Weil bereits mehr als die Hälfte der Neukredite für Immobilien mit weniger als 20 Prozent eigenen Mitteln finanziert wird und bei einem Fünftel der Schuldendienst mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmacht, mahnen die Aufseher die Banken zu einer sorgsameren Kreditvergabe in diesem Bereich.

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Wien – Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie waren für viele Menschen hart. Das spiegelt sich auch in der Verschuldungsquote der privaten Haushalte wider. Laut Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) verzeichnete die Verschuldungsquote im Zuge der Pandemie den stärksten Zuwachs seit 15 Jahren. Das geht auf zwei Punkte zurück: zum einen auf eine höhere Kreditaufnahme, zum anderen auf gesunkene Einkommen. Während die Konsumkredite im Einklang mit dem rückläufigen Konsum langlebiger Konsumgüter erheblich zurückgingen, blieb das Wachstum der Wohnbaukredite angesichts günstiger Finanzierungsbedingungen und der anhaltenden Nachfrage nach Wohnraum bis zuletzt hoch.

Das ist ein Faktum, dass auch die Finanzmarktaufsicht zuletzt kritisiert hat. Denn das historisch niedrige Zinsumfeld, aber auch die geänderten Ansprüche an das Wohnen als Folge der Pandemie haben eine starke Kredit- und Preisdynamik im Wohnimmobilienbereich hervorgerufen. Dabei ist ein signifikanter Anteil der neu vergebenen Kredite weiterhin variabel verzinst.

Eigenmittelanteil oft sehr gering

Die aktuellen Vergabestandards für Wohnimmobilienkredite überschreiten aber zunehmend die Kriterien für nachhaltige Immobilienkreditvergabe des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG). "Bereits mehr als die Hälfte der Neukredite wird mit weniger als 20 Prozent eigenen Mitteln finanziert, und bei einem Fünftel macht der Schuldendienst mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens aus", teilt Vize-Gouverneur Gottfried Haber in einer Aussendung mit. Diese Entwicklungen erfordern eine erhöhte Aufmerksamkeit, um potenziell systemische Stabilitätsrisiken aus der Immobilienkreditvergabe frühzeitig hintanzuhalten. Die OeNB fordert die Banken daher dazu auf, bei der Vergabe von Krediten für Wohnimmobilien nachhaltige Vergabestandards einzuhalten.

Um potenzielle Systemrisiken frühzeitig abzuwehren, würden die Aufsichtsbehörden nun auch zunehmend darauf achten, dass die Geldhäuser nachhaltige Kreditvergabestandards einhalten, teilte die (OeNB) am Montag mit.

Banken stehen gut da

Den Banken selbst stellt die OeNB in ihrem 41. Finanzmarktstabilitätsreport aber ein gutes Zeugnis aus. Der Sektor musste in der Covid-19-Pandemie zwar einen signifikanten Gewinneinbruch hinnehmen, hat jedoch seine Krisensicherheit bewiesen. Die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen und privaten Haushalte wurde auch von staatlichen Maßnahmen unterstützt, wovon die Banken indirekt profitierten. Österreichs Notenbank rät den Banken aber, sich auf den Zeitpunkt des Auslaufens der Corona-Zahlungsmoratorien vorzubereiten.

Obwohl manche Unterstützungsmaßnahmen bereits ausgelaufen seien, zeige die Kreditqualität bei den österreichischen Banken derzeit noch keine Verschlechterung, so die OeNB. Den Banken empfiehlt die Notenbank dennoch, ein Augenmerk auf eine solide Kapitalbasis zu legen. In Übereinstimmung mit den europäischen Empfehlungen sollen die Institute Abstand von Aktienrückkäufen nehmen und Gewinnausschüttungen sorgfältig abwägen. (bpf, 7.6.2021)