Die Kapriolen am Ölmarkt schlagen auf die Förderung durch. Schließen Ölunternehmen, bedroht das auch Jobs im Sektor.

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Die Lage am Ölmarkt bleibt angespannt. Die US-Ölsorte WTI hat sich nach dem Abrutschen in den Minusbereich zwar wieder auf knapp 14 Dollar pro Fass (159 Liter) erholt. Aber der beispiellose Käuferstreik hat gezeigt, wie wenig Öl derzeit als Rohstoff gefragt ist.

Das "Chaos am Ölmarkt hält an", titulierte die Commerzbank auch ihre Tagesinfo zum Thema Rohstoffe. Die beispiellose Volatilität am Ölmarkt geht nach Einschätzung der Experten weiter.

Produktionskürzung verpufft

Panik macht sich laut Commerzbank aber nicht nur bei Ölhändlern breit, sondern auch bei der Opec+. Das Ölkartell und andere große Ölförderländer hielten deshalb eine außerplanmäßige Telefonkonferenz ab, bei der vorerst kein neuer strategischer Konsens gefunden wurde. Die massiven Produktionskürzungen von zehn Millionen Fass pro Tag, zu denen sich die Opec und einige andere Ölexporteure kürzlich bekannt haben, reichen aktuell nicht aus, um den Nachfragerückgang auszugleichen und den Ölmarkt zu stabilisieren.

In den USA kommt nun just die Fracking-Branche unter Druck, die sich als Gegenpool zu Ölimporten exponiert hat. Die Öl- und Gasindustrie beschäftig in den USA mehr als zehn Millionen Menschen und trägt acht Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Wegen des niedrigen Ölpreises wird das Fördern immer unrentabler. Einige Betreiber werden das Handtuch werfen, sind aber hoch verschuldet. Das belastet den Jobmarkt sowie die Kreditmärkte und Banken. Offen ist auch, ob durch den Ölpreis-Absturz eine Finanzkrise in den großen Förderländern wie etwa Russland verhindert werden kann. Gestern hatte ein Kreml-Sprecher noch beruhigt. Der Rubel ist zum US-Dollar seit Jahresbeginn um ein Viertel eingebrochen.

Anleger leiden mit

Auch Privatanleger bekommen den Öl-Crash zu spüren. Aktien von Ölkonzernen haben als Folge des Preisverfalls an Wert verloren. Analysten fahren ihre Kursziele für den Sektor herunter. Auch Exchange Traded Commodities (ETCs) stehen unter Druck. Ihre Wertentwicklung basiert auf den Future-Kontrakten. Das Geld der Anleger muss bei diesen Investments monatlich in neue Terminkontrakte investiert werden. Die Preisverwerfungen führen hier zu sogenannten Rollverlusten, weil die neuen Kontrakte, in die investiert wird, im Moment weniger wert sind als die alten. Wer via Zertifikate und Optionsscheine in den Ölsektor investiert hat, könnte wegen der Verletzung von Preisschwellen – womit das Papier ausgeknockt wurde – einen Totalverlust erleiden. (Bettina Pfluger, 23.4.2020)