesen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Im Alter 65+ sind Frauen zu einem weit größeren Teil als Männer von Altersarmut betroffen. 69,5 Prozent aller armutsgefährdeten Personen in dieser Altersgruppe sind weiblich, wie der unteren Grafik entnommen werden kann.

Armutsgefährdung trotz Pension

In Österreich gelten 242.000 Haushalte, in denen eine Pension bezogen wird, als armutsgefährdet. Das betraf im vergangenen Jahr zu 54 Prozent Mehrpersonenhaushalte und zu 46 Prozent Alleinlebende: rund 17.000 alleinlebende Männer, 94.000 alleinlebende Frauen und 131.000 Mehrpersonenhaushalte mit Pension. Nach Erhalt von Sozialleistungen waren immer noch 200.000 Haushalte mit Pensionsbezug armutsgefährdet. In 43 Prozent jener armutsgefährdeten Haushalte lebten alleinstehende Frauen, in acht Prozent alleinstehende Männer.

Ein Haushalt gilt als armutsgefährdet, wenn das äquivalisierte Nettohaushaltseinkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle von 60 Prozent des Medians liegt. Das heißt konkret: Armutsgefährdete Einpersonenhaushalte hatten im Jahr 2019 maximal 15.437 Euro zur Verfügung – das sind 1.286 Euro pro Monat (zwölfmal).

Zum Vergleich: Der Richtsatz für die Ausgleichszulage, die de facto einer Mindestpension entspricht (siehe Teil 4 der Serie), betrug im vergangenen Jahr 933,06 Euro brutto für Alleinstehende, liegt also unter der Armutsgefährdungsschwelle (auch bei Berücksichtigung der 14-maligen Auszahlung).

Der sogenannte Gender-Pension-Gap

Die Kluft zwischen den Einkommen von Pensionisten und Pensionistinnen wird als Gender-Pension-Gap bezeichnet. So bekamen Frauen im Dezember 2018 durchschnittlich 1.126 Euro Brutto-Alterspension, Männer hingegen 1.966 Euro. Das sind im Schnitt 42,7 Prozent weniger Pension für Frauen.

Die Medianalterspension lag im Dezember 2018 bei 1.331 Euro – das heißt, dass die Hälfte der Pensionsbezieher und -bezieherinnen weniger und die andere Hälfte mehr bekam. Hier zeigt sich zwischen den Geschlechtern noch ein größerer Unterschied. Während die Medianpension von Männern 1.953 Euro betrug, lag jene von Frauen bei 982 Euro – eine Differenz von 49,7 Prozent.

Unterschiedliche Pensionshöhen zeigen sich auch in der Lohnsteuerstatistik 2018, wo neben der gesetzlichen Pensionsversicherung Einnahmen aus betrieblichen und privaten Zusatzpensionen und die Pensionen der öffentlich Bediensteten enthalten sind. Wie die folgende Grafik zeigt, überwog im Jahr 2018 – dem jüngsten Jahr, für das aktuell Zahlen vorliegen – der Frauenanteil im niedrigeren Pensionsbereich: 494.887 Männer und 968.859 Frauen bezogen maximal 1.786 Euro brutto pro Monat.

Kluft auch bei Lebenspensionssumme

Im Rahmen des EU-kofinanzierten Forschungsprojekts Trapez haben die Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba) und das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) die Ursachen und Faktoren der Geschlechterkluft bei den Pensionen untersucht. Die Ergebnisse wurden heuer im Frühjahr präsentiert.

Die Studie konzentrierte sich auf neu zuerkannte Alterspensionen im Jahr 2017 und stellte "einen systematischen und strukturellen Einkommensnachteil der Frauen im Alter" fest. Auch bei Berücksichtigung des durchschnittlich längeren Pensionsbezugs von Frauen (um 5,1 Jahre) bleibe eine große Diskrepanz und erhielten Frauen der Analyse zufolge über den gesamten Zeitraum eine um 36,2 Prozent geringere Lebenspensionssumme.

Gründe für die niedrigeren Pensionen von Frauen

Für diesen geschlechtsspezifischen Pensionsunterschied gibt es der Untersuchung zufolge zwei Hauptgründe: Erstens verdienen Frauen weniger als Männer – sie arbeiten häufiger Teilzeit als Männer, und zudem wird der Niedriglohnsektor von weiblichen Arbeitskräften dominiert. Zweitens stehen Männer länger im aktiven Arbeitsleben als Frauen (im Durchschnitt 36,5 Erwerbsjahre bei Männern und 24,4 Jahre bei Frauen). Beim Unterschied in den Erwerbsjahren fallen der Studie zufolge Zeiten in Arbeitslosigkeit, das derzeit noch frühere Pensionsantrittsalter und vor allem die Kindererziehung ins Gewicht.

Lohnhöhe, Teil- und Vollzeit, Erwerbs- und Hausarbeit: Viele Faktoren und auch Entscheidungen wirken sich auf das Alterseinkommen aus.
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Denn Kindererziehung bleibt in Österreich Frauensache: Es sind zu 96 Prozent Mütter, die hierzulande Kinderbetreuungsgeld beziehen. In der Phase der Kindererziehung werden zwar auch Pensionsansprüche erworben, doch diese können die Lücke nur schmälern, nicht kompensieren – womit Frauen im Schnitt 7,8 Versicherungsjahre weniger als Männer aufweisen (versus 12,1 Jahre Differenz bei den Erwerbsjahren).

Ohne eigenen Pensionsanspruch

Zudem gibt es Menschen in Österreich, die keinen eigenen Pensionsanspruch erworben und somit kein Alterseinkommen haben. Ihr Anteil hat sich in den vergangenen Jahren zwar verringert, aber im Jahr 2017 waren es doch noch 18,4 Prozent der Frauen und ein Prozent der Männer im Alter 65+, die keine Eigenpension aufweisen konnten. Bei Berücksichtigung von abgeleiteten Pensionen waren es noch 13,6 Prozent der Frauen und 0,8 Prozent der Männer.

Erwerbsarbeit im Ruhestand

Prinzipiell ist es in Österreich möglich, neben dem Pensionsbezug unbegrenzt dazuzuverdienen. Allerdings gelten gewisse Beschränkungen. Beim Bezug einer Frühpension beispielsweise kann ein Zuverdienst, der über die Geringfügigkeitsgrenze hinausgeht, zum Pensionswegfall für diesen Zeitraum führen. Zudem kann es zu Steuernachforderungen seitens des Finanzamts kommen.

Mit Stichtag 1. Juli 2019 gab es in Österreich 82.043 Menschen, die erwerbstätig waren und nebenbei noch irgendeine Art von Pension bezogen haben – zu 58,7 Prozent unselbstständig Beschäftigte. Zwei Drittel dieser knapp 48.200 unselbstständig Beschäftigten mit Pensionsbezug waren Frauen. (Daniela Yeoh, Emil Biller, 21.8.2020)